Entscheidungsstichwort (Thema)
Kaufrechtliche Gewährleistung beim Pferdekauf
Leitsatz (amtlich)
1. Erwirbt ein in der Pferdezucht erfahrener Käufer eine Stute, die keinerlei Brandzeichen trägt und bezüglich deren keine Papiere, kein Pferdepass, keine Zuchtbescheinigung, kein Abstammungsnachweis und keine Eigentumsurkunde existiert, so ist dem Käufer die fehlende Zugehörigkeit des Pferdes zur Rasse der Moritzburger i.S.d. § 442 Abs. 1 Satz 2 BGB infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben.
2. Ein Erfahrungssatz, dass in Kaufverhandlungen über den Erwerb eines Pferdes stets das Alter des Pferdes zur Sprache kommt, ist nicht gesichert. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Käufer das ungefähre Alter des zu erwerbenden Tieres selbst einschätzen kann.
3. Der bloße Umstand, dass das gekaufte Pferd nicht fünf, sondern erst drei Jahre alt ist, rechtfertigt mangels Erheblichkeit der Abweichung den Rücktritt vom Vertrag noch nicht.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 17.05.2006; Aktenzeichen 14 O 215/04) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das am 17.5.2006 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - 14 O 215/04 - wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger nimmt den Beklagten auf Rückabwicklung eines Kaufvertrags über zwei Pferde in Anspruch.
Der Kläger, der Interesse am Erwerb von Kutschpferden mit schmalen Blessen hatte, nahm im Frühjahr 2003 aufgrund einer - einen Wallach und eine Stute im Alter von fünf und sechs Jahren betreffenden - Anzeige des Beklagten, eines Pferdehändlers, in der Zeitschrift "Pferdeanzeiger", Ausgabe "XXX", Anzeigennummer ... 25, telefonischen Kontakt mit dem Beklagten auf. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass dieses Gespann ebenso wie ein dem Kläger beim ersten telefonischen Kontakt angebotenes vergleichbares Gespann bereits verkauft waren, kaufte der Kläger von dem Beklagten nach Durchführung einer Probefahrt für 4.700 EUR ein anderes Gespann, einen Wallach und eine Stute, die nicht über schmale Blessen verfügten und die der Beklagte auf derselben Anzeigenseite der Zeitschrift "Pferdeanzeiger" unter der Anzeigennummer ... 28 (GA 27, 230 f.) zum Verkauf annonciert hatte.
Während der ersten 14 Tage nach der Übergabe, in denen der Kläger die Pferde vier bis fünf Mal fuhr, zeigten diese keinerlei Probleme. Mit Schreiben seiner späteren erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 14.8.2003 (GA 14 f.) erklärte der Kläger unter Berufung auf Sachmängel den Rücktritt vom Kaufvertrag.
Mit seiner Klage hat der Kläger Rückzahlung des Kaufpreises i.H.v. 4.700 EUR nebst Ersatz von Fütterungs- und Unterstellkosten für die Zeit von September 2003 bis April 2004 i.H.v. 2.400 EUR sowie von Tierarztkosten i.H.v. 113 EUR (insgesamt somit: 7.213 EUR) zzgl. Zinsen, Zug um Zug gegen Rückübereignung der beiden Pferde geltend gemacht. Darüber hinaus hat er die Feststellung begehrt, dass sich der Beklagte mit der Abnahme der Pferde in Verzug befinde und verpflichtet sei, dem Kläger alle über den bezifferten Betrag i.H.v. 2.513 EUR hinausgehenden Kosten für die Unterstellung, die Fütterung, die Pflege, die tierärztliche Untersuchung und Behandlung sowie den Hufbeschlag zu ersetzen.
Der Kläger hat behauptet, die Pferde seien bei Übergabe mangelhaft, nämlich als Kutschpferdegespann nicht geeignet gewesen. Schon bei der Probefahrt sei ihm aufgefallen, dass der Wallach bei der Anfahrt am Berg gestiegen sei und die Stute den Kopf immer zu einer Seite gezogen habe. Nach einer durch eine Erkrankung der Pferde bedingten Einspannpause seien diese äußerst schreckhaft geworden und hätten einen unbändigen Drang nach vorne gezeigt, wobei ein Pferd unter "Anzugszwang" leide. Beide Pferde seien nur mit Mühe zu steuern, das Anhalten manchmal unmöglich. Mit der Zeit würden die Pferde immer aggressiver und versuchten durchzugehen. Die Stute gehe links angespannt von der Deichsel weg, rechts angespannt dränge sie zur Deichsel hin und scheuere sich Vorder- und Rückhand auf. Zudem sei die Stute - anders als ihm gegenüber beim Verkauf angegeben - nicht fünf, sondern erst drei Jahre alt und kaum ausgebildet gewesen.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat die Auffassung vertreten, bei Übergabe der Pferde hätten nach dem eigenen Vorbringen des Klägers keine Mängel vorgelegen; jedenfalls habe der Kläger von den ihm bei der Probefahrt aufgefallenen Mängeln Kenntnis gehabt, so dass Mängelrechte nach § 442 BGB ausgeschlossen seien. Die von dem Kläger behaupteten weiter gehenden Mängel nach Übergabe hat der Beklagte in Abrede gestellt. Zudem hat er gemeint, auf diese komme es nicht an.
Durch das angefochtene Urteil (GA 203-212), auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das LG die Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Dem Kläger stünden die geltend gemacht...