Leitsatz (amtlich)
a) Beauftragt die Polizei ein Abschleppunternehmen mit der Bergung eines verunfallten Fahrzeugs, so wird dieses Unternehmen hoheitlich tätig, so dass eine Haftung des Abschleppunternehmers gem. § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 S. 1 GG ausscheidet. Allerdings kommen Ansprüche gegen den Unternehmer aus § 7 Abs. 1 StVG in Betracht.
b) Eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG entfällt, wenn das Fahrzeug als Arbeitsmaschine eingesetzt wird und die Fortbewegungsfunktion keine Rolle spielt. Bei der gebotenen wertenden Betrachtung kann ein und dasselbe Fahrzeug dabei sich gegenüber einem Geschädigten im Betrieb befinden und gegenüber einem andern nur als Arbeitsmaschine eingesetzt werden.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 30.06.2005; Aktenzeichen 3 O 200/04) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Saarbrücken vom 30.6.2005 (3 O 200/04) wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 12.648,29 EUR festgesetzt.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Schadensersatz aus der Bergung eines verunfallten Pkw's.
Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt Halter und Eigentümer des Pkws Volvo V 70 mit dem amtlichen Kennzeichen ... Mit diesem Fahrzeug verursachte er am 30.1.2004 in Saarbrücken einen Verkehrsunfall. Beim Abbiegen von der Brauerstraße in die Dudweilerstraße kollidierte er mit einem Metallpfosten, der am rechten Fahrbahnrand stand. Der Pfosten wurde bei der Kollision umgeknickt und schob sich unter das klägerische Fahrzeug, so dass dieses auf dem Pfosten aufsaß. Die den Unfall aufnehmenden Polizeibeamten beauftragten die Beklagte mit der Bergung des klägerischen Fahrzeugs. Daraufhin erschienen Mitarbeiter der Beklagten mit einem Abschleppfahrzeug an der Unfallstelle, verbanden das verunfallte Fahrzeug mit dem Abschleppwagen der Beklagten und bargen das klägerische Fahrzeug, indem sie es von der Bürgersteigseite aus nach vorne über den Pfosten zogen.
Der Kläger hat behauptet, dass bei der Bergung des Fahrzeugs durch die Mitarbeiter der Beklagten ein weiterer Sachschaden i.H.v. 11.005,70 EUR verursacht worden sei. Darüber hinaus hat er eine Nutzungsausfallentschädigung für 14 Tage i.H.v. 708 EUR, Kosten für ein vorgerichtlich eingeholtes Sachverständigengutachten i.H.v. 934,59 EUR sowie weitere 40 EUR eingeklagt, die er an die Beklagte für die Verwendung eines Ölbinders gezahlt hat. Er hat geltend gemacht, die vorgenannten Schäden und Kosten seien darauf zurückzuführen, dass die Bergung des Fahrzeugs unsachgemäß durchgeführt worden sei. Die Mitarbeiter der Beklagten hätten das Fahrzeug mittels eines Abschleppkranes anheben und von der Straßenseite aus bergen müssen. Auch der Einsatz des Ölbindemittels sei allein durch die Beklagte verursacht worden. Die Ölwanne des klägerischen Fahrzeugs sei nach der Kollision mit dem Pfosten noch intakt gewesen und erst durch die Bergung beschädigt worden.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 12.648,29 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 2.5.2004 sowie 40 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 31.7.2004 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat bestritten, dass die Schäden am klägerischen Fahrzeug durch die Bergung entstanden seien. Diese seien bereits bei der vorangegangenen Kollision mit dem Pfosten verursacht worden. Im Übrigen sei eine Bergung von der Straße her mit einem Abschleppkran nicht möglich gewesen. Zum einen habe sich das klägerische Fahrzeug unter dem Vordach der dort ansässigen Videothek befunden und zum anderen habe die Polizei es angesichts des herrschenden Verkehrs abgelehnt, die Dudweilerstraße für den Einsatz eines Kranes zu sperren. Ein Absägen des Pfostens sei von der hinzugerufenen Feuerwehr wegen der damit verbundenen Brandgefahr abgelehnt worden. Als einzige Möglichkeit sei deshalb eine Bergung des Fahrzeugs vom Bürgersteig aus in der geschehenen Art und Weise möglich gewesen.
Das LG hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens und Anhörung des Sachverständigen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dr. P. vom 8.12.2004 (Bl. 70 ff. d.A.) sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 19.5.2005 (Bl. 134 ff.) verwiesen.
Das LG hat die Klage abgewiesen, weil die Beklagte im Auftrag der Polizei gehandelt habe. Diese wiederum habe bei der Sicherung der Unfallstelle und der Beauftragung der Beklagten in Ausübung eines öffentlichen Amtes i.S.d. Art. 34 GG gehandelt und eine hoheitliche Tätigkeit ausgeübt. Damit sei die Beklagte Verwaltungshelferin gewesen und ihr Handeln dem Staat zuzurechnen. Eine Haftung der Beklagten scheide deshalb gem. §§ 839 BGB, Art. 34 GG aus. Aufgrund der in Art. 34 GG angeordneten Haftungsüberleitung komme ausschließlich eine Haftung des Staates in Betracht.
Gegen das Urteil des LG, welches dem Kläger am 5.7.2005 zugestellt w...