Leitsatz (amtlich)

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes in Straßenverkehrsunfallsachen ist ein durch den unstreitigen oder erwiesenen Unfallhergang belegtes grob fahrlässiges Verhalten des Schädigers grundsätzlich als erhöhender Faktor zu berücksichtigen.

 

Normenkette

BGB § 253 Abs. 2; StVG § 11 S 2

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 24.01.2014; Aktenzeichen 4 O 508/08)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Teil- und Endurteil des LG Saarbrücken vom 24.1.2014 (Aktenzeichen 4 O 508/08) unter Ziff. 2. des Tenors teilweise abgeändert:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger über das erstinstanzlich zugesprochene Schmerzensgeld hinaus einen weiteren Betrag i.H.v. 10.000 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.12.2008 zu zahlen.

2. Die weiter gehende Berufung und die Anschlussberufung werden zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 48 v.H. und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 52 v.H. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.

4. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger begehrt Schadensersatz und Schmerzensgeld auf Grund eines Verkehrsunfalls, der sich am ... gegen 13.15 Uhr auf der L 178 zwischen O. und T. ereignet hat.

Der Kläger befuhr am Unfalltag mit seinem Ford Focus Kombi die L 178 von T. in Richtung O.. Der Beklagte zu 1 befuhr die L 178 mit seinem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Seat Ibiza in Gegenrichtung. Etwa 1 km außerhalb der Ortslage O. kam es zu einer Begegnungskollision. Die zum Unfallzeitpunkt regennasse Fahrbahn der L 178 verengt sich im Bereich der Unfallörtlichkeit auf 5,3 m. In Fahrtrichtung des Beklagten zu 1 beschreibt die L 178 in Annäherung an den Kollisionsort eine Rechtskurve. In Fahrtrichtung des Klägers verläuft die Fahrbahn im Wesentlichen gerade. Die Sicht des Beklagten zu 1 war beim Durchfahren der Kurve durch ein circa 2 m hohes Maisfeld beeinträchtigt. Auf welcher Fahrbahnhälfte sich der Anstoß ereignet hat, ist streitig.

Der Kläger wurde bei dem Unfall schwer verletzt. Er befand sich vom 25.08. bis 15.9.2006 in stationärer Behandlung im Klinikum S. (wegen der Verletzungen im Einzelnen vgl. den Bericht des Klinikums S. vom 4.12.2006 Bd. I Bl. 17 f. d. A und die weiteren ärztlichen Stellungnahmen Bd. I Bl. 23 f. d.A.). Der Beklagte zu 1 wurde ebenfalls verletzt. An beiden Fahrzeugen entstand wirtschaftlicher Totalschaden. Weder dem Kläger noch dem Erstbeklagten ist der Unfallhergang eigenen Angaben zufolge erinnerlich. Die Beklagte zu 2 zahlte an den Kläger vorprozessual ein Schmerzensgeld von 11.000 EUR und regulierte einen Teil des geltend gemachten materiellen Schadens (Schreiben vom 26.3.2008; Bd. I Bl. 15 d.A.).

Der Kläger hat ausgehend von der Alleinhaftung der Beklagten, weil der Beklagte zu 1 infolge nicht angepasster Geschwindigkeit ausgangs der Rechtskurve mit seinem Fahrzeug mindestens 50 cm über die Fahrbahnmitte hinausgeraten und der Unfall für den Kläger unvermeidbar gewesen sei, mit dem Klageantrag zu 1 Zahlung von 8.843,02 EUR begehrt. Der Forderungsbetrag setzt sich aus einem von der Beklagten zu 2 nicht regulierten materiellen Schaden von 1.946,09 EUR und einem Haushaltsführungsschaden zusammen, den der Kläger für die Zeit vom Unfall bis zum 31.12.2008 i.H.v. insgesamt 6.896,93 EUR geltend macht. Wegen weiterer Einzelheiten der Schadensberechnung wird auf die Klageschrift und die Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 9.3.2009 und 26.5.2009 (Bd. I Bl. 93 bis 95 sowie 106 und 93 d.A.) verwiesen. Mit dem Klageantrag zu 2 hat der Kläger für die bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eingetretenen unfallbedingten Gesundheitsbeeinträchtigungen ein unbeziffertes Teilschmerzensgeld in Mindesthöhe von 40.000 EUR abzgl. bereits regulierter 11.000 EUR (nicht wie in der Klageschrift irrtümlich angegeben 11.500 EUR; Bd. II Bl. 232 d.A.) geltend gemacht. Zur Begründung des Schmerzensgeld- und des Feststellungsantrages (Klageantrag zu 3) hat sich der Kläger auf die zur Akte gereichten Arztberichte bezogen. Er hat behauptet, in den beiden ersten Monaten nach der Entlassung aus stationärer Behandlung habe die MdE 60 v.H. und danach auf Dauer 30 v.H. betragen. Es bestünden noch heute behandlungsbedürftige unfallbedingte Beschwerden im orthopädischen, psychischen und neurologischen Bereich.

Der Kläger hat unter Bezugnahme auf die dem Beklagten zu 1 am 16.12.2008 und der Beklagten zu 2 am 17.12.2008 zugestellte Klageschrift beantragt (Bd. I Bl. 49, 50 d.A., jeweils Rücks.),

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 8.843,02 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basissatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Teilschmerzensgeld für die bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen ...

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