Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug aus Blutplasmalieferungen in das übrige Gemeinschaftsgebiet. Konkurrenz zweier Umsatzsteuerbefreiungen. Selbstbindung der Verwaltung an ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften
Leitsatz (redaktionell)
1. Handelt es sich bei einer Lieferung von Blutplasma um eine Ausfuhrlieferung nach § 6 UStG oder eine innergemeinschaftliche Lieferung nach § 6a UStG, die jeweils steuerbefreit sind, so geht die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 17 UStG vor. Ein Vorsteuerabzug ist somit nicht möglich.
2. Eine Selbstbindung der Verwaltung tritt nur bei solchen Verwaltungsanweisungen ein, die die Ausübung eines der Verwaltung eingeräumten Ermessens regeln.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 1 Buchst. a, Nr. 17 Buchst. a, §§ 6, 6a; AO § 5; GG Art. 3 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist der Vorsteuerabzug aus Blutplasmalieferungen in das übrige Gemeinschaftsgebiet.
Die Klägerin ist eine gemeinnützige GmbH, deren Zweck unter anderem die Sammlung, Aufbereitung, Konservierung und Verteilung von menschlichem Blut und Bestandteilen des menschlichen Blutes sowie deren Anwendung am Menschen und Abgabe an Krankenanstalten und andere öffentliche und private Einrichtungen der Gesundheitspflege für Heilzwecke sowie alle damit verbundenen ärztlichen und transfusionsmedizinischen Dienstleistungen im Rahmen des Zweckbetriebs ist.
Die Klägerin erklärte in der Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 steuerpflichtige Umsätze zu 16 % in Höhe von DM 1.909.408 sowie Vorsteuern in Höhe von DM 181.750,82. Die Jahresumsatzsteuer 2001 betrug DM 363.965,66 (EUR 186.092,69). 2002 erklärte die Klägerin EUR 707.987 steuerpflichtige Umsätze und EUR 71.759 abziehbare Vorsteuer, die Jahresumsatzsteuer 2002 betrug EUR 147.528,69. Das Finanzamt X führte für die Jahre 1998 bis 2002 eine Außenprüfung durch. In Auswertung der Prüfung änderte am 1. Februar 2007 das Finanzamt Y den Bescheid für 2001 (DM 382.910), für 2002 ergaben sich keine Änderungen. Den Vorbehalt der Nachprüfung hob es jeweils auf. Dagegen legte die Klägerin am 14. Februar 2007 Einspruch ein und beantragte zusätzlich zu den bisher geltend gemachten Vorsteuerbeträgen solche aus Blutplasmalieferungen ins Ausland für 2001 in Höhe von EUR 634.476,27 und für 2002 von EUR 987.970,85.
Im Jahr 2009 überprüfte das Finanzamt X den Vorsteuerabzug aus Plasmalieferungen ins Ausland. Dabei stellte es fest, dass in den Jahren 2001 und 2002 an die Abnehmer A/B und C Blutplasma geliefert worden sei. Die Vorsteuer für 2001 betrage DM 162.805,85, so dass die Umsatzsteuer 2001 auf DM 382.110,63 festzusetzen sei. Für 2002 betrage die Vorsteuer EUR 546.821,79, woraus sich eine Umsatzsteuer für 2002 von ./. EUR 327.713,79 ergebe.
Dabei sei davon auszugehen, dass die Lieferungen an die Firma B ein Reihengeschäft sei. Die Firma in Italien beauftragte die Speditionen, welche das Blutplasma in D (Deutschland) abholten und nach Italien gebracht hätten. Die Rechnungslegung sei an eine Gesellschaft in E (USA) gelegt worden. Daher liege die bewegte Lieferung von den USA nach Italien vor, die Lieferung von Deutschland nach den USA sei die unbewegte Lieferung. Deutschland sei der Ort, an dem die unbewegte Beförderung beginne. Daher liege keine Ausfuhrbefreiung nach § 4 Nummer 1a UStG vor. Aufgrund der Steuerbefreiung von § 4 Nr. 17 UStG sei der Vorsteuerabzug zu versagen.
Ferner habe die Klägerin in den Jahren 2001 und 2002 Blutplasma an die Firma C1 in F (Deutschland) geliefert. Dieses Plasma sei zur Weiterverarbeitung an die Firma C2 in G (Österreich) geliefert worden, wobei die österreichische Firma Speditionen beauftragte und das Plasma in D (Deutschland) abgeholt habe. Die Rechnungslegung sei an die C3 in H in der Schweiz erfolgt. Teilweise sei sie an die C1 in F (Deutschland) vorgenommen worden. An die C1 sei die Lieferung nicht mit einer Umsatzsteueridentifikationsnummer abgerechnet worden. Daher liege ein Reihengeschäft vor, weil mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand ein Geschäft abschlossen hätten. Es liege eine Versendung durch den letzten Abnehmer vor, dies sei die Firma C in G (Österreich), da diese die Spedition beauftragt habe. Die bewegte Lieferung sei daher von Deutschland nach Österreich. Die Lieferung von D nach F sei die unbewegte Lieferung, so dass der Ort der unbewegten Lieferung in Deutschland sei. Es liege die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 17 UStG vor, so dass der Vorsteuerabzug entfalle. Mit Einspruchsentscheidung von 24 April 2012 wies das nunmehr zuständige Finanzamt Z die Einsprüche zurück.
Die Klägerin ist der Auffassung dass ihr der Vertrauensschutz in Bezug auf den Abschnitt 204 Abs. 4 UStR zustehe. Die angefochtenen Bescheide der Außenprüfung seien vor Veröffentlichung des vom Beklagten zentral bezogenen EuGH-Urteils ergangen. Die Veröffentlichung sei parallel zum Ein...