Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 09.05.1974; Aktenzeichen 6.O.425/73)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 9. Mai 1974 verkündete Urteil des Landgerichts in Saarbrücken – 6.O.425/73 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird gestattet, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100,– DM abzuwenden.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin hat im Rahmen des Lohnfortzahlungsgesetzes an neun ihrer Belegschaftsmitglieder Krankenlohn gezahlt. Auf Grund der auf sie übergegangenen Schadensersatzansprüche hat die Beklagte der Klägerin die jeweiligen Beträge erstattet. Die Beklagte weigert sich aber, die von der Klägerin für diese neun Belegschaftsmitglieder während der Arbeitsunfähigkeit gezahlten Beiträge zur Berufungsgenossenschaft zu erstatten, die sich jeweils auf 2 % des errechneten Krankenlohnes belaufen und insgesamt einen Betrag von 226,59 DM ausmachen.

Die Klägerin verlangt die Erstattung dieses Betrages. Sie ist der Auffassung, daß sie hierauf gemäß § 4 LFZG Anspruch habe.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 226,59 DM

nebst 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, Vollstreckungsschutz zu gewähren.

Sie hat die Auffassung vertreten, daß die Beiträge zur Berufsgenossenschaft nicht unter die nach § 4 LFZG vom Schädiger zu ersetzenden Beträge fielen.

Durch das angefochtene Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Die Erstattungspflicht könne zwar nicht auf Grund des Wortlauts des § 4 LFZG, d.h. des enumerativen Charakters der Vorschrift abgelehnt werden. Auch der in § 4 LFZG gebrauchte Begriff der „Arbeitgeberanteile” stehe nicht entgegen. Entscheidend sei vielmehr, daß § 4 LFZG nur einen in der Person des Geschädigten entstandenen Vermögensschaden auf den Arbeitgeber überleite. Ein solcher sei aber nicht gegeben, da die Beiträge nicht als Teil des Arbeitsentgelts angesehen werden könnten. Dies folge daraus, daß es sich bei der gesetzlichen Unfallversicherung um eine Haftpflichtversicherung des Arbeitgebers handele, die eine Ablösung der Unternehmerhaftpflicht auf genossenschaftlicher Grundlage bewirke. Somit handele es sich bei den Beiträgen zur Berufsgenossenschaft um einen nicht erstattungsfähigen Drittschaden.

Gegen dieses ihr am 25.6.1974 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 16.7.1974 Berufung eingelegt und diese am 4.9.1974 begründet.

Sie macht geltend: Entgegen der Meinung des Landgerichts handele es sich bei der Beitragsentrichtung zur gesetzlichen Unfallversicherung – zumindest auch – um einen in der Person des Arbeitnehmers entstandenen Schaden. Dem stehe nicht entgegen, daß die Beitragszahlung auf gesetzlicher Verpflichtung beruhe und der Arbeitgeber die Beiträge allein aufzubringen habe. Die gesetzliche Unfallversicherung sei über den Gedanken der reinen Unternehmer-Haftpflichtversicherung hinausgewachsen. Die Beiträge würden vorwiegend im Interesse des Arbeitnehmers erbracht und dienten, ebenso wie die Einrichtungen der Alters- und Hinterbliebenenversorgung, letztlich der Zukunftssicherung des Arbeitnehmers. Wesentlich sei auch, daß die Beiträge nach der Lohnsumme berechnet würden, und während der Dauer der Krankheit kein versicherbares Risiko bestehe. Die Leistungen an die Berufsgenossenschaft seien zwar nicht unmittelbar Teil des Arbeitsentgelts. Die Arbeitsleistung stelle aber einen wesentlichen Grund für die Unfallversicherung dar.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 226,59 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 29.1.1974 zu zahlen,

hilfsweise, Vollstreckungsschutz zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag unter Verteidigung des angefochtenen Urteils.

Wegen des Parteivorbringens im einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

Der Senat ist in Übereinstimmung mit dem Landgericht der Auffassung, daß die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der für die neun Belegschaftsmitglieder aufgewendeten Beiträge zur Berufsgenossenschaft hat.

Ob eine derartige Erstattungspflicht besteht, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Für die Erstattungsfähigkeit dieser Beiträge haben sich u.a. ausgesprochen: LG Berlin VersR 1973, 570; LG Essen VersR 1974, 164; AG Moers VersR 1974, 352; LG Köln VersR 1974, 474; Lehmann, DB 1972, 1390; Schmidt, DB 1972, 190 und VersR 1972, 28 f., Doetsch-Schnabel-Paulsdorff, Kommentar zum Lohnfortzahlungsgesetz Anm. 2 zu § 4; Mittelmeier, VersR 1974, 1055.

Gegen die Erstattungsfähigkeit haben sich u.a. gewandt: AG Stuttgart VersR 1972, 408; LG Köln VersR 1972, 1...

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