Entscheidungsstichwort (Thema)

Beerdigungskosten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wer als Geschäftsführer ohne Auftrag die Beerdigung eines Verstorbenen ausrichtet, kann sich auf § 1968 BGB der Anspruchsgrundlage gegen den Erben stützen.

2. Die Notwendigkeit und Angemessenheit der Beerdigungskosten bestimmt sich nach der Lebensstellung des Erblassers. Sofern der insgesamt betriebene Aufwand dem Stand des Verstorbenen entspricht, ist der Bestattungsberechtigte frei, wie er die Beerdigung gestaltet.

 

Leitsatz (redaktionell)

Der gegen die Erben gerichtete Anspruch auf Erstattung der Beerdigungskosten umfasst nicht auch die Kosten für die Totenfürsorge (Grabpflege).

 

Normenkette

BGB § 1968

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 10.10.2001; Aktenzeichen 14 O 117/01)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 10. Oktober 2001 verkündete Urteil des Landgerichts in Saarbrücken – 14 O 117/01 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Wert der durch diese Entscheidung begründeten Beschwer der Beklagten und der Streitwert des Berufungsverfahrens werden auf jeweils 9.271,81 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

(abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO)

Die Klägerin beherbergte in ihrem Haus den Literaten und Arzt rumänischer Abkunft Dr. R., der am 1. November 1997 verstarb und kraft notariellen Erbvertrages vom 29. März 1994 durch die Beklagte beerbt wurde. In Unkenntnis der Erbeinsetzung richtete die Klägerin, die sich zunächst selbst als Erbin wähnte, die Bestattung des Verstorbenen aus. Dadurch entstanden der Klägerin Unkosten in Höhe von insgesamt 12.727,04 DM, wobei 2.270 DM für die Bestattung und 3.360 DM für die Grabpflege an die Gemeinde O. zu entrichten waren, sich die Kosten des Beerdigungsinstituts auf 5.728,50 DM, die Kosten für eine Todesanzeige in der Saarbrücker Zeitung auf 397,44 DM und die Kosten für die Bewirtung der Trauergesellschaft auf 661,10 DM beliefen.

Der auf Zahlung von 12.427,04 DM gerichteten Klage hat das Landgericht in Höhe von 9.067,04 DM stattgegeben. Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte sowie ordnungsgemäß begründete Berufung der Beklagten ist zulässig, bleibt aber aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung in der Sache ohne Erfolg.

1. Die Klageforderung in Höhe von 9.067,04 DM findet ihre Grundlage in § 1968 BGB.

Die Bestimmung des § 1968 BGB will den Erben als Gegenstück für den Anfall des Vermögens des Erblassers mit den Kosten von dessen Beerdigung belasten (Palandt/Edenhofer, BGB 61. Aufl., § 1968 Rn. 1). Die Vorschrift statuiert eine selbständige Anspruchsgrundlage des Bestattungsberechtigten gegen den Erben (Soergel/Axel Stein, BGB, 12. Aufl., § 1968 Rn. 3). Dagegen trifft § 1968 BGB keine Regelung über das Recht und die Pflicht zur Totenfürsorge (Münchener Kommentar/Siegmann, BGB, 3. Aufl., § 1968 Rn. 1). Die Totenfürsorge obliegt, wenn nicht der Verstorbene ausdrücklich bestimmte Anordnungen erteilt hat, in erster Linie die nächsten Angehörigen (BGH NJW-RR 1992, 834). Aber auch derjenige, der die Beerdigung des Verstorbenen nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag veranlasst, kann sich auf § 1968 BGB als Anspruchsgrundlage gegen den Erben berufen (Soergel/Axel Stein, a.a.O., § 1968 Rn. 3). Vorliegend kann offen bleiben, ob die Klägerin als mögliche Lebensgefährtin des verstorbenen Dr. R. zur Totenfürsorge berechtigt war. Da die Klägerin über die Erbeinsetzung der Beklagten nicht orientiert war, durfte sie jedenfalls im Wege der Geschäftsführung ohne Auftrag die Bestattung des Verstorbenen durchführen. Etwaige Angehörige wie auch die Beklagte als Erbin hatten sich bei der Klägerin nicht gemeldet. Vor diesem Hintergrund ist die Vorgehensweise der Klägerin, für die Bestattung des Verstorbenen Sorge zu tragen, als berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag einzustufen. Vergeblich beruft sich die Beklagte in der Berufung darauf, tatsächlich sei die Klägerin über die zu ihren Gunsten erfolgte Erbeinsetzung unterrichtet gewesen (Bl. 115 d.A.). Im Tatbestand des angefochtenen Urteils ist nämlich ausdrücklich festgehalten, dass die Klägerin von der Erbenstellung der Beklagten keine Kenntnis hatte (Bl. 67 d.A.). Diese Feststellung ist auch für das Berufungsverfahren bindend, weil die Beklagte einen Tatbestandsberichtigungsantrag (§ 320 ZPO) nicht gestellt hat.

2. Der Anspruch der Klägerin aus § 1968 BGB ist mit 9.067,04 DM zu bemessen.

a) Durch die im Jahre 1994 erfolgte Streichung des Tatbestandsmerkmals der Kosten einer „standesgemäßen” Beerdigung des Erblassers hat sich an der Auslegung des § 1968 nichts geändert (Erman/Schlüter, BGB, 10. Aufl., § 1968 Rn. 5). Die Notwendigkeit und Angemessenheit der Beerdigungskosten bestimmen sich nach der Lebensstellung des Erblassers und schließen, wobei die Leistungsfähigkeit des Nachlasses und des Erben zu ...

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