Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen der deliktischen Haftung des GmbH-Geschäftsführers gegenüber dem Sicherungsnehmer bei fahrlässiger Veräußerung von Sicherungsgut.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 23.01.2013; Aktenzeichen 6 O 115/12) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Saarbrücken vom 23.1.2013 (Aktenzeichen 6 O 115/12) unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 75.000 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.3.2012 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin, ein Kreditinstitut, nimmt den Beklagten, der Geschäftsführer der in Insolvenz gefallenen GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) in war, auf Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung durch Veräußerung von Sicherungseigentum in Anspruch.
Die Klägerin schloss am 27.7.2006 mit der Schuldnerin einen Investitionskreditvertrag über 260.000 EUR zur Finanzierung eines am gleichen Tag gekauften Volvo Radladers L220 E mit der Seriennummer 4380, an dem die Klägerin auf der Grundlage von Nr. 2 Abs. 1 der in den Vertrag einbezogenen Investitionskredit-Bedingungen das Sicherungseigentum erwarb. Die Schuldnerin leistete eine Anzahlung an die Lieferantin, und die Klägerin zahlte die Kreditsumme an diese aus. Nachdem die Schuldnerin in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, wurde der Radlader am 31.7.2009 ohne Kenntnis und Zustimmung der Klägerin an die Firma) zum Preis von 75.000 EUR veräußert. Die Käuferin überwies den Kaufpreis an die Schuldnerin, holte den Radlader anschließend selbst von einer Baustelle in ab und verbrachte ihn nach. In dem am 1.9.2010 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin meldete die Klägerin Ansprüche i.H.v. 68.973,82 EUR aus dem Kreditvertrag und weitere Ansprüche i.H.v. insgesamt 665.773,36 EUR zur Tabelle an.
Die Klägerin hat den Beklagten wegen unerlaubter Handlung in Höhe des Verkehrswerts des Radladers von 75.000 EUR im Zeitpunkt der Veräußerung auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Dazu hat sie behauptet, bei der Veräußerung des Radladers habe sich der Beklagte als Geschäftsführer der Schuldnerin durch seinen Stiefvater als Gesellschafter der Schuldnerin leiten lassen, obwohl er auf Grund der Maschinenliste gewusst habe, dass es sich um einen fremdfinanzierten, im Sicherungseigentum der Klägerin stehenden Radlader gehandelt habe. Er habe sich weder darüber informiert, ob die Zustimmung der Klägerin zum Verkauf eingeholt worden sei, noch habe er Sorge für die Rückführung des Kredits bei der Klägerin getragen.
Die Klägerin hat beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 75.000 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (19.3.2012) zu zahlen und
2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, auf die durch die Klägerin eingezahlten Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem Zeitpunkt der Einzahlung der Gerichtskosten bis zum Tage des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrags nach Maßgabe der ausgeurteilten Kostenquoten zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat behauptet, die Entscheidung, den Radlader trotz Kenntnis von der Fremdfinanzierung und dem Eigentum der Klägerin zu veräußern, hätten er und die Zeugen und gemeinsam getroffen, nachdem der Zeuge Ha. erklärt habe, er habe mit der Klägerin Rücksprache gehalten, diese habe die Veräußerung genehmigt und eine Summe von 75.000 EUR zur Ablösung der Finanzierung verlangt. Der Beklagte und der Zeuge hätten den Zeugen angewiesen, unmittelbar nach Zahlung des Käufers den Ablösebetrag an die Klägerin weiterzuleiten. Der Kaufvertrag sei vom Zeugen erstellt und dem Beklagten nur zur Unterschrift vorgelegt worden, wobei die Zeugen und versichert hätten, es sei alles abgeklärt, und der Beklagte könne unterschreiben. Bei der Unterzeichnung habe der Beklagte den Zeugen nochmals daran erinnert, die Ablösesumme nach Zahlung durch den Käufer umgehend an die Klägerin zu überweisen. Erst im März 2010 habe der Beklagte Kenntnis erlangt, dass der Zeuge Kompetenzen vorgetäuscht, Zahlen geschönt, Unterlagen gefälscht und Betrügereien begangen habe.
Das LG hat Beweis erhoben gemäß dem Beweisbeschluss vom 10.10.2012 (Bd. I Bl. 141 ff. d.A.) in Verbindung mit dem Beschluss vom 19.12.2012 (Bd. I Bl. 172 d.A. Mitte) und mit dem am 23.1.2013 verkündeten Urteil (Bd. I Bl. 188 ff. d.A.) die Klage abgewiesen. Der Senat nimmt gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem erstinstanzlichen ...