Leitsatz (amtlich)
1. Erstinstanzliche Verfahrensfehler bei der Anwendung der Präklusionsvorschriften können Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) nur begründen, wenn sie gem. §§ 520 Abs. 3, 529 Abs. 2 ZPO in der Berufungsbegründung ausdrücklich geltend gemacht wurden.
2. Neues Vorbringen kann die erstinstanzlichen Feststellungen nur in Zweifel ziehen, falls das neue Tatsachenvorbringen zu berücksichtigen ist (§ 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Erstmals in der Berufungsbegründung gegen ein im selbstständigen Beweisverfahren eingeholtes Sachverständigengutachten geltend gemachte Rügen sind wegen Nachlässigkeit der Partei (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO) nicht zuzulassen, wenn die Partei das Gutachten weder im selbstständigen Beweisverfahren noch im erstinstanzlichen streitigen Verfahren beanstandet hat.
Normenkette
ZPO §§ 139, 529, 531; BGB § 633 a.F., § 638 a.F.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 10 O 221/01) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 28.3.2002 verkündete Urteil des LG in Saarbrücken – 10 O 221/01 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zur Last.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Der Wert der durch diese Entscheidung begründeten Beschwer der Beklagten wird auf 9.049 Euro festgesetzt.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin beauftragte im Mai 1999 die Beklagte mit dem Umbau eines Kachelofens in einem Hausanwesen, das in K. gelegen ist, gegen Zahlung eines Werklohns i.H.v. 7.424 DM.
Die Klägerin, die an die Beklagte eine Anzahlung über 2.227,20 DM leistete, setzte der Beklagten durch Schreiben vom 6.10.1999 (Bl. 16 d.A.) wegen vermeintlicher Mängel eine Nachbesserungsfrist bis zum 15.10.1999.
Nach erfolglosem Fristablauf beantragte die Klägerin beim LG Saarbrücken (10 OH 20/99) die Begutachtung des Kaminumbaus durch einen Sachverständigen im selbstständigen Beweisverfahren. Der Sachverständige gelangte zu dem Ergebnis, dass die Neuerstellung der Kaminanlage Kosten i.H.v. 22.895 DM erfordert (Bl. 69 d.BA.).
Mit vorliegender Klage hat die Klägerin im Anschluss an das selbstständige Beweisverfahren die Beklagte auf Zahlung von 22.895 DM in Anspruch genommen. Mit Rücksicht auf den zwischen der Klägerin und der Beklagten vereinbarten Werklohn i.H.v. 7.424 DM und die geleistete Anzahlung von 2.227,20 DM hat das LG, auf dessen tatsächliche Feststellung ergänzend Bezug genommen wird, die Klageforderung um 5.196,80 DM auf 17.698,20 DM ermäßigt und die Beklagte dementsprechend verurteilt, an die Klägerin 9.049 Euro nebst Zinsen zu zahlen.
Mit der Berufung verfolgt die Beklagte, die sich auf die Einrede der Verjährung beruft, ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte sowie ordnungsgemäß begründete Berufung der Beklagten ist zulässig, bleibt aber aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung ohne Erfolg.
I. Die Klageforderung i.H.v. 9.049 Euro findet ihre Grundlage in § 633 Abs. 3 BGB a.F. Zu Unrecht rügt die Beklagte die Schlüssigkeit der Klage.
1. Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, dass zwischen ihr und der Beklagten ein Werkvertrag über den Umbau einer Kachelkaminanlage vereinbart wurde, die von der Beklagten geschuldete Werkleistung mit Mängeln behaftet ist und die Beklagte trotz einer Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung die Mängel nicht beseitigt hat. Damit ist ein Anspruch aus § 633 Abs. 3 BGB a.F. dem Grunde nach substantiiert dargetan. Der Anspruch auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten aus § 633 Abs. 3 BGB setzt nämlich nicht voraus, dass der Besteller die Mängel bereits beseitigt hat (Palandt/Sprau, BGB, 61. Aufl., § 633 Rz. 8a).
2. Auch die Höhe der Mängelbeseitigungskosten hat die Klägerin mit 22.895 DM substantiiert dargetan. Insoweit durfte sich die Klägerin auf das in dem selbstständigen Beweisverfahren eingeholte Sachverständigengutachten beziehen. Die Ergebnisse dieses Gutachtens wurden, ohne dass es einer eigenständigen Protokollierung bedarf, durch die mündliche Verhandlung in den Rechtsstreit eingeführt (Musielak/Huber, ZPO, 3. Aufl., § 493 Rz. 2). Dieses Gutachten gelangte zu dem Ergebnis, dass die Kosten der Neuerstellung der Kaminanlage 22.895 DM betragen. Dabei hat sich die Klägerin ersichtlich die Erwägung des Sachverständigen zu Eigen gemacht, dass wegen der vielen von ihm festgestellten Kleinmängel eine Erneuerung der Anlage geboten ist (Bl. 69 d.A.).
3. Das LG hat den von dem Sachverständigen zu Grunde gelegten Betrag i.H.v. 22.895 DM im Blick auf die zwischen den Parteien vereinbarte Vergütung über 7.424 DM und die von der Klägerin geleistete Anzahlung von 2.227,20 DM um 5.196,80 DM auf 17.698,20 DM verringert. Diese den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung entsprechende Berechnung ist nicht zu beanstanden und führt zu der Klageforderung i.H.v. 9.049 Euro.
II. Das LG ist in seinem Urteil zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Kos...