Leitsatz (amtlich)
Zur Berücksichtigung von Nutzungsvorteilen im Zusammenhang mit dem "kleinen" Schadensersatz, den der Käufer eines Dieselfahrzeugs gestützt auf §§ 826, 31 BGB gegenüber dem Hersteller des Fahrzeugs geltend macht.
Normenkette
BGB §§ 31, 826
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 26.04.2021; Aktenzeichen 12 O 374/20) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das am 26. April 2021 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 12 O 374/20 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Ansprüche im Zusammenhang mit dem Erwerb eines nach seinen Behauptungen mit unzulässigen Abschalteinrichtungen ausgestatteten Dieselfahrzeugs geltend.
Der Kläger erwarb am 6. Juli 2016 als Inhaber der Firma A. bei der F. GmbH in S. ein am 29. April 2015 erstmals zugelassenes Fahrzeug der Marke BMW 318d mit einer damaligen Laufleistung von 20.465 km zu einem Kaufpreis von 26.900 EUR. Herstellerin des Fahrzeugs sowie des in das Fahrzeug eingebauten Motors mit der internen Typenbezeichnung N47 (Schadstoffnorm Euro 6), mit dem das - von einem Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts nicht betroffene - Fahrzeug ausgestattet ist, ist die Beklagte. Die Abgasreinigung erfolgt bei dem Fahrzeug ausschließlich im Wege der Abgasrückführung, d. h. einer innermotorischen Abgasbehandlung. Ein SCR-System kommt bei dem Fahrzeug nicht zum Einsatz. Mit schriftlichem Kaufvertrag vom 22. Juni 2021 veräußerte der Kläger das Fahrzeug, das zu diesem Zeitpunkt einen Kilometerstand von 222.113 km aufwies, zu einem Kaufpreis von 8.319 EUR.
Der Kläger hat die Beklagte erstinstanzlich - nach teilweiser Klagerücknahme - auf Zahlung von 15.753,51 EUR nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs in Anspruch genommen und hat hilfsweise die Feststellung erstrebt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm Schadensersatz zu zahlen für Schäden, die aus dem nach seinen Behauptungen erfolgten Einbau unzulässiger Abschalteinrichtungen in das Fahrzeug resultierten. Weiterhin hat er beantragt, festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Zug-um-Zug-Leistung in Annahmeverzug befinde und der geltend gemachte Zahlungsanspruch aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung der Beklagten herrühre. Daneben hat er die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten erstrebt. Er hat behauptet, das im Zusammenhang mit der Abgasreinigung programmierte Thermofenster, das dazu führe, dass die Abgasreinigung nur in einem Temperaturbereich zwischen 17° C und 33° C zu 100 % funktioniere, zwischen einem Temperaturbereich zwischen -11° C und +33° C iterativ reduziert werde und in einem Bereich von über +33° C vollständig deaktiviert werde, eine unzulässige Abschalteinrichtung darstelle. Darüber hinaus sei das Fahrzeug mit einer weiteren unzulässigen Abschalteinrichtung in Form der Funktion "hot restart" ausgestattet, die darauf gerichtet sei, dass die Abgasgrenzwerte nur bei einem Kaltstart und nicht unter anderen Bedingungen wie im realen Fahrbetrieb erreicht würden. Schließlich liege eine Manipulation des On-Board-Diagnosesystems vor. Bei Messungen verschiedener Organisationen und Unternehmen habe sich ergeben, dass Fahrzeuge der Beklagten - unter anderem ein vergleichbares Fahrzeug der Marke BMW 318d Touring, zugelassen im Jahr 2016 - erhebliche Grenzwertüberschreitungen gezeigt hätten.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf Klageabweisung angetragen. Sie hat das Vorhandensein unzulässiger Abschalteinrichtungen in Abrede gestellt.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil vom 26. April 2021 (GA 370 ff.), auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass deliktsrechtliche Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte nicht gegeben seien, da es an Anhaltspunkten dafür fehle, dass die Beklagte hinsichtlich der von der Klägerseite behaupteten temperaturgesteuerten Abgasrückführung in dem Bewusstsein gehandelt habe, durch die Verwendung eines solchen Thermofensters möglicherweise gegen gesetzliche Vorschriften zu verstoßen. Auch lägen keine beweissicheren Tatsachen dafür vor, dass die Beklagte ansonsten zum Zwecke der bewussten Manipulation eine unzulässige Abschalteinrichtung bei dem Fahrzeug verbaut habe.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er nunmehr als Schaden einen merkantilen Minderwert von 20 % des Bruttokaufpreises geltend macht und die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 5.380 EUR nebst Zinsen, die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm Schadensersatz für Schäden zu leisten, die aus dem von ihm behaupteten Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung in das Fahrzeug entstanden sind, die Feststellung, dass der Z...