Leitsatz (amtlich)
Die Betriebsgefahr eines Kraftfahrzeugs tritt im Einzelfall hinter das grob fahrlässige Mitverschulden eines Fahrradfahrers vollständig zurück.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 09.06.2011; Aktenzeichen 9 O 343/09) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das am 9.6.2011 verkündete Urteil des LG Saarbrücken (9 O 343/09) wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das am 9.6.2011 verkündete Urteil des LG Saarbrücken (9 O 343/09) ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Gründe
A. Der Kläger nimmt die Beklagten auf Schadensersatz auf Grund eines Verkehrsunfalls in Anspruch.
Am 31.8.2008 gegen 20.45 Uhr befuhr die Beklagte zu 1) mit dem bei der Beklagen zu 3) haftpflichtversicherten Pkw des Beklagen zu 2) die in S. gelegene H. straße (B 51) in Fahrtrichtung M.. Etwa in Höhe des Hausanwesens Nr. kam es an der rechten Seite des Pkw*s zur Kollision mit dem Fahrrad des Klägers. Die näheren Umstände sind zwischen den Parteien streitig.
Der Kläger hat behauptet, er habe mit seinem Fahrrad die H. straße von den Schrebergärten kommend bereits über eine Strecke von ca. 200 m befahren gehabt, wobei er sich stets nah am rechten Fahrbahnrand gehalten habe, als die Beklagte zu 1) ihn von hinten in Folge Unaufmerksamkeit angefahren habe. Auf Grund der auf der rechten Fahrbahnseite geparkten Fahrzeuge habe für ihn die Notwendigkeit bestanden, etwas nach links auszuweichen. Dabei habe er sich dem Bereich der Mittellinie stark angenähert. Die Beklagte zu 1) sei nach Durchführung eines Überholvorgangs zu früh wieder nach rechts eingeschert. Zum Unfallzeitpunkt sei es noch fast taghell gewesen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte zu 1) hätte ihr Fahrverhalten auf die gegebene Verkehrssituation einstellen müssen. Dann wäre der Verkehrsunfall für sie vermeidbar gewesen.
Zu den Unfallfolgen hat der Kläger behauptet, in Folge des Unfalls habe er ein offenes Schädel-Hirn-Trauma zweiten Grades erlitten sowie eine Kalottenfraktur links frontal und rechts occipital sowie eine bifrontale Hirnkontusion. Zudem habe er ein organisches Psychosyndrom nach Schädel-Hirn-Trauma und eine amnestische Aphasie erlitten.
In der Zeit vom 31.8.2008 bis zum 2.1.2009 habe eine vollständige Arbeitsunfähigkeit bestanden. Er, der Kläger, habe sich 6 Wochen lang in stationärer Krankenhausbehandlung befunden. Nach Abschluss einer notwendigen Rehabilitationsmaßnahme habe er nach weiterer ambulanter Behandlung erst ab Januar 2009 wieder einer Erwerbstätigkeit nachgehen können. Als dauerhafte Unfallfolge sei eine Minderung seiner Erwerbsfähigkeit und seiner physischen und psychischen Belastbarkeit zurückgeblieben.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, auf Grund der entstandenen Unfallfolgen sei ein Schmerzensgeld i.H.v. 40.000 EUR angemessen.
Ferner seien ihm, dem Kläger, Aufwendungen i.H.v. insgesamt 988,40 EUR für notwendige Besuche und Versorgung wie folgt zu erstatten, nämlich:
Fahrtkosten |
748 EUR |
weitere Fahrtkosten |
38,40 EUR |
Zuzahlungen zu Medikamenten |
50 EUR |
Aufwendungen aus eigenen Mitteln bei Arztbesuchen |
52 EUR |
erhöhte Pauschale |
100 EUR |
Der Kläger hat weiter behauptet, er hätte ohne den Unfall ab dem 1.9.2008, also an dem auf den Unfall folgenden Tag, eine neue Arbeitsstelle antreten können. Insoweit habe er eine feste Stellenzusage (Bl. 33 d.A.) gehabt. Durch die unfallbedingten Verletzungen habe er das Arbeitsverhältnis nicht wie vereinbart antreten können. Für den Zeitraum September bis Dezember 2008 hätte er eine Nettovergütung i.H.v. 1.417,84 EUR im Monat erhalten. Für 4 Monate sei ihm mithin ein Verdienstausfall i.H.v. 5.671,36 EUR entstanden. Weiterhin sei ihm ein Rentenschaden i.H.v. 720,40 EUR entstanden.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Feststellungsantrag sei deshalb gerechtfertigt, weil er auf Grund der unfallbedingten Wesensveränderungen nunmehr apathisch, antriebsschwach und in seiner Einsatzfähigkeit im Arbeitsleben in erheblichem Maße gemindert sei und die weitere Entwicklung dieser Beeinträchtigung gegenwärtig nicht abschließend zu beurteilen sei.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 47.420,16 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 24.2.2009 zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtlichen künftigen materiellen und immateriellen Schaden resultierend aus dem Unfall vom 31.8.2008 in S. bei einer Haftungsquote von 100 % zu ersetzen, soweit der Ersatzanspruch nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen ist,
3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu ver...