Leitsatz (amtlich)
1. Zur Verweisung eines Flugbegleiters auf den Beruf eines Stellvertretenden Pflegedienstleiters eines Altenheims.
2. Bei Fortführung des bisherigen Berufs erwartete Einkommenssteigerungen prägen die bisherige Lebensstellung nur dann, wenn ihr Eintritt sicher ist.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 10.10.2005; Aktenzeichen 12 O 374/03) |
Tenor
1. Die Berufung des Kläger gegen das am 10.10.2005 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - 12 O 374/03 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 53.239,20 EUR festgesetzt.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht Ansprüche aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (Versicherungsschein-Nr.: OOOOO; Bl. 10 d.A.) geltend.
Der Kläger unterhält bei der Beklagten seit dem Jahr 1999 eine Risiko-Lebens-versicherung mit eingeschlossener Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (Versicherungsschein-Nr.: OOOOO; Bl. 10 d.A.). Laut der Vertragsurkunde ist für den Fall der Berufsunfähigkeit Beitragsbefreiung sowie eine monatliche Rente von 1.500 DM für den Zeitraum 1.8.1999 bis 1.8.2027 vereinbart. Dem Versicherungsvertrag liegen - u.a. - die Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (B-BUZ - Bl. 13 f. d.A.) zugrunde. Danach besteht ein Anspruch auf Rentenzahlung und Beitragsbefreiung, wenn der Versicherte während der Versicherungsdauer infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfall zu mindestens 50 % voraussichtlich außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die auf Grund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht (§§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 B-BUZ).
Der Kläger, der nach einer Umschulung über eine - im Herbst 1998 abgeschlossene - Ausbildung als Altenpfleger verfügt, war in diesem Beruf bis zum 31.1.2002 tätig, wobei er zuletzt stellvertretender Bereichsleiter eines Pflegebereichs im Sparkassehaus des Pflegezentrums S.-Spital am Wöhrder See des N. war. Danach absolvierte er einen einmonatigen Ausbildungskurs zum Flugbegleiter. In der Zeit von März 2002 bis Januar 2003 war er bei der AIR B. beschäftigt. Sein Nettoeinkommen - welches sich u.a. aus Grundgehalt, Flugstundenzulage, Provision Bordverkauf, pauschalierten Reisekostenersatz, Uniformreinigungspauschale und Fahrtkostenzuschuss zusammensetzte (vgl.: Bl. 292, 264-269 d.A.) - betrug in den Monaten Mai 2002 bis Oktober 2002 durchschnittlich 1.957,32 EUR/Monat. Ab dem 25.10.2002 war der Kläger wegen eines Guillain-Barré-Syndroms arbeitsunfähig geschrieben. Seit Ende September/Anfang Oktober 2002 leidet er an einer Polyneuropathie und einer erworbenen Immunschwäche. Am 23.1.2003 wurde eine HIV-Infektion bei ihm festgestellt. Seit dem 1.2.2003 ist der Kläger als Stellvertretender Bereichsleiter im Pflegedienst der Stadt N. im N. vollschichtig beschäftigt. Zu Beginn dieser Tätigkeit hat er netto 1.417,60 EUR verdient (Bl. 270 d.A.); spätestens seit Mai 2004 erhält er 1.518,06 EUR ausgezahlt (Bl. 131, 115 d.A.).
Unter dem 3.1.2003 zeigte der Kläger der Beklagten den Versicherungsfall - erstmals - an. Mit Schreiben vom 14.4.2003 lehnte diese Leistungen aus dem Versicherungsvertragsverhältnis unter Verweis auf seine Tätigkeit als stellvertretender Bereichsleiter im Pflegedienst ab (Bl. 42 f. d.A.).
In der Klageschrift hat der Kläger die Ansicht vertreten, ihm stünden die vertraglich vereinbarten Leistungen auf Rentenzahlung und Beitragsbefreiung seit dem 1.11.2002 zu. Zur Begründung hat er - lediglich - behauptet, er könne auf Grund seiner Erkrankungen spätestens seit diesem Zeitpunkt seinen Beruf als Flugbegleiter nicht mehr ausüben. Bei jedweden körperlichen Anstrengungen, die gerade im Luftraum noch zusätzlich belastend wirkten, leide er an starken Schmerz- und Ermüdungszuständen, welche es ihm unmöglich machten, seine bisherige Tätigkeit weiter auszuüben. Ferner hat er angekündigt, in der mündlichen Verhandlung einen auf Zahlung von 9.203,25 EUR gerichteten Antrag und zwei Feststellungsanträge zu stellen.
Die Einzelrichterin hat in der Ladungsverfügung (Bl. 56 d.A.) darauf hingewiesen, dass die Klage nicht schlüssig sei und dies ausführlich begründet. In der mündlichen Verhandlung vom 9.5.2005 (Bl. 89 f. d.A.) hat das LG ein klageabweisendes Versäumnisurteil (Bl. 91 f. d.A.) erlassen. Dieses Urteil wurde dem Kläger am 17.5.2005 mit dem Formularblatt des LG Saarbrücken LZ15 "Wichtige Hinweise zum Versäumnisurteil" (Bl. 136 d.A.) zugestellt. Am 31.5.2005 hat der Kläger Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt. Zur Begründung hat er sich auf seine Ausführungen in der Klageschrift berufen und - wegen der notwendigen Ergänzungen zu dieser Klageschrift - Fristverlängerung beantragt. Di...