Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzug des pauschalierten Unterhaltsfreibetrages für Kinder beim Einkommen der Prozesskostenhilfe beantragenden Partei
Leitsatz (redaktionell)
Im Rahmen des Prozesskostenhilfebewilligungsverfahrens sieht § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 Buchst. b) ZPO keine Aufteilung der Unterhaltskostenpauschale für Kinder auf weitere Unterhaltsverpflichtete vor. Das Gesetz bestimmt ohne Ausnahmeregelung, dass vom Einkommen der Prozesskostenhilfe beantragenden Partei bestimmte Pauschalen abzusetzen sind, darunter auch der Unterhaltsfreibetrag. Dabei geht das Gesetz bewusst den Weg der Pauschalierung, um den Richter von weiteren Ermittlungen und Berechnungen freizustellen. Die Gerichte sind an diese gesetzliche Regelung gebunden.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Buchst. b), S. 7, Abs. 2, § 117 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Leipzig (Entscheidung vom 20.02.2018; Aktenzeichen 3 Ca 3985/17) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors vom 09.03.2018 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Leipzig vom 20.02.2018 - 3 Ca 3985/17 - wird
z u r ü c k g e w i e s e n .
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger hatte Prozesskostenhilfe beantragt.
Ausweislich der von ihm vorgelegten Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist er geschieden und gewährt zwei mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden, nicht erwerbstätigen Kindern Unterhalt. Ob die geschiedene Ehefrau des Klägers Einkommen erzielt, ist nicht bekannt.
Das Arbeitsgericht hat dem Kläger Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung bewilligt.
Hiergegen hat der Bezirksrevisor Beschwerde eingelegt. Er ist der Ansicht, dass der wegen der Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern gemäß § 115 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 b ZPO anzusetzende Freibetrag auf beide Elternteile mit Erwerbseinkommen aufzuteilen sei. Da dann bei dem Kläger lediglich die Hälfte dieser Freibeträge anzurechnen sei, verbleibe ein zu berücksichtigendes Einkommen des Klägers, wonach er monatliche Raten zu zahlen habe.
II.
1. Die gemäß § 127 Abs. 3 ZPO zulässige Beschwerde ist unbegründet. Strittig hier ist einzig der Umfang der Berücksichtigung des Freibetrages für die beiden minderjährigen Töchter des Antragstellers/Klägers.
In Rechtsprechung und Literatur wird dazu vertreten, dass der Freibetrag im Verhältnis der Einkommen beider Elternteile zueinander aufzuteilen ist (so: LAG Bremen NJW 1982, 2462; noch differenzierter OVG Münster RPfl 1986, 406; Zimmermann PKH Rn. 102; Musielak/Voit 15. Auflage § 115 Rn. 18), dass dem Einkommen des Antragstellers der von dem anderen Elternteil zu leistende Beitrag als ersparter Barunterhalt zuzurechnen ist (so: OLG Celle MDS RPflG 1986, 103) oder das beide Elternteile den vollen Freibetrag in Anspruch nehmen können (so: OLG Karlsruhe JurBüro 1990, 99; LAG Baden-Württemberg NZA 1985, 788; Kalthoehner/Büttner Rn. 271; Zöller/Philippi 31. Auflage § 115 Rn. 31; MüKoZPO/Wachs § 115 Rn. 40; Stein/Jonas/Bork § 115 Rn. 48; OLG Hamm 20.02.2007 - 19 W 1/07 -, MDR 2007, 973), wobei jeweils auch noch danach unterschieden werden könnte, ob nur ein oder beide Elternteile Prozesskostenhilfe beantragen (so: OLG Hamburg FamRZ 1986, 187; Stein/Jonas/Bork a. a. O.).
Für die anteilmäßige Anrechnung eines Freibetrages auf beide Erwerbstätige wird vorgebracht, dass die Berücksichtigung des vollen Freibetrages bei jedem erwerbstätigen Elternteil zu einer Besserstellung der Familien mit zwei Erwerbstätigen gegenüber den Familien mit nur einem Erwerbstätigen führe und nach Ansicht des Beschwerdeführers eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung zwischen denjenigen Eltern auftreten würde, die beide Naturalunterhalt leisten und denjenigen, bei denen ein Elternteil Barunterhalt gewähre. Denn nach § 115 Abs. 1 Satz 7 ZPO ist Einkommen - dazu gehört auch unstreitig Barunterhalt - auf den Freibetrag anzurechnen. Damit kann im Extremfall der Freibetrag bei hohen Barunterhaltsleistungen des anderen Elternteils völlig entfallen. Folglich wäre es nicht gerechtfertigt, in den Fällen, in denen beide Elternteile Naturalunterhalt gewähren, beiden den vollen Freibetrag anzurechnen.
Allerdings wendet § 115 ZPO das Prinzip der Pauschalierung an, wogegen sich eine ganze Reihe weiterer Gerechtigkeitsargumente finden ließen. Es gehört zum Wesen der Pauschalierung, nicht auf den Einzelfall und die konkreten Aufwendungen abzustellen. So kann sich auch der Unterhaltsanspruch eines Kindes erhöhen, wenn statt eines Elternteils beide Einkommen beziehen (vgl. LAG Hamm a. a. O.).
Letztendlich ausschlaggebend für die nunmehr vertretene Ansicht des Sächsischen Landesarbeitsgerichts, dass seine bisherige Rechtsprechung zur Aufteilung der Freibeträge für unterhaltsberechtigte Kinder bei Erwerbseinkommen beider Elternteile hiermit aufgibt, ist der Umstand, dass § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 b ZPO eine Aufteilung der Unterhaltspauschale auf mehrere Unterhaltspflichtige gerade nicht vorsieht. Dem Gesetzgeber wird - wie das OLG Hamm a. a. O. ausführt und dem sich die Beschwe...