Entscheidungsstichwort (Thema)

Fälligkeit der Verfahrensgebühr für das finanzgerichtliche Verfahren in voller Höhe infolge sechsmonatiger Aussetzung des Verfahrens

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Verfahrensgebühr im finanzgerichtlichen Verfahren ist bereits mit Klageeingang in gesetzlicher Höhe fällig. Die Regelung über die „vorläufige” Bemessung der Gerichtsgebühren in § 52 Abs. 5 GKG steht dem nicht entgegen und ist insbesondere nicht abschließend zu verstehen in dem Sinne, dass der Wert solange vorläufig nach dem Mindestwert zu bemessen sei, als der Wert nicht festgesetzt ist und der nach § 52 Abs. 3 und 4 Nr. 1 GKG maßgebliche Wert sich nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt.

2. Das GKG enthält zwar keine ausdrückliche Regelung darüber, bis zu welchem Zeitpunkt die Kostenbeamten es bei der „vorläufigen” Anforderung der Gebühren zu belassen haben. Wenn aber nach gesetzlicher Wertung (§ 9 Abs. 3 Nr. 3, Nr. 4 GKG) selbst bislang nicht fällige Gebühren infolge Ruhen/Unterbrechung/ Aussetzung des Verfahrens nach 6 Monaten fällig werden sollen, ist es in diesen Fällen – Ruhen/Unterbrechung/Aussetzung des Verfahrens für sechs Monate – erst recht gerechtfertigt, zu diesem Zeitpunkt eine Prüfung des Gerichtskostenansatzes vorzunehmen und die – bereits bei Klageeingang fälligen Gebühren – nicht mehr nur nach dem Mindeststreitwert, sondern nach dem tatsächlichen Streitwert zu bemessen (vgl. Sächsisches FG, Beschluss v. 28.1.2014, 4 Ko 44/14).

 

Normenkette

GKG § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, § 9 Abs. 3 Nrn. 3-4, § 52 Abs. 4 Nr. 1, Abs. 5; FGO § 46 Abs. 1 S. 3

 

Tenor

1. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.

2. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Tatbestand

I.

Mit ihrer am 11.01.2024 eingegangenen Erinnerung wandte sich die Erinnerungsführerin gegen die Kostenrechnung der Landesjustizkasse vom 28.11.2023 im Klageverfahren 4 K … über eingeforderte Gerichtsgebühren i.H. v. 10.060 EUR abzüglich mit Kostenrechnung vom 07.02.2023 angeforderter 312 EUR. Bei dem Az. 4 K … führte die Erinnerungsführerin vor dem sächsischen Finanzgericht ein Klageverfahren gegen das Finanzamt wegen Gewerbesteuermessbetrag 2011 und 2012, Umsatzsteuer 2011 und 2012, gesonderte und einheitliche Feststellung 2010-2012. In der Klageschrift wurde jeweils die Aufhebung der Bescheide für 2011 und 2012 über den Gewerbesteuermessbetrag sowie über Umsatzsteuer und der Bescheide für 2010, 2011 und 2012 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen beantragt. Die Klage wurde als Untätigkeitsklage gemäß § 46 Abs. 1 FGO erhoben, da die eingelegten Einsprüche noch nicht verbeschieden waren. Mit Beschluss des Berichterstatters vom 15.03.2023 wurde die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 46 Abs. 1 Satz 3 FGO zunächst bis zum 31.01.2024 angeordnet, um der vorliegenden Klage durch Abschluss des Vorverfahrens zur Zulässigkeit zu verhelfen. Am 28.11.2023 erging an die Erinnerungsführerin die Gerichtskostenrechnung im Verfahren 4 K …, mit der Gebühren gemäß Nr. 6110 des Kostenverzeichnisses zum GKG aus einem Gegenstandswert von 282.516,60 EUR in Höhe von 10.060 EUR berechnet wurden. Nach Abzug der bereits mit Rechnung vom 07.02.2023 zum Soll gestellten 312 EUR wurden weitere 9748 EUR angefordert. Mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 11.01.2024 legte die Erinnerungsführerin gegen die Kostenrechnung Erinnerung ein.

Der Prozessbevollmächtigte bringt vor: § 9 Abs. 3 Nr. 3 GKG regle ausschließlich die Fälligkeit. Die Einwendungen richteten sich gegen den Zeitpunkt der Kostenrechnung und deren Anlass, welcher nach Bekunden der Kostenbeamtin im Ruhen, Nichtbetreiben, Unterbrechung, Aussetzung läge. Wäre dem so, wären z.B. bei der üblichen Verfahrensdauer finanzgerichtlicher Verfahren von allen Finanzgerichten stets nach sechs Monaten Zwischenrechnungen zu erstellen. Nach seiner Erfahrung in einer Vielzahl von finanzgerichtlichen Verfahren sei dem nicht so. Die Auffassung der Kostenbeamtin habe faktisch zur Folge, dass die Kläger durch das Ruhen bzw. Aussetzen des Verfahrens mit einer „vorgezogenen” Kostenrechnung belastet würden, obgleich der Abschluss des Verfahrens noch ausstehe. Es würden eben nicht in allen finanzgerichtlichen Verfahren – deren übliche Verfahrensdauer stets über sechs Monaten liege – nach Ablauf von sechs Monaten Kostenrechnungen gestellt. Dies entspreche nicht der allgemeinen Übung und führe zu einer Ungleichbehandlung vergleichbarer Fälle.

Unstreitig seien die Kosten mit Einreichung der Klage in voller Höhe fällig. Unstreitig sollte jedoch auch sein, dass die Verfahrensgebühr zunächst nur vorläufig anhand des Mindeststreitwerts ermittelt werde. Die konkrete und überwiegend abschließende Streitwertermittlung werde – wie der Erinnerungsgegner ausgeführt habe – aus organisatorischen Gründen nach Abschluss des Verfahrens bzw. vorläufigem Abschluss des Verfahrens vorgenommen. Das Finanzgerichtsverfahren sei weder bei Erstellung der Kostenrechnung noch bis zum heutigen Tage endgül...

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