Leitsatz (amtlich)

1. Gibt der Versicherungsnehmer auf Nachfrage an, einige Jahre vor Antragstellung an einer "Bronchitis" gelitten zu haben, die sich über "drei Wochen" in "starkem Husten" geäußert habe, obschon er seit langem an einer chronischen Lungenerkrankung litt, verschweigt er außerdem in diesem Zusammenhang erfolgte fachärztliche Behandlungen, Untersuchungen und Verordnungen und erklärt er sich unzutreffend zu seiner Eigenschaft als Raucher, so kann der Vorwurf einer arglistigen Täuschung gerechtfertigt sein.

2. Ein Lebensversicherer ist nicht in jedem Falle gehalten, vor der Annahme eines Antrages auf Abschluss einer Risikoversicherung eine "Erklärung vor dem Arzt" zum Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers einzuholen.

3. Zu den Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wegen Verletzung von Informations- oder Beratungspflichten über die Laufzeit des in Aussicht genommenen Vertrages.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Aktenzeichen 14 O 266/17)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 18. Oktober 2018 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 14 O 266/17 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 40.000,- Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über einen Zahlungsanspruch aus einer Risiko-Lebensversicherung sowie Schadensersatzansprüche wegen Verletzung von Beratungs- und Informationspflichten bei Abschluss dieses Vertrages.

Der am 23. Juni 2017 infolge eines Lungenkarzinoms verstorbene Ehemann der Klägerin unterhielt für sich und die Klägerin als versicherte Personen bei der Beklagten eine Risiko-Lebensversicherung für zwei verbundene Leben (Versicherungs-Nummer ...). Versicherungsbeginn war der 1. November 2015, die garantierte Versicherungssumme betrug 34.783,- Euro, die Laufzeit des Vertrages sollte 10 Jahre betragen (Antrag Bl. 52 GA). Zum 1. November 2017 belief sich die Gesamtleistung einschließlich der Überschussbeteiligung auf 40.000,- Euro (Bl. 67 GA). Widerruflich Bezugsberechtigte im Todesfall war die überlebende versicherte Person. Bereits im Jahre 2010 hatte der Ehemann der Klägerin - im Anschluss an einen ersten, zum 1. Oktober 1999 für die Dauer von elf Jahren abgeschlossenen Vertrag mit der Nummer ..., Bl. 15 GA - eine Risikoversicherung bei der Beklagten für die Dauer von fünf Jahren abgeschlossen. Versicherungsbeginn dieses (zweiten) Vertrages war der 1. November 2010 gewesen, die garantierte Versicherungssumme betrug 28.571,- Euro (Bl. 31 GA), die Versicherungsleistung im Todesfall belief sich zzgl. Überschussbeteiligung im Jahre 2010 auf 49.999,- Euro (Bl. 29, 42 GA). Alle Verträge waren durch den Zeugen G., einen Versicherungsvertreter der Beklagten, vermittelt worden.

Das bei Abschluss des zeitlich letzten Vertrages von der Klägerin und ihrem Ehemann unterschriebene Antragsformular vom 26. Oktober 2015 enthielt unter der Überschrift "Einwilligung in die Erhebung und Verwendung von Gesundheitsdaten und Schweigepflichtentbindungserklärung" (Bl. 53 f. GA) eine Erklärung zur Abfrage von Gesundheitsdaten bei Dritten, in der unter der Überschrift "Abfrage von Gesundheitsdaten bei Dritten zur Risikobeurteilung und zur Prüfung der Leistungspflicht" die Möglichkeit eröffnet war, entweder eine "allgemeine Entbindung von der Schweigepflicht" oder eine "Entbindung von der Schweigepflicht im Einzelfall" zu erteilen. Durch Ankreuzen war hier von der ersten Möglichkeit Gebrauch gemacht worden. In sich anschließenden "Erklärungen für den Fall Ihres Todes" heißt es sodann:

Zur Prüfung der Leistungspflicht kann es auch nach Ihrem Tod erforderlich sein, gesundheitliche Angaben zu prüfen. Eine Prüfung kann auch erforderlich sein, wenn sich bis zu zehn Jahre nach Vertragsschluss für den Versicherer konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass bei der Antragstellung unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht wurden und damit die Risikobeurteilung beeinflusst wurde. Auch dafür bedürfen wir einer Einwilligung und Schweigepflichtentbindung.

Für den Fall meines Todes willige ich in die Erhebung meiner Gesundheitsdaten bei Dritten zur Leistungsprüfung bzw. einer erforderlichen erneuten Antragsprüfung ein wie im ersten Ankreuzfeld beschrieben (siehe oben 2.1 - Möglichkeit I).

In einem Fragebogen mit Gesundheitsfragen für die erste zu versichernde Person (Bl. 59 f. GA), der mit "Wichtigen Hinweisen an die zu versichernde Person" über mögliche Rechtsfolgen fehlerhafter Angaben eingeleitet wurde und den der Ehemann der Klägerin unterzeichnete, fanden sich unter Ziff. 1 mehrere "Fragen an die zu versichernde Person", u.a.:

"Bestehen ...

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