Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten einer Klage eines besonderen Vertreters eines Vereins. Eigenschaft als Arbeitnehmer
Leitsatz (amtlich)
Ein besonderer Vertretrer des Vereins i.S.d. § 30 Abs.1 BGB, der als Geschäftsführer des Vereins tätig ist, kann als arbeitnehmerähnliche Person anzusehen sein.
Für die Abgrenzung, ob der besondere Vertreter für den Verein arbeitgeberähnlich oder arbeitnemerähnlich tätig wird, kommt es auf den Umfang der ihm übertragenen Geschäfte an.
Normenkette
ArbGG § 5 Abs. 1 S. 2; BGB §§ 30, 30 Abs. 1; ArbGG § 5 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Leipzig (Entscheidung vom 11.01.2024; Aktenzeichen 8 Ca 2997/23) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Leipzig vom 11.1.2024 abgeändert und der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für zulässig erklärt.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.760,00 € festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten des Beschwerdeverfahrens ist die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten streitig.
In der Satzung des Beklagten, einem eingetragenen Verein, heißt es auszugsweise:
§ 6 Vereinsorgane
1. Die Organe des Vereins sind
a. die Mitgliederversammlung
b. der Vorstand
2. (...) Darüber hinaus kann durch den Vorstand ein zeichnungsberechtigter Geschäftsführer berufen werden.
§ 10 Geschäftsführung
Der Vorstand kann neben dem Vorstand einen zeichnungsberechtigten Geschäftsführer als besonderen Vertreter i.S.d. §30 BGB bestellen. Dieser handelt für bestimmte Geschäftskreise selbstständig und eigenverantwortlich und repräsentiert diesbezüglich den Verein. In den Vorstandssitzungen hat der Geschäftsführer ein Antragsrecht, aber kein Stimmrecht. Im Einzelnen regelt der Vorstand die Befugnisse und Aufgaben des Geschäftsführers in einem gesonderten Geschäftsführervertrag.
Der Beklagte beschäftigt 35 Mitarbeiter und erzielt einen Umsatz von ca. 1,8 Mio. € pro Jahr. Die Beschwerdeführerin war bei dem Beklagten aufgrund eines Geschäftsführervertrages vom 25.7.2019 bei einer Arbeitszeit vom 40 Stunden pro Woche gegen ein Bruttoentgelt von 3.800,00 € beschäftigt. In dem Geschäftsführervertrag ist auszugsweise geregelt:
§ 1 Vertretung
Der Geschäftsführer übernimmt ab 01.08.2019 die Stellung als Geschäftsführer des SKZ und vertritt diese gerichtlich und außergerichtlich. Von den Beschränkungen des § 181 BGB ist er befreit.
§ 2 Geschäftsführung
Der Geschäftsführer führt die Geschäfte nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung des SKZ, der Geschäftsordnung, der Beschlüsse und Weisungen des Vorstandes des SKZ sowie diesem Anstellungsvertrag.
Der Geschäftsführer ist verantwortlich und zuständig für die gesamten Bereiche der Geschäftsführung des SKZ.
ln diesem Rahmen erstreckt sich die Geschäftsführungsbefugnis des Geschäftsführers auf alle Handlungen, die der gewöhnliche Geschäftsbetrieb mit sich bringt. lm Übrigen bedürfen die folgenden Geschäfte der ausdrücklichen vorherigen Zustimmung des Vorstandes.
Hierzu zählen
- Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken, Rechten an Grundstücken oder Rechte an einem Grundstücksrecht sowie die Verpflichtung zur Vornahme der derartigen Verfügungen.
- Der Erwerb und Veräußerung von Unternehmen, der Erwerb, die Änderung oder Kündigung von - auch stillen - Beteiligungen einschließlich des Erwerbs von Geschäftsanteilen.
- Anschaffungen und lnvestitionen einschließlich von Baumaßnahmen, wenn die Kosten der Eigenmittel 10.000,00 € im Einzelfall übersteigen. Dazu zählt auch der Abschluss von entsprechenden Verträgen.
- Die Einstellung, Abmahnung, Entlassung oder Höhergruppierung von leitenden Mitarbeitern ab einem Bruttolohn von 2000 Euro im Monat.
- Die Erteilung von Generalvollmachten
Das SKZ ist berechtigt, dem Geschäftsführer andere Aufgabenbereiche zuzuweisen. Der Katalog der Geschäfte und Maßnahmen, deren Ausübung der vorherigen Zustimmung des Vorstandes bedarf, kann jederzeit durch Beschluss des Vorstandes des SKZ erweitert oder eingeschränkt werden.
Mit Schreiben vom 11.12.2019 erteilte der Vorstand des Beklagten der Beschwerdeführerin sodann folgende Vollmacht:
§1 - Besonderer Vertreter
Die Geschäftsführerin ist angestellt als Besonderer Vertreter nach § 30 BGB. lm Rahmen dieser Aufgaben wird die Geschäftsführerin nach § 30 Satz 2 BGB bevollmächtigt den Verein nach außen im Rechtsgeschäftsverkehr zu vertreten.
§2 - Vollmachtsumfang
Die Befugnis nach § 30 BGB gilt umfassend. Folgende Geschäfte sind jedoch davon ausgenommen:
- Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken, Rechten an Grundstücken oder Rechte an einem Grundstücksrecht sowie die Verpflichtung zur Vornahme derartiger Verfügungen.
- Der Erwerb und die Veräußerung von Unternehmen, der Erwerb, die Änderung oder Kündigung von - auch stillen - Beteiligungen einschließlich des Erwerbs von Geschäftsanteilen.
- Ans...