Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert. Auflösungsantrag. keine Streitwerterhöhung

 

Leitsatz (amtlich)

Auflösungsantrag nach § 9 KSchG ist nicht gesondert zu bewerten und wirkt sich nicht streitwerterhöhend aus (Aufgabe der bisherigen gegenteiligen Rechtssprechung der Beschwerdekammer).

 

Orientierungssatz

Streitwertbeschwerde

 

Normenkette

KSchG § 9; GKG § 42 Abs. 4 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Chemnitz (Beschluss vom 15.11.2004; Aktenzeichen 9 Ca 3339/04)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 15.11.2004 – 9 Ca 3339/04 –

wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die 1952 geborene Klägerin ist seit dem 01.06.1988 bei der Beklagten als Mitarbeiterin Textildruck zu einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von zuletzt 862,40 EUR beschäftigt.Mit Schreiben vom 28.06.2004, der Klägerin zugegangen am 29.06.2004,sprach die Beklagte gegenüber der Klägerin eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung zum 31.08.2004 aus.

Mit der beim Arbeitsgericht Chemnitz eingegangenen Klage hat die Klägerinbeantragt:

Es wird festgestellt, dass das Beschäftigungsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung vom 28.06.2004 zum 31.08.2004 endet.

In der Güteverhandlung vom 26.08.2004 beantragte die Klägerin weiterhin ihre Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens.

Die Beklagte beantragt in der mündlichen Verhandlung vom 03.11.2004 Klageabweisung sowie hilfsweise, das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zum 31.08.2004 aufzulösen.

Das Verfahren endete am 03.11.2004 durch Vergleich vor dem Arbeitsgericht Chemnitz. Auf den Wortlaut und den Inhalt dieses Vergleiches wird Bezug genommen (Bl. 92/93 d. A.). Auf Antrag beider Parteivertreter hat das Arbeitsgericht Chemnitz nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss vom 15.11.2004 den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit auf 3.449,60 EUR festgesetzt, wobei es den Feststellungsantrag mit drei Monatsgehältern á 862,40 EUR, den Weiterbeschäftigungsantrag mit einem Monatsgehalt und den Auflösungsantrag der Beklagten nicht streitwertmäßig berücksichtigte.

Gegen diesen Beschluss vom 15.11.2004 legte der Beklagtenvertreter/Beteiligte zu 1. mit Schriftsatz vom 30.11.2004, beim Arbeitsgericht Chemnitz eingegangen am 01.12.2004, sofortige Beschwerde mit der Begründung ein, dass auch der Auflösungsantrag bei der Festsetzung des Streitwerts mit einem Bruttomonatsgehalt zu bewerten sei.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 03.12.2004, auf dessen Begründung Bezug genommen wird (Bl. 135 d. A.), der sofortigen Beschwerde des Beklagtenvertreters/Beteiligten zu 1. nicht abgeholfen und sie dem Sächsischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die seitens des Beteiligten zu 1. eingelegte sofortige Beschwerde ist statthaft, da sie eine Streitwertheraufsetzung zum Ziel hat. Die im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde (§§ 32 Abs. 2 RVG, 68 Abs. 1 Satz 3, 63 Abs. 3 Satz 2 GKG) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 15.11.2004 hat keinen Erfolg, soweit es um eine Erhöhung des Gebührenstreitwerts wegen des Auflösungsantrags der Beklagten nach § 9 KSchG geht.

Die Beschwerdekammer hat zwar wiederholt entschieden, dass neben dem Kündigungsschutzantrag auch der Auflösungsantrag streitwertmäßig zu berücksichtigen und mit einem Monatsgehalt zu bewerten sei (vgl. statt vieler: Beschlüsse vom 28.08.2002 – 4 Ta 61/02 – und vom 17.02.2002 – 4 Ta 341/02 –), wobei diese Auffassung auch von anderen Landesarbeitsgerichts und im Schrifttum vertreten wird (vgl. LAG Berlin vom 30.12.1999 – 7 Ta 6121/99 –; zustimmend Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 4. Aufl., § 12 Rz. 115; Müller, Der Auflösungsantrag des Arbeitgebers, Diss. 2004, § 8 VIII, S. 146 m. w. N.). Diese Rechtsprechung der Beschwerdekammer wird jedoch nicht mehr aufrechterhalten, denn sie stellt zu sehr auf den Umstand ab, dass es sich bei dem Auflösungsantrag und dem Kündigungsschutzantrag um zwei verschiedene Streitgegenstände handelt und berücksichtigt nicht genügend, dass eine Überschreitung der Höchstgrenze des § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG nach dem Sinn und Zweck des § 42 Abs. 1 Satz 4 GKG nicht möglich bzw. unzulässig ist.

Das Beschwerdegericht schließt sich vielmehr der Auffassung des Landesarbeitsgerichts München, Beschluss vom 14.09.2001 – 4 Ta 200/01NZA-RR 2002, 493 sowie der Auffassung des Landesarbeitsgerichts Hamburg im Beschluss vom 26.06.2001 (2 Ta 12/01) an und lehnt die Auffassung des Landesarbeitsgerichts Berlin im Beschluss vom 30.12.1999 (7 Ta 6121/99 [Kost], LAGE § 12 ArbGG 1999 Streitwert Nr. 119 b) ab.

Nach allgemeiner und langjähriger Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum wird der Auflösungsantrag nach § 9 KSchG nicht besonders bewertet und wirkt sich auch nicht streitwerterhöhend aus (vgl. bereits BAG, Beschluss vom 20.01.1960 – 2 AZR 519/57 – AP Nr. 7 zu § 12 ArbGG 1953; KR-Spilger, 6. Aufl., § 9 KSchG Rz. 93, 94; GK-ArbGG/Wenzel, Rz. 118 i. V. m. Rz. 103 zu § 12; vgl. des Weiteren de...

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