Leitsatz (amtlich)
a. Wird der Geschädigte aufgrund unfallbedingter Verletzungsfolgen in einem Heim untergebracht, so sind auf den korrespondierenden Schadensanspruch wegen vermehrter Bedürfnisse im Wege des Vorteilsausgleichs die ersparten Kosten der häuslichen Verpflegung anzurechnen.
b. Im Rahmen des Schätzermessens nach § 286 ZPO begegnet es keinen Bedenken, diese ersparten Kosten mit 7,50 EUR pro Tag anzurechnen.
c. Eine Erhöhung des Schmerzensgeldes wegen verzögerter Regulierung scheidet aus, solange der Haftpflichtversicherer berechtigte Zweifel hegen darf, dass das eigene Verschulden des Versicherungsnehmers vollständig hinter das grobe Mitverschulden des Geschädigten zurücktreten werde.
d. Eine Erhöhung des Schmerzensgeldes wegen verzögerter Regulierung kommt nur dann in Betracht, wenn - wozu klägerischer Sachvortrag erforderlich ist - die verzögerte Zahlung schutzwürdige Interessen des Schuldners beeinträchtigt.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 02.11.2009; Aktenzeichen 14 O 543/05) |
Tenor
1. Unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil des LG Saarbrücken vom 2.11.2009 - 14 O 543/05 - mit der Maßgabe abgeändert, dass die Beklagen als Gesamtschuldner verurteilt werden, an die Klägerin
a. 8.563,36 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 30.3.2006 sowie
b. ein Schmerzensgeld i.H.v. 25.000 EUR
zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
2. Von den Kosten des ersten Rechtszugs tragen die Klägerin 52 %, die Beklagten als Gesamtschuldner 48 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 26 %, die Beklagten als Gesamtschuldner 74 %.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des jeweiligen Vollstreckungsgläubigers durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Zwangsvollstreckung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 45.515,90 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihres während des laufenden Rechtsstreits verstorbenen Ehemannes G. S. (im Folgenden: Geschädigter) die Beklagten auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall in Anspruch, welcher sich am 29.11.2002 gegen 17:25 Uhr auf der Straße in D. ereignete.
Der Beklagte zu 1) fuhr mit seinem bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Pkw der Marke Ford-Fiesta, amtliches Kennzeichen, mit Abblendlicht die Straße aus Fahrtrichtung D. in Richtung W.. Der im Jahr 1925 geborene Geschädigte befuhr mit seinem unbeleuchteten Fahrrad einen Weg, der in Höhe einer Werbetafel der P. S. GmbH auf die Straße trifft. Dort beabsichtigte er, die Straße zu überqueren, um seine Fahrt auf dem auf der gegenüberliegenden Seite befindlichen Radweg fortzusetzen. Kurz vor Erreichen des in Fahrtrichtung W. gesehen rechten Fahrbahnrandes wurde der Geschädigte vom Fahrzeug des Beklagten zu 1) erfasst, über die Motorhaube auf die Windschutzscheibe geschleudert und kam auf dem Gehsteig zum Liegen. Der Geschädigte erlitt bei der Kollision eine Oberschenkelhalsfraktur und befand sich bis April 2003 in stationärer Krankenhausbehandlung. Er wurde am 15.4.2003 in eine geriatrische Fachklinik eingeliefert. Aus Anlass einer Rehabilitationsmaßnahme wurde ein subdurales Hämatom festgestellt, welches weite Bereiche des Großhirns zerstört hatte. Darüber hinaus litt der Geschädigte an zahlreichen unfallunabhängigen Leiden und war körperlich stark eingeschränkt. Seit Mai 2003 befand er sich in vollstationärer Pflege und verstarb am 4.8.2007.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, den Beklagten zu 1) treffe am Verkehrsunfall eine Mitverantwortlichkeit, die zumindest mit einer Haftungsquote von 40 % zu bemessen sei. Sie hat hierzu behauptet, der Beklagte zu 1) sei mit innerorts überhöhter Geschwindigkeit (60 km/h) gefahren und habe verspätet auf den die Fahrbahn kreuzenden Radfahrer reagiert. Die Unfallstelle sei trotz der zum Unfallzeitpunkt herrschenden Dämmerung gut ausgeleuchtet gewesen. Die vom Geschädigten erlittene Schädelverletzung und die in der Folge erforderlich gewordene vollstationäre Pflege seien unfallbedingt. Hierdurch seien außer einem unstreitigen Eigenanteil zu Krankentransportkosten i.H.v. 476,70 EUR im Zeitraum Mai 2003 bis Dezember 2005 Kosten i.H.v. 29.659,19 EUR und für die Zeit vom Januar 2006 bis zum Tode des Klägers weitere 15.620,26 EUR angefallen.
Die Klägerin hat (zuletzt) beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,
1. an die Klägerin 11.863,64 EUR nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie einen weiteren Schadensersatz i.H.v. 6.248,10 EUR nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit d...