Leitsatz
Leitsatz: Zur Frage, ob dem Mieter von Wohnraum ein Anspruch gegen den Vermieter auf Unterlassung des Betriebs einer Mobilfunksendeanlage zusteht, wenn die Anlage die in der 26. Bundesimmissionsschutzverordnung festgelegten Grenzwerte für elektromagnetische Felder nicht überschreitet (amtlicher Leitsatz des BGH).
Normenkette
BGB § 535
Kommentar
Der Kläger ist Mieter einer Dachgeschosswohnung. Er ist bettlägrig und auf einen Herzschrittmacher angewiesen. Nach dem Abschluss des Mietvertrags wurde auf dem Dach und im Speicher des Hauses eine Mobilfunksendeanlage errichtet. Der Mieter hat vom Vermieter verlangt dafür zu sorgen, dass der Betrieb der Sendeanlage unterbleibt. Er hat geltend gemacht, dass die Anlage elektromagnetische Felder erzeuge. Hierdurch werde er in seiner Gesundheit beeinträchtigt. Das Landgericht hat zu diesem Punkt ein Sachverständigengutachten eingeholt. Danach sind die Grenzwerte der 26. Bundesimmissionsschutzverordnung gewahrt. Weiter hat der Gutachter festgestellt, dass die Wohnung des Mieters außerhalb des Sicherheitsabstands liegt. Aus diesem Grund hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Die Revision des Mieters hatte keinen Erfolg: Nach § 535 Abs. 1 S. 2 BGB ist der Vermieter verpflichtet, die Wohnung in einem vertragsgemäßen Zustand zu überlassen und zu erhalten. Fehlt eine ausdrückliche vertragliche Regelung über die Beschaffenheit der Wohnung, ist der verkehrsübliche Zustand geschuldet. Geht es um Einwirkungen durch Immissionen, wird dieser Zustand durch die einschlägigen technischen Normen konkretisiert (BGH, Urteil v. 6.10.2004, VIII ZR 355/03, WuM 2004, 715). Deshalb ist eine Wohnung nach herrschender Meinung mangelfrei, wenn eine in der Nähe befindliche Mobilfunksendeanlage die in der 26. Bundesimmissionsschutzverordnung festgelegten Grenzwerte nicht überschreitet. Der Umstand, dass die Diskussion über die Grenzwerte in der Wissenschaft noch nicht abgeschlossen ist, spielt keine Rolle (LG Berlin, NZM 2003, 60; LG Karlsruhe, DWW 2004, 57; Palandt/Weidenkaff, § 536 BGB Rdn. 20; Emmerich in: Staudinger, § 536 BGB Rdn. 30; a. A.: AG München, WuM 1999, 111; Kniep, WuM 2002, 598, 600).
Der BGH folgt dieser Ansicht. Er hat in Erwägung gezogen, dass eine Wohnung auch dann mangelhaft sein kann, wenn im Einzelfall trotz Einhaltung der Grenzwerte eine Gesundheitsgefährdung zu besorgen ist. Dies muss der Mieter beweisen. Vorliegend konnte ein solcher Beweis nicht geführt werden.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 15.03.2006, VIII ZR 74/05