Leitsatz (amtlich)
Zur Haftungsverteilung beim Verkehrsunfall im Gegenverkehr nach Passieren einer Engstelle.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 22.08.2012; Aktenzeichen 12 O 403/10) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 22.8.2012 verkündete Urteil des LG Saarbrücken (12 O 403/10) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
"1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 2.054,78 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5.10.2010 sowie restliche außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 272,87 EUR zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen."
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz und des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 76 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 24 %.
III. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagten wegen eines Verkehrsunfalls auf Schadensersatz in Anspruch, der sich am 25.9.2010 gegen 21.00 Uhr in der ereignet hat.
Der Kläger befuhr mit seinem Fahrzeug der Marke BMW (amtl. Kennz.:) die in Fahrtrichtung. Auf der von ihm befahrenen Fahrbahn waren an der rechten Fahrbahnseite Fahrzeuge abgestellt, an denen der Kläger weitgehend vorbeifuhr.
Auf der Gegenfahrbahn kam ihm der Beklagte zu 1) mit dem Fahrzeug Daimler Benz Sprinter (amtl. Kennz.:), welches bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert war, entgegen. Es kam zu einer streifenden Kollision beider Fahrzeuge.
Der Kläger holte vorgerichtlich ein Gutachten des Sachverständigen ein, für das er 1.850,- EUR zahlte (Bl. 14 d.A.). Für die Reparaturbestätigung zahlte der Kläger weitere 65,45 EUR (Bl. 34 d.A.).
Der Kläger hat behauptet, dass er mit seinem Fahrzeug die Fahrbahnmittellinie nicht überfahren habe und zum Zeitpunkt der Kollision sein Fahrzeug bereits vollständig zum Stehen gebracht gehabt habe.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagten für den Unfall alleine hafteten.
Mit seiner Klage hat der Kläger folgenden Schaden geltend gemacht:
1. |
Nettoreparaturkosten |
8.819,22 EUR |
2. |
Wertminderung |
1.850 EUR |
3. |
Kosten für Sachverständigengutachten |
1.183,36 EUR |
4. |
Nutzungsausfall für 8 Wochentage zu je 175,- EUR |
1.400 EUR |
5. |
Sachverständigenkosten für die Reparaturbestätigung |
65,45 EUR |
6. |
Auslagenpauschale |
30 EUR |
Insgesamt: |
|
13.348,03 EUR |
Ausgehend von einer Haftungsquote von 40 zu 60 zu Lasten des Klägers zahlte die Beklagte zu 2) hierauf einen Betrag i.H.v. 4.616,74 EUR. Den Differenzbetrag von 8.731,29 EUR hat der Kläger mit seiner Klage geltend gemacht.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 8.731,29 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5.10.2010 und restliche außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 409,46 EUR zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten haben behauptet, dass der Kläger mit seinem Fahrzeug über die Fahrbahnmitte hinaus auf die Fahrbahn des Beklagten zu 1) geraten und es hierbei zu der - als solcher unstreitigen - Kollision gekommen sei.
Mit dem am 22.8.2012 verkündeten Urteil (Bl. 181 d.A.) hat das LG Saarbrücken - nach informatorischer Anhörung des Klägers (Bl. 104 d.A.) und des Beklagten zu 1) (Bl. 104 d.A.) sowie Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen (Bl. 105 d.A.) und durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen vom 8.5.2012 (Bl. 113 d.A.) - die Klage abgewiesen.
Der Senat nimmt gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen dieses Urteils Bezug.
Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt.
Der Kläger ist der Auffassung, das LG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass zu Lasten des Klägers eine Haftungsquote von 2/3 anzusetzen sei, da er gegen § 6 Satz 1 StVO verstoßen habe (Bl. 218 d.A.).
Der Kläger sei bei seinem Fahrmanöver bereits größtenteils an den rechts am Straßenrand - zum Teil auf dem Bürgersteig - abgestellten Fahrzeugen vorbeigefahren gewesen, als ihm der Beklagte zu 1) entgegen gekommen sei. Exakt sei er an zwei von drei rechts abgestellten Fahrzeugen vorbeigefahren gewesen, als es zur streifenden Beschädigung an seinem Fahrzeug gekommen sei (Bl. 218 d.A.). Dies ergebe sich aus der vorgelegten Lichtbildmappe der Polizeiinspektion vom 6.10.2010, welche das Fahrzeug des Klägers, nicht jedoch dasjenige des Beklagten zu 1) in Unfallendstellung zeige (im Einzelnen Bl. 219 d.A.).
Daher könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger gegen § 6 Satz 1 StVO verstoßen habe. Das LG habe die Sorgfaltsanforderungen der Vorschrift, wonach der, der an einem Hindernis vorbeifahren wolle, entgegen kommende Fahrzeuge durchfahren lassen müsse, fehlerhaft angewandt. Da der Beklagte zu 1) dem Kläger noch gar nicht entgegen gekommen sei, habe der Kläger an den Fahrzeugen vorbeifahren dürfen und der Beklagte zu 1) hätte seinerseits sein Fahrzeug anhalten müssen, um den Kläger passieren zu lassen, da Letzterer bereits voll...