Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 25.03.1974; Aktenzeichen 12 O 407/72)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das am 25. März 1974 verkündete Urteil des Landgerichts in Saarbrücken – 12 O 407/72 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Unter Klageabweisung im übrigen wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 11.429,36 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 2. Februar 1973 zu zahlen.

II. Die Kosten beider Rechtszüge werden der Klägerin zu 1/16 und dem Beklagten zu 15/16 auferlegt.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird hinsichtlich, des Anspruchs auf Erstattung der Beiträge zur Berufsgenossenschaft zugelassen.

 

Tatbestand

Der Beklagte ist bei der Klägerin als Kolonnenführer beschäftigt. Er war im Dezember 1971 mit den Zeugen J., A., M., und G. auf einer Arbeitsstelle in Bochum eingesetzt. Entsprechend einer Dienstanweisung, die Gegenstand der Arbeitsverträge war, hatte die Klägerin für ihre auf Montage beschäftigten Arbeiter in Abständen von 2 bis 3 Wochen Wochenendheimfahrten organisiert und hierfür firmeneigene Fahrzeuge zur Verfügung gestellt. In der Dienstanweisung war bestimmt, daß außerplanmäßige Heimfahrten der ausdrücklichen Genehmigung der Einsatzleitung bedürften und daß nicht genehmigte Heimfahrten als Schwarzfahrten anzusehen seien.

An dem Wochenende vom 11./13. Dezember 1971 fuhr der Beklagte mit seinem Pkw SLS-R 616 zusammen mit den vier genannten Arbeitskollegen als Insassen außerplanmäßig nach Hause. Auf der Rückfahrt zu der Baustelle in Bochum kam es auf der Bundesstraße 268, Abzweigung Konz-Krettnich, zu einem Verkehrsunfall. Der Beklagte kam auf der gerade verlaufenden Straße nach rechts von der Fahrbahn ab, geriet auf den unbefestigten Randstreifen und stieß gegen einen Leitpfosten. Infolge des Aufpralls schlug das Lenkrad um, worauf der Wagen über die Straße gegen die links gelegene Böschung fuhr. Dabei wurden die vier Arbeitskollegen derart verletzt, daß sie vorübergehend arbeitsunfähig waren.

Die Klägerin begehrt von den Beklagten Ersatz für die gewährte Lohnfortzahlung. Im einzelnen verlangt sie Erstattung folgender Beträge:

1)

Bruttolöhne für Günther J., Christoph A., Jürgen M. und Rainer G.

10.349,90 DM

2)

Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung

1.433,46 DM

3)

Beiträge zur Berufsgenossenschaft

414,– DM

12.197,36 DM.

Die Klägerin hat vorgetragen:

Der Beklagte habe den Unfall verschuldet und sei daher den Insassen zum Schadensersatz verpflichtet. Diese Schadenersatzansprüche seien gemäß § 4 Lohnfortzahlungsgesetz auf die Klägerin übergegangen. Der Beklagte könne sich nicht auf das Haftungsprivileg des § 637 RVO berufen, da es sich um eine Privatfahrt gehandelt habe.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 12.197,36 DM

nebst 4 % Zinsen seit dem 25. Februar 1972 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat erwidert:

An dem Unfall treffe ihn kein Verschulden. Er sei wegen eines Reifendefekts von der Fahrbahn abgekommen.

Überdies sei seine eventuelle Haftung gemäß §§ 636, 637 RVO ausgeschlossen. Die Wochenendheimfahrten lägen im betrieblichen Interesse der Klägerin. Deshalb organisiere und fördere die Klägerin diese Fahrten. Daß nicht jede Woche ein firmeneigenes Fahrzeug zur Verfügung gestellt werde, beruhe nur auf Kostengründen. Die Heimfahrten würden dadurch gefördert, daß die Klägerin trotz der Abwesenheit ihrer Beschäftigten Tages- und Übernachtungsspesen zahle.

Vorsorglich werde die Höhe der Ansprüche bestritten. Die Arbeitgeberanteile könne die Klägerin nicht geltend machen. Außerdem sei für die Zeit des Krankenhausaufenthaltes der Arbeitskollegen eine Ersparnis an häuslichem Aufwand in Höhe von mindestens 6,– DM täglich abzusetzen. Der Zeuge Junker habe sich 38 Tage, der Zeuge Mattick 10 Tage und der Zeuge Arnold 11 Tage in stationärer Behandlung befunden.

Durch das angefochtene Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das Landgericht den Beklagten nach Beweisaufnahme unter Abweisung des weitergehenden Zinsanspruchs verurteilt, an die Klägerin 12.197,36 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 2. Februar 1973 zu zahlen.

In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt:

Die Klage sei gemäß den §§ 823, 843 BGB, § 4 Lohnfortzahlungsgesetz begründet. Ein Anspruch aus Gefährdungshaftung scheitere allerdings an der Vorschrift des § 8 a Abs. 1 StVG. Den Beklagten treffe aber ein Verschulden an dem Unfall. Der Beweis des ersten Anscheins spreche für ein schuldhaftes Fehlverhalten des Beklagten. Daß dieser wegen eines Reifendefekts die Herrschaft über das Fahrzeug verloren habe, sei nicht nachgewiesen.

Die Ersatzpflicht des Beklagten sei nicht nach § 637 RVO ausgeschlossen. Es habe zwar ein Arbeitsunfall vorgelegen, jedoch fehle der Zusammenhang mit einer betrieblichen Tätigkeit. Eine Genehmigung für außerplanmäßige Heimfahrten sei weder generell noch im konkreten Fall erteilt worden. Vielmehr habe es sich bei der Fahrt um eine Teilnahme am allgemeinen Verkehr gehandelt.

Der danach bestehend...

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