Leitsatz (amtlich)
1. Zur Eintrittspflicht eines Gebäudeversicherers für das Risiko "unbenannter Gefahren".
2. Eine Beschädigung versicherter Sachen - hier: Verschmutzung einer Sickergrube mit Altöl - ist nicht "unvorhergesehen" und berechtigt den Versicherer zur vollständigen Kürzung der Leistungen, wenn als einzige naheliegende Möglichkeit nur die Herbeiführung des Schadens durch den früheren Versicherungsnehmer, einen mitversicherten Nutzer oder einen Repräsentanten verbleibt.
3. Da der Versicherungsfall der "unbenannten Gefahren" - als punktuelles Ereignis - in versicherter Zeit eingetreten sein muss, um Ansprüche gegen den Versicherer zu begründen, muss der aus eigenem Recht klagende Grundstückserwerber auch beweisen, dass die Beschädigung versicherter Sachen erst nach dem in § 95 VVG bestimmten Zeitpunkt oder dem ggf. schon zuvor bewirkten Gefahrübergang eingetreten ist.
4. Zum Eingreifen eines Risikoausschlusses für "Schäden durch (...) Verseuchung" bei altölbedingter Verschmutzung versicherter Sachen.
Normenkette
VVG §§ 1, 81 Abs. 2, § 95
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 04.06.2021; Aktenzeichen 14 O 98/20) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das am 4. Juni 2021 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 14 O 98/20 - wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.
III. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts Saarbrücken sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 328.723,- Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Ansprüche aus einer Gebäudeversicherung. Der Kläger unterhielt bei der Beklagten unter der Versicherungsschein-Nr. xxx eine "FirmenSachschutz-Sachversicherung" (Anlagenkonvolut K3 (1/2) = Anlage B1) für das von ihm mit notariellem Vertrag vom 20. Juli 2018 (UR Nr. 1156/2018 des Notars V., Saarbrücken, Anlage K3) zum Kaufpreis von 140.000,- Euro erworbene Anwesen "I." in S., auf dem sich eine Pferderanch mit Wohngebäude befindet, und als dessen Eigentümer der Kläger seit 15. Oktober 2018 im Grundbuch eingetragen ist (Grundbuchauszug Anlage B15). Laut Versicherungsschein ist das versicherte Gebäude bzw. das Gebäude, in dem sich der zu versichernde Betrieb befindet, ständig bewohnt, als Hauptbetriebsart ist "Reitschule/Reithalle" vereinbart, für das Gebäude besteht eine Versicherung zum Zeitwert mit einer Versicherungssumme von 800.000,- Euro. Versicherte Gefahren sind im Rahmen einer "Grund-Deckung" Feuer sowie Sturm/Hagel, zudem besteht ein "erweiterter Deckungsschutz", der u.a. auch "unbenannte Gefahren" einschließt. "Zusätzlich auf Erstes Risiko" sind außerdem "für die Feuer-, Leitungswasser-, Sturm-/Hagel-Gefahr sowie jeweils daran anhängende Gefahren" u.a. "Dekontaminations- und Entsorgungskosten von Erdreich" in unbegrenzter Höhe versichert. Dem Versicherungsvertrag liegen die Z. Firmen Sachschutz Bedingungen, Stand: 10/2016 (AVB, Anlagenkonvolut K3 (1/2) = Anlage B2) zugrunde. Der Versicherungsvertrag war von der Voreigentümerin, der Zeugin G., am 21. November 2016 beantragt und unter dem 9. Dezember 2016 für diese policiert worden (Anlage B1, B14). Die Beklagte hatte den Kläger nach Kenntnis von der bevorstehenden Veräußerung mit Schreiben vom 26. Juli 2018 darauf hingewiesen, dass die Prämie zu diesem Vertrag noch unbezahlt sei, das Mahnverfahren bereits begonnen habe und derzeit kein Versicherungsschutz bestehe (Anlage K4); daraufhin hatte der Kläger am 31. Juli 2018 die offene Versicherungsprämie in Höhe von 1.378,48 Euro überwiesen, mit Nachtrag vom 6. November 2018 wurde der Vertrag mit Wirkung ab 15. Oktober 2018 auf den Kläger als neuen Versicherungsnehmer umgeschrieben (Anlage K12).
Teil A1. Ziff. 1.12. AVB lautet:
1.12. - Unbenannte Gefahren
(...)
Der Versicherer leistet Entschädigung für versicherte Sachen, die durch ein unmittelbar von außen her einwirkendes Ereignis unvorhergesehen zerstört oder beschädigt werden.
a) Als Zerstörung oder Beschädigung gilt eine nachteilige Veränderung der Sachsubstanz. Eine Zerstörung oder Beschädigung liegt nicht vor, soweit ein ursprünglich vorhandener Mangel - mit oder ohne Substanzveränderung - offenkundig wird.
b) Abhandenkommen, auch durch strafbare Handlungen, ist nicht versichert.
c) Unvorhergesehen sind Schäden, die der Versicherungsnehmer oder seine Repräsentanten weder rechtzeitig vorhergesehen haben noch mit dem für die im Betrieb ausgeübte Tätigkeit erforderlichen Fachwissen hätten vorhersehen können. Dabei schadet nur grob fahrlässige Unkenntnis und diese berechtigt den Versicherer dazu, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen.
(...)
1.12.2. - Weiterhin nicht ve...