Leitsatz (amtlich)
1. Der Anspruch der Witwe gegen den Schädiger auf Ersatz für die zum Familienunterhalt geleistete Mitarbeit ihres getöteten Ehemannes im Haushalt ist mit der Witwenrente sachlich kongruent i.S.d. § 116 SGB X und geht deshalb auf den Rentenversicherungsträger über (Anschluss an BGH, Urt. v. 1.12.1981 - VI ZR 203/79, NJW 1982, 1045, zu § 1542 RVO a.F.).
2. Zu den Voraussetzungen für das Zustandekommen eines außergerichtlichen Vergleichs, der über einen zuvor protokollierten gerichtlichen Vergleich hinausgehen soll.
3. Nimmt der Geschädigte einen ihm angebotenen Abfindungsvergleich nicht an, kann er im Allgemeinen nicht darauf vertrauen, der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer werde sich gegenüber dem Anspruch nicht auf Einwendungen, insbesondere nicht auf fehlende Aktivlegitimation infolge einer Legalzession, berufen.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 25.08.2011; Aktenzeichen 3 O 105/11) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Saarbrücken vom 25.8.2011 (Aktenzeichen 3 O 105/11) wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Ehemann der Klägerin war am 27.7.2004 in Neunkirchen als Fahrer eines Motorrollers bei einem vom Beklagten zu 1 als Fahrer eines Pkw verschuldeten Verkehrsunfall getötet worden, für den die alleinige Haftung der Beklagten dem Grunde nach außer Streit steht. Mit Urteil vom 17.8.2006 (Aktenzeichen 11 O 21/06) erkannte das LG Saarbrücken u.a. der Klägerin gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Ersatz eines Haushaltsführungsschadens i.H.v. 3.942 EUR für die Zeit vom 27.7.2004 bis zum 31.7.2005 zu. Hiergegen legten die Beklagten Berufung ein. Nach der Berufungsverhandlung vom 3.7.2007 schlug der Senat durch am 17.7.2007 verkündeten Beschluss (Aktenzeichen 4 U 532/06 - 174) einen Vergleich vor, welcher insbesondere Ersatz für den geltend gemachten Haushaltsführungsschaden bis Juli 2005 i.H.v. 4.160 EUR und von August 2005 bis September 2006 i.H.v. 4.480 EUR auf der Grundlage einer auf den verstorbenen Ehemann entfallenden Arbeitszeit von acht Stunden je Woche und einem Stundensatz von 10 EUR vorsah. Von der außerdem vorgeschlagenen Abgeltung aller den Gegenstand des Rechtsstreits beider Instanzen bildenden wechselseitigen Ansprüche nicht umfasst sein sollte ein weiter gehender Haushaltsführungsschaden der Klägerin für die Zeit ab Oktober 2006. Mit Anwaltsschreiben vom 26.7.2007 unterbreitete die Klägerin den Beklagten einen Vorschlag zur Abgeltung auch des zukünftigen Haushaltsführungsschadens durch Zahlung von 80.000 EUR. Diese antworteten mit Anwaltsschreiben vom 10.8.2007, es werde der Betrag von 45.000 EUR zur Abgeltung aller Ansprüche aus dem Haushaltsführungsschaden, alternativ ohne weitere Aufforderungen die jährliche Zahlung des Betrags von 4.480 EUR zu Händen der Klägerin angeboten. In der Folgezeit lehnte die Klägerin jedenfalls die Zahlung des Abfindungsbetrags von 45.000 EUR ab. Die Klägerin nahm mit Schriftsatz vom 7.8.2007 und die Beklagten nahmen mit Schriftsatz vom 10.8.2007 den Vergleichsvorschlag des Senats an, woraufhin am 17.8.2007 durch Beschluss gem. § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt wurde, dass der Vergleich damit zustande gekommen ist. Anschließend zahlte die Beklagte zu 2 an die Klägerin bis einschließlich 2009 jährlich einen Haushaltsführungsschaden von 3.942 EUR. Für die Zeit danach lehnte die mit Anwaltsschreiben vom 18.1.2011 zur Zahlung aufgeforderte Beklagte zu 2 insoweit mit Schreiben vom 20.1.2011 weitere Leistungen ab. Die Klägerin erhält seit dem Unfall von der Deutschen Rentenversicherung Bund die große Witwenrente, welche im Zeitpunkt des Schriftsatzes der Klägerin vom 13.5.2011 697,87 EUR monatlich betrug. Außerdem erhält die Klägerin seit dem 1.7.2010 Leistungen der Berufsgenossenschaft Handel- und Warendistribution, weil das Schadensereignis als Arbeitsunfall anerkannt wurde.
Die Klägerin hat die Beklagten auf Zahlung weiteren Haushaltsführungsschadens für 2010 i.H.v. 3.942 EUR und Feststellung der Verpflichtung zur zukünftigen Zahlung auf der Basis des von ihr bewohnten Bungalows in Anspruch genommen. Dieser Betrag sei angesichts einer wöchentlichen Arbeitsleistung des getöteten Ehemannes von 11 Stunden im Haushalt angemessen. Ein Anspruchsübergang nach § 116 SGB X liege nicht vor, weil der Haushaltsführungsschaden mit der großen Witwenrente bzw. den Leistungen der Berufsgenossenschaft nicht kongruent sei. Darüber hinaus hafteten die Beklagten auch aus selbständigem Rechtsgrund. Die Beklagte zu 2 habe einen Vertrauenstatbestand geschaffen, indem sie mit dem Schreiben vom 10.8.2007 habe mitteilen lassen, sie werde zukünftig jährlich den Betrag von 4.480 EUR vorbehaltlos leisten. Der angebotene Vergleichsbetrag von 45.000 EUR sei auf Grund der Tatsache abgelehnt worden, dass die Beklagten alternativ angeboten hätten, ohne weitere Anforderungen jährlich 4.480 EUR...