Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozeßkostenhilfe für Insolvenzverwalter. Prozeßkostenhilfe. Insolvenzverwalter. Rechtsanwalt. Beiordnung
Leitsatz (amtlich)
Der (persönlichen) Bewilligung der Prozeßkostenhilfe nach § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO steht weder entgegen, daß ein Rechtsanwalt als Insolvenzverwalter Partei (kraft Amtes) ist, noch, daß die beabsichtigte Prozeßführung möglicherweise teilweise auch der Realisierung seiner Vergütungsansprüche dient.
Normenkette
ZPO § 116 S. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
ArbG Bautzen (Beschluss vom 11.09.2002; Aktenzeichen 8 Ca 8337/02) |
AK Görlitz |
Tenor
Auf die als sofortige Beschwerde des Beklagten zu verstehende Beschwerde vom 17.09.2002 wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Bautzen vom 11.09.2002 – 8 Ca 8337/02 –
abgeändert:
1. Dem Beklagten wird antragsgemäß Prozeßkostenhilfe für den Ersten Rechtszug bewilligt.
2. Dem Beklagten wird antragsgemäß Frau Rechtsanwältin … aus … beigeordnet zu den Bedingungen einer im Bezirk des Arbeitsgerichts Bautzen zugelassenen Rechtsanwältin.
3. Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse sind nicht aufzubringen. Am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten ist nicht zuzumuten, Kosten aufzubringen.
4. Damit ist die Nichtabhilfeentscheidung des Arbeitsgerichts Bautzen vom 24.09.2002 – 8 Ca 8337/02 – erledigt.
Tatbestand
I.
In dem Beschwerdeverfahren geht es darum, ob dem mit einer Klage auf Feststellung einer Forderung in Anspruch genommenen Insolvenzverwalter Prozeßkostenhilfe (für den Ersten Rechtszug) zu bewilligen und eine Rechtsanwältin beizuordnen ist.
Die strittig gebliebene Forderung ist eine Lohnforderung. Diese resultiert aus einer nicht weitergegebenen tariflichen Lohnerhöhung. Hier steht die Anwendbarkeit der dafür maßgeblichen Tarifverträge (des Einzelhandels) aufgrund arbeitsvertraglicher Abrede der – anwaltlich vertretenen – Klägerin mit der Schuldnerin in Rede.
Bei einer Gegenüberstellung der vorhandenen Masse, der Massekosten und der Masseverbindlichkeiten ergibt sich eine Unterdeckung in Höhe von 408.800,12 EUR. Den an dem Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten ist nach Vorbringen des Beschwerdeführers nicht zuzumuten, die Kosten aufzubringen.
Die beabsichtigte Rechtsverteidigung dient teilweise auch der Realisierung der Vergütungsansprüche des Beklagten.
Das Arbeitsgericht hat bereits die Möglichkeit der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe in Abrede gestellt. Bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens seien etwaige Mehrkosten für die Prozeßführung mit einzuplanen. Sei die Masse so knapp bemessen, daß eine normale Rechtsanwaltsvergütung bereits zur Massearmut führe, hätte das Insolvenzverfahren ggf. wegen Massearmut erst nicht eröffnet werden dürfen. Hierzu hat sich das Arbeitsgericht auf einen Beschluß des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 20.11.2001 – 4 Ta 151/01 – bezogen.
Auch die Beiordnungsvoraussetzungen hat das Arbeitsgericht nicht erkannt, weil es sich bei dem Beklagten um einen zugelassenen Rechtsanwalt handelt.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den angefochtenen Beschluß und die Nichtabhilfeentscheidung ebenso verwiesen wie auf die Antragsschrift vom 15.08.2002 sowie die Beschwerdebegründung.
Entscheidungsgründe
II.
Die beantragte Prozeßkostenhilfe ist zu bewilligen. Die beabsichtigte Rechtsverteidigung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint auch nicht mutwillig (§ 114 ZPO). In dem schriftlichen Arbeitsvertrag der Klägerin mit der Schuldnerin fehlt hinsichtlich der Entgelthöhe eine ausdrückliche Abrede der Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder der Tarifverträge einer bestimmten Branche. Bezug genommen ist der Sache nach möglicherweise nur auf eine bestimmte Beschäftigungsgruppe/Lohngruppe „K 2”). Es muß der Hauptsache überlassen bleiben aufzuklären, was dies bedeuten soll. Selbst wenn es wegen der Möglichkeit der Anwendbarkeit eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrages auf eine arbeitsvertragliche Abrede zwischen der Klägerin und der Schuldnerin hinsichtlich der Anwendbarkeit tariflicher Regelungen nicht ankäme, müßte zunächst geprüft werden, ob die Schuldnerin unter den fachlichen Geltungsbereich des entsprechenden Tarifvertrages fällt (bzw. hinsichtlich des Streitzeitraums: gefallen ist).
Prozeßkostenhilfe erhält auf seinen diesbezüglichen Antrag nach § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO auch der beklagte Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes. Diese Vorschrift hat die 4. Kammer des Sächsischen Landesarbeitsgerichts in der vom Arbeitsgericht Bautzen angezogenen Entscheidung ebensowenig geprüft wie das Arbeitsgericht in seiner angefochtenen Entscheidung oder der Nichtabhilfeentscheidung selbst. Aus der Vorschrift ergibt sich jedenfalls nicht, daß Prozeßkostenhilfe schon nicht zu bewilligen wäre, wenn ein Rechtsanwalt Partei (kraft Amtes) ist. Erforderlich für die (persönliche) Bewilligung der Prozeßkostenhilfe ist nach § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO vielmehr nur, daß die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rec...