rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Kindergeldanspruch bei Erbringung einer Missionarstätigkeit im Ausland für eine Kirche mit öffentlich-rechtlichem Status bei Nichterfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen der in § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG genannten Verweisungsvorschriften
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein vom volljährigen Kind für eine Kirche mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Ausland erbrachter Missionarsdienst erfüllt nicht die Voraussetzungen für eine kindergeldrechtliche Berücksichtigung i. S. d. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG, wenn die Kirche nicht durch eine Entscheidung der zuständigen Landesbehörde als Träger eines freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres i. S. d. Jugendfreiwilligendienstegesetz zugelassen ist, es an der für das Programm „Jugend in Aktion” erforderlichen Bewilligung durch die im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend handelnde Deutsche Nationalagentur oder durch die Europäische Kommission fehlt und wenn die Kirche auch nicht Träger für die Leistung eines Dienstes nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder Träger für den entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” ist.
2. Die Missionarstätigkeit stellt auch keinen Freiwilligendienst aller Generationen i. S. d. § 2 Abs. 1a SGB VII dar, wenn das Kind nicht mit der Kirche eine schriftliche Vereinbarung mit Festlegungen über die Art und den zeitlichen Umfang des gemeinwohlorientierten Dienstes, den das Kind zu übernehmen verspricht, abgeschlossen hat.
3. Ein Kind kann nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG nur berücksichtigt werden, wenn die Voraussetzungen der jeweiligen Verweisungsnorm exakt erfüllt sind. Eine analoge Anwendung des Berücksichtigungstatbestandes auf andere als die genannten Freiwilligendienste scheidet aus (Anschluss an BFH v. 18.3.2009, III R 33/07).
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. d; SGB VII § 2 Abs. 1a; ZDG § 14b; JFDG § 10 Abs. 1 Nr. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Klägerin werden die Kosten des Verfahrens auferlegt.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Tochter der Klägerin einen Freiwilligendienst im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 lit. d EStG leistet und der Klägerin deshalb Kindergeld für die Tochter zusteht.
Die am … geborene Tochter der Klägerin J. S. ist Mitglied der Kirche J.. Diese Kirche hat den Status einer Körperschaft öffentlichen Rechts mit Sitz in F.. Ausweislich eines in S., USA, am 26.4.2010 ausgestellten, vom Präsidenten unterzeichneten Schreibens wurde J. S. als Missionarin der Kirche berufen. Das Schreiben beauftragt sie, voraussichtlich 18 Monate in der Deutsch-Österreichischen Mission M. zu arbeiten. Zur Vorbereitung möge sie sich am 30.7.2010 in der Missionarsschule in E. melden.
J. S. besuchte v. 30.7.2010 bis zum 18.8.2010 eine Missionarsschule in E.. Vom 19.8.2010 bis zum 15.9.2010 missionierte sie in S., daran anschließend war sie bis zum 27.10.2010 in W., tätig. Danach kehrte sie bis zum 8.12.2010 nach S. zurück. Vom 8.12.2010 bis zum 25.5.2011 war St. G. ihr Einsatzort, seit dem 25.5.2011 ist dies S..
Die Beanspruchung ihrer Tochter durch die Missionsarbeit skizziert die Klägerin wie folgt:
6.00 Uhr |
Aufstehen, Morgentoilette, Sport |
7.00 Uhr |
Morgenstudium |
8.00 Uhr |
Beginn der Missionstätigkeit |
12.00 Uhr |
Mittagspause |
13.00 Uhr |
Fortsetzung der Missionstätigkeit |
18.00 Uhr |
Abendessen und Erledigung persönlicher Angelegenheiten |
20.00 Uhr |
administrative Aufgaben oder Schriftstudium |
22.00 Uhr |
Bettruhe |
Montag |
Freier Tag zur eigenen Verfügung |
Dienstag bis Sonntag |
Tätigkeit als Missionar |
Im Rahmen der Missionstätigkeit erteilt die Tochter der Klägerin Englischunterricht, sie gestaltet Kinderfeste, sie betreibt Öffentlichkeitsarbeit, indem sie über die negativen Folgen des Drogen-, Alkohol- und Nikotinkonsums aufklärt und indem sie das Bewusstsein einer festen ehelichen Bindung als Grundlage für eine Familienpolitik verbreitet. Sie beteiligt sich an Musikkonzerten. Sie betreut außerdem ältere Personen, indem sie diese zu Gottesdiensten abholt oder gemeinsame Nachmittage mit diesen verbringt.
Nach den Angaben der Klägerin wird die Tochter während ihres Dienstes zusammen mit anderen Missionaren durch ein ehrenamtlich tätiges Missionsehepaar betreut. Die Betreuung findet ihren Ausdruck durch
- wöchentliche Abnahme der Kontrollberichte über die Arbeit als Missionare
- monatliche Zusammenkünfte aller Missionare aus dem Missionsfeld zwecks Schulung und Problemlösungen
- Training in der Führung von Gesprächen auf offener Straße und den Umgang mit Menschen
- Übertragung von Aufgaben und Führungsfunktionen auf die Missionare
- Einteilung der Missionare auf verschiedene Städte
- Regelung administrativer Aufgaben und Schulung bei der Übertragung dieser auf die jungen Missionare
- Kontrolle der Missionsziele
- Entlassung der Missionare aus dem Missionsfeld
- Übergabe Zeugnis und Referenzen für künftige Ausbildung
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