Entscheidungsstichwort (Thema)
Gebührenrechtliche Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts
Leitsatz (amtlich)
Der für den Fall des Obsiegens mit dem Kündigungsschutzantrag gestellte Weiterbeschäftigungsantrag erhöht den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit nur, wenn über ihn entschieden wird oder wenn eine der gerichtliche Entscheidung vergleichbare zukunftsbezogene Regelung in einem Vergleich getroffen wird.
Die abweichende frühere Rechtsprechung des Sächsischen Landesarbeitsgerichts (SächsLAG, Beschluss vom 8.11.2010, Az. 4 Ta 211/10 (2); SächsLAG, Beschluss vom 11.5.2015, 4 Ta 268/14, juris) wird aufgegeben.
Normenkette
GKG § 45 Abs. 1 S. 2, Abs. 4; RVG § 33 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Dresden (Entscheidung vom 06.02.2024; Aktenzeichen 3 Ca 2185/23) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dresden vom 6.2.2024 wird
zurückgewiesen .
Gründe
I.
Die Klägerin war bei der Beklagten gegen ein Bruttomonatsentgelt von 2.105,20 € beschäftigt. In der Hauptsache führte sie Kündigungsschutzklage gegen eine außerordentliche fristlose, hilfsweise ordentlich erklärte Kündigung vom 20.10.2023 mit den Anträgen
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 20.10.2023 nicht aufgelöst wurde.
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis über den 20.10.2023 hinaus fortbesteht,
- für den Fall des Obsiegens zu Ziff. 1 die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens als Verkäuferin an ihrem bisherigen Arbeitsplatz in ... zu unveränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen.
Das Hauptsacheverfahren endete durch einen am 30.1.2024 gerichtlich festgestellten Vergleich. Dessen Nr.5 lautet:
- Die Parteien sind sich einig, dass der von der Klägerin in der Klageschrift gestellte Weiterbeschäftigungsantrag mit Abschluss dieses Vergleiches erledigt ist.
Wegen des Vergleichswortlauts im Übrigen wird auf Bl. 46/47 der Akte des Arbeitsgerichts verwiesen.
Auf Antrag der Klägervertreter setzte das Arbeitsgericht den Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit in dem angefochtenen Beschluss vom 6.2.2024 auf 6.315,60 € für das Verfahren sowie auf 8.420,40 € für den Vergleich fest. Zur Begründung führte es aus, der Wert für das Verfahren sei nach § 42 Abs. 2 GKG auf die Vergütung für ein Vierteljahr festzusetzen. Der Weiterbeschäftigungsantrag sei dem Verfahrenswert nicht hinzuzurechnen, weil er als Hilfsantrag nach § 45 Abs. 4 i.V.m. § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG unberücksichtigt zu bleiben habe. Als Vergleichsmehrwert sei ein Bruttomonatsgehalt festzusetzen, weil sich die Parteien auf die Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses mit einer guten Leistungs- und Führungsbeurteilung geeinigt hätten.
Gegen den am 8.2.2024 zugestellten Beschluss legten die Beschwerdeführer am 21.2.2024 Beschwerde ein. Sie machen geltend, für den Weiterbeschäftigungsantrag sei der Wert des Verfahrens um ein Bruttomonatsgehalt zu erhöhen. Die Parteien hätten in Nr. 5 des Vergleichs eine Regelung über den Weiterbeschäftigungsantrag getroffen.
Das Arbeitsgericht half der sofortigen Beschwerde nicht ab und legte sie dem Sächsischen Landesarbeitsgericht als zuständigem Beschwerdegericht vor.
II.
1. Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 6.2.2024 ist nach § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthaft. Sie richtet sich gegen einen Beschluss nach § 33 Abs. 1 RVG, mit dem das Arbeitsgericht den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig festgesetzt hat, weil es nach Abschluss des Vergleichs, der nach Vorbemerkung 8 zu Teil 8 der Anl. 1 zum GKG zum Wegfall der Gerichtsgebühr führt, an einem für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Wert fehlt. Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig, denn der von § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG vorausgesetzte Beschwerdewert von 200,00 € ist überschritten und die zweiwöchige Beschwerdefrist des § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG ist eingehalten.
2. Der Beschwerde ist jedoch kein Erfolg beschieden. Das Arbeitsgericht hat es zu Recht abgelehnt, für den mit Antrag 3 der Klage hilfsweise gestellten Weiterbeschäftigungsantrag einen Gegenstandswert von einem Bruttomonatsgehalt festzusetzen.
a) Wird Weiterbeschäftigung "für den Fall des Obsiegens" mit dem Kündigungsschutzantrag verlangt, liegt ein unechter oder uneigentlicher Hilfsantrag vor. Für diesen gilt nach übereinstimmender obergerichtlicher Rechtsprechung § 45 Abs.1 Satz 2 GKG (BAG, Beschluss vom 13.8.2014, Az. 2 AZR 871/12, juris, Rn. 4 und 5; BGH, Beschluss vom 8.4.2014, XI ZR 335/12, juris,). Danach wird der hilfsweise geltend gemachte Anspruch mit dem Hauptanspruch nur zusammengerechnet, wenn eine Entscheidung über ihn ergeht. Mithin findet die in § 39 Abs.1 GKG grundsätzlich vorgesehene Wertaddition in der Konstellation Haupt- und Hilfsantrag nur nach Maßgabe der spezielleren Bestimmung des § 45 Abs.1 Satz 2 GKG statt.
Die anderslautende Rechtsprechung des Sächsischen Landesarbeitsgerichts zur Bewertung des als Hilfsantrag g...