Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankentagegeldversicherung: Verweigerung einer ärztlichen Untersuchung
Leitsatz (amtlich)
1. Verweigert ein Versicherungsnehmer die vom Versicherer verlangte Untersuchung bei einem vom Versicherer beauftragten Arzt auf anwaltlichen Rat, so ist die Obliegenheitsverletzung grundsätzlich nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen.
2. Solange nicht feststeht, dass ein Versicherungsnehmer eine seine Arbeitsunfähigkeit behebende Operation nicht durchführen wird, kann die Prognose dauerhafter Berufsunfähigkeit nicht gestellt werden.
Normenkette
MB/KT § 9 Nr. 3, § 10 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 14.05.2009; Aktenzeichen 14 O 413/08) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Saarbrücken vom 14.5.2009 - 14 O 413/08 - dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 20.976 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6.12.2008 zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des gesamten vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.976 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Krankentagegeld.
Zwischen den Parteien besteht ein Krankenversicherungsvertrag gemäß Versicherungsschein (Nr ...) vom 20.6.2007 (Bl. 6 d.A.), der eine Krankentagegeldversicherung umfasst. Diese sieht Leistungen von 114 EUR täglich ab dem 15. Tag vor. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung in Form der MB/KT 94 zugrunde (Bl. 38 d.A.).
Der Kläger ist freiberuflicher Notarzt, der zu Unglücksfällen hinzugerufen wird. Am 21.1.2007 ließ er sich wegen einer Arthrose am rechten Knie operieren. Vom 29.10.2006 bis zum 17.4.2007 und vom 14.12.2007 bis zum 13.5.2008 leistete die Beklagte das vereinbarte Krankentagegeld.
Zu einer von der Beklagten verlangten Untersuchung am 28.1.2008 erschien der Kläger nicht, weil ihn das Aufforderungsschreiben hierzu nicht rechtzeitig erreichte. Den Nachuntersuchungstermin am 21.2.2008 (Bl. 10 d.A.) bei Dr. Z. in Bad Nauheim, der von der IMB beauftragt worden war, nahm er dagegen wahr.
Mit Schreiben vom 22.4.2008 (Bl. 16 d.A.) ließ der Kläger durch den von ihm früher beauftragten Rechtsanwalt E. das Gutachten von Dr. Z. zurückweisen, auf dessen Befangenheit hinweisen und der Beklagten eine Frist bis zum 6.5.2008 zur Zahlung von offenstehendem Krankentagegeld setzen.
Am 8.5.2008 verlangte die Beklagte erneut eine Untersuchung bei Dr. Z. am 14.5.2008 (Bl. 12 d.A.). Der Kläger erschien nicht. Der von ihm beauftragte Rechtsanwalt teilte der Beklagten mit Schreiben vom 14.5.2008 (Bl. 14 d.A.) mit, dass Dr. Z. wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werde und schlug einen anderen Sachverständigen vor. Außerdem drohte er Klage an wegen noch offenstehender Ansprüche des Klägers auf Zahlung von Krankentagegeld.
Mit Schreiben vom 16.5.2008 (Bl. 58 d.A.) teilte die Beklagte mit, eine Stellungnahme bei der IMB angefordert zu haben. Mit Schreiben vom 11.7.2008 (Bl. 18 d.A.) lehnte die Beklagte Leistungen wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung ab.
Am 18.8.2008 unterzog sich der Kläger einer erneuten Operation des rechten Kniegelenks (Bl. 59 d.A.). Der Kläger forderte erneut Zahlung von Krankentagegeld. Die Beklagte verlangte mit Schreiben vom 8.9.2008 (Bl. 81 d.A.) weitere Unterlagen und lehnte mit Schreiben vom 22.9.2008 (Bl. 94 d.A.) und 8.10.2008 (Bl. 25 d.A.) Leistungen wegen der begangenen Obliegenheitsverletzung ab.
Der Kläger hat behauptet, er sei vom 14.5.2008 bis zum 14.11.2008 wegen eines Knorpeldefektes im Bereich des rechten medialen Kondylus mit vorhandenem Reizerguss sowie ausgeprägtem synovialen Reizzustand, eingeschränkter Beweglichkeit des Kniegelenks, Druckschmerzes am medialen Gelenkspalt rechts und eingeschränkter Innenrotation vollständig arbeitsunfähig erkrankt. Er könne nicht längere Zeit knien, so dass er Opfer, die sich oft auf dem Boden oder in Fahrzeugen befänden, nicht behandeln könne. Er müsse auch die Behandlung selbst durchführen und könne sie nicht auf die Rettungssanitäter delegieren.
Der Kläger verlangt Krankentagegeld für einen Zeitraum vom 14.5.2008 bis zum 14.11.2008, insgesamt 20.976 EUR.
Das LG Saarbrücken hat die Klage durch Urt. v. 14.5.2009 - 14 O 413/08 - wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung abgewiesen. Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Saarbrücken die Beklagte zu verurteilen, an ihn 20.996 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angegriff...