Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 16.11.2010; Aktenzeichen 14 O 138/10) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Saarbrücken vom 16.11.2010 - 14 O 138/10 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 22.631,40 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Leistung aus einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung.
Der Kläger unterhält seit dem 1.5.1984 bei der Beklagten eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung mit einem Selbstbehalt von 10 % der Haftungssumme, höchstens 500 EUR. Dem Vertrag liegen die AVB 82 zugrunde (Bl. 35 d.A.).
Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken warf dem Kläger, damals Leitender Ministerialrat im s. ...ministerium, nach mehrjährigem Ermittlungsverfahren in der Anklageschrift vom 16.6.2006 (Bl. 138 d.A.) Vorteilsannahme, Bestechlichkeit und Untreue vor, weil er in mehreren Fällen bei Vergabeentscheidungen und Leistungsabrechnungen einen Vorteil gegen entsprechende Diensthandlungen angenommen habe und durch seine Entscheidungen finanzielle Nachteile für die öffentliche Hand entstanden seien. Der Kläger akzeptierte im Rahmen des gerichtlichen Eröffnungsverfahrens einen Strafbefehl vom 26.5.2009 des AG Saarbrücken (Bl. 155 d.A.) wegen Untreue in drei Fällen mit einem Schaden von über 650.000 DM, nach dem gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten zur Bewährung und eine Geldauflage von 12.000 EUR verhängt wurden. Am 9.11.2009 unterzeichnete der Kläger eine Vereinbarung mit dem Saarland, nach der er sich verpflichtete, fünf Jahre lang den Bruttounterschiedsbetrag zwischen der Besoldungsgruppe B4 und B3 an das Saarland zu zahlen, während sich das Saarland im Gegenzug verpflichtete, gegen den Kläger keine Schadensersatzansprüche aus den in der Anklageschrift dargelegten Handlungen geltend zu machen (Bl. 6 d.A.). Mit Bescheid vom selben Tag wurde das gegen den Kläger eingeleitete Disziplinarverfahren eingestellt (Bl. 7 d.A.).
Am 4.12.2009 wandte sich der Kläger an die Beklagte und forderte diese auf, die durch die Vereinbarung vom 9.11.2009 begründeten Ansprüche auszugleichen.
Der Kläger hat behauptet, er habe den Strafbefehl aus gesundheitlichen Gründen akzeptiert, weil er einen mehrjährigen Strafprozess nicht überstanden hätte. Die Vereinbarung vom 9.11.2009 habe er akzeptiert, um das Disziplinarverfahren zu beenden. Gegenüber den behaupteten Schäden sei seine Zahlungsverpflichtung nur ein winziger Bruchteil. Die ihm vorgeworfenen Straftaten habe er nicht begangen.
Das LG Saarbrücken hat die Klage durch Urt. v. 16.11.2010 - 14 O 138/10 - abgewiesen. Der Kläger hat hiergegen Berufung eingelegt und beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils des LG Saarbrücken die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.526,28 EUR nebst 8 %-Punkte Zinsen über dem Basiszins seit dem 15.2.2010, sowie jeweils zum 1.1.2011, 1.1.2012, 1.1.2013 und 1.1.2014 weitere 4.526,28 EUR und weitere 1.085,04 EUR nebst 8 %-Punkte Zinsen über dem Basiszins seit dem 15.2.2010 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil.
II. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Urteil des LG beruht weder auf einer Verletzung des Rechts noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Ausgleich der von ihm durch Vereinbarung vom 9.11.2009 begründeten Zahlungspflichten.
(1.) Nach Art. 1 Abs. 1, 2 EGVVG ist das Gesetz über den Versicherungsvertrag in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung weiter anzuwenden, weil der Versicherungsfall bei dem Altvertrag zwischen den Parteien bis zum 31.12.2008 eingetreten ist. Nach § 5 Nr. 1 AVB 82 ist Versicherungsfall im Sinne der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung der Verstoß, der Haftpflichtansprüche gegen den Versicherungsnehmer zur Folge haben kann. Das haftungsrelevante Verhalten des Klägers lag vor dem Zeitpunkt der Anklageerhebung am 16.6.2006.
(2.) Nach § 3 Nr. 1 AVB 82 schuldete die Beklagte als Versicherer dem Kläger die Abwehr unbegründeter und die Befriedigung begründeter Ansprüche, die gegen ihn anlässlich der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts geltend gemacht werden. Ob der Versicherer freiwillig zahlt, oder ob er die Zahlung ablehnt und es darauf ankommen lässt, ob der geschädigte Dritte seine Ansprüche gerichtlich geltend macht, entscheidet er grundsätzlich nach seinem eigenen Ermessen. Diesem Ermessen sind lediglich dort Grenzen gesetzt, wo die Interessen des Versicherungsnehmers eine Rücksichtnahme des Versicherers verlangen. Das gilt beispielsweise dann, wenn ein Schadensfreiheitsrabatt des Versicherungsnehmers auf dem Spiele steht oder wenn über die Versicherungssumme hinausgehende Ansprüche des geschädigten Dritten durch da...