Entscheidungsstichwort (Thema)
Ruhegehaltszahlungen an Priester als Versorgungsbezüge. Im Steuerfestsetzungsverfahren grundsätzlich kein Werbungskostenabzug für Aufwendungen eines katholischen Priesters im Ruhestand. Berücksichtigung der Aufwendungen eines Priesters im Ruhestand im Billigkeitswege
Leitsatz (redaktionell)
1. Beim Ruhegehalt eines katholischen Priesters handelt es sich angesichts der unstreitigen Anknüpfung der Versorgung der katholischen Pfarrer in Deutschland an beamtenrechtliche Versorgungsregelungen um Versorgungsbezüge im Sinne des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b EStG. Die Ruhegehaltszahlungen stellen nachträgliches Entgelt für die in der Zeit vor dem Ruhestand geleistete Arbeit im Dienste der Kirche dar.
2. Das Ruhegehalt der katholischen Pfarrer wird unabhängig davon bezahlt, ob und ggf. in welchem Ausmaß später weitere Tätigkeiten wahrgenommen werden. Vor diesem Hintergrund sind nach dem Eintritt in den Ruhestand anfallende Aufwendungen eines katholischen Priesters im Zusammenhang mit einer freiwilligen Tätigkeit im Rahmen der Fokolar-Bewegung, Mess- oder Pfarrstellenvertretungen, Einladungen des Bischofs sowie sonstigen religiösen Veranstaltungen nicht durch die Erzielung des steuerpflichtigen Ruhegehalts veranlasst und daher insoweit nicht als Werbungskosten abziehbar. Es handelt sich insoweit auch nicht um nachträgliche Werbungskosten für die früheren Bezüge des Pfarrers aus seiner aktiven Dienstzeit. Die Aufwendungen können auch nicht als vorweggenommene Werbungskosten im Hinblick auf eine nach dem Streitjahr aufgenommene priesterliche, eigens vergütete Tätigkeit abgezogen werden, wenn diese Tätigkeit im Streitjahr noch nicht absehbar war.
3. Die Tätigkeiten eines katholischen Pfarrers im Ruhestand können aufgrund der kirchenrechtlichen Verpflichtungen eine andere Qualität als freiwilliges Engagement besitzen. Insoweit kann die vor dem Ruhestand gezahlte Vergütung eines katholischen Pfarrers auch als in der Erwartung geleistet angesehen werden, dass der Pfarrer im Ruhestand seine kirchenrechtlichen Verpflichtungen weiter erfüllt. Vor diesem Hintergrund kann es angezeigt sein, Aufwendungen eines Pfarrers im Ruhestand, die unmittelbar aus der Erfüllung von mit der Priesterweihe entstandenen kirchenrechtlichen Verpflichtungen resultieren und auf einer der Ausübung des Direktionsrecht des Arbeitgebers ähnlichen Weisung beruhen, im Wege einer Billigkeitsentscheidung nach § 163 AO wie Werbungskosten zu berücksichtigen. Das Billigkeitsverfahren ist ein gegenüber dem Steuerfestsetzungsverfahren eigenständiges, gesondertes Verwaltungsverfahren.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1, § 19 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Buchst. b, § 24 Nr. 2; AO § 163
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Dem Kläger werden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Tatbestand
Streitig ist der Werbungskostenabzug für einen katholischen Pfarrer im Ruhestand.
Der Kläger war Pfarrer der Römisch-Katholischen Kirche. Er wurde mit Wirkung zum 1. Juli 2004 in den Ruhestand versetzt. Im Streitjahr – 2005 – erhielt eine Ruhebesoldung, die in Anlehnung an beamtenversorgungsrechtliche Regelungen in der Höhe durch das letzte vom Kläger bekleidete Amt bestimmt wurde.
Der Kläger war im Streitjahr, wie in den Jahren zuvor, in der Fokolar-Bewegung aktiv. Er war der Gemeinschaft der Fokolarpriester in Ostdeutschland GbR zugehörig. Die Fokolarpriester praktizieren die Gütergemeinschaft. Insoweit legte der Kläger dem Beklagten eine Bescheinigung des Bistums DM vom 16.10.2006 und eine Bescheinigung des Erzbistums B. vom 27.9.2006 mit folgenden Inhalten vor:
Schreiben des Bistums DM:
„Hiermit bestätigen wir als oberste kirchliche Dienstbehörde des Bistums DM, dass Herr Pfarrer Dr. T., geboren am …, vom 1. Januar bis 31. Dezember 2005 als Priester im Bistum DM im Rahmen von Vertretungsdiensten in Pfarreien und Heimen sowie bei kirchlichen Veranstaltungen seelsorgerisch tätig war.
Herr Pfarrer Dr. T. gehört der Priesterschaft der Fokolare an. Die Priestergemeinschaft der Fokolare verfolgt und praktiziert die theologische Fortbildung, die geistliche Besinnung und das gemeinschaftliche Leben und entspricht den dienstlichen Obliegenheiten der Priester und fördert sie. Aus dieser Zugehörigkeit ergibt sich die Verpflichtung, an wöchentlichen Tagestreffen der Fokolarpriester auf diözesaner Ebene, monatlichen Tagestreffen auf Landesebene und mehrtägigen Treffen auf nationaler und internationaler Ebene mit dem Inhalt der theologischen Fortbildung und Besinnung teilzunehmen.
Aufwendungen, die in diesem Zusammenhang entstehen, hat Herr Pfarrer Dr. T. ausschließlich aus seinen Pensionsbezügen zu bestreiten. Erstattungen oder sonstige finanzielle Hilfen bzw. Vergünstigungen werden seitens des Bistums nicht gewährt.”
Bescheinigung des Erzbistums B.:
„Hiermit wird bescheinigt, dass
Herr Pfarrer Dr. T.
wohnhaft:
der anerkannten Priestergemeinschaft der Fokolare angehört.
Aufwendungen, die ihm im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit für diese Gemeinschaft im Jahr 2005 entst...