Entscheidungsstichwort (Thema)

Fortgeltung der AVR des Caritas-Verbandes bei Betriebsübergang auf einen nicht kirchlichen Arbeitgeber

 

Leitsatz (amtlich)

Keine Übertragbarkeit der Entscheidung des EuGH vom 18. Juli 2013 - C-426/11 - (Alemo-Herron) auf das deutsche Recht

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist im Arbeitsvertrag die dynamische Geltung der AVR (hier: des Caritas-Verbandes) vereinbart, so gilt dies nach einem Betriebsübergang auch dann, wenn es sich nunmehr um einen nicht kirchlichen Arbeitgeber handelt.

2. Dem steht die Entscheidung des EuGH - C 426/11 - 18.07.2013 - (Alemo-Herron) nicht entgegen, da diese zum englischen Recht ergangen ist, das keine unmittelbare und zwingende Wirkung von Tarifverträgen kennt.

 

Normenkette

BGB § 613a Abs. 1 S. 1, §§ 133, 157; RL 31/2001/EG

 

Verfahrensgang

ArbG Dresden (Entscheidung vom 04.04.2016; Aktenzeichen 7 Ca 3458/15)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 4. Mai 2016 - 7 Ca 3458/15 - wird auf Kosten der Beklagten

z u r ü c k g e w i e s e n .

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte an den Kläger die von der Arbeitsrechtlichen Kommission des ... der ... Kirche in Deutschland zum 1. Januar 2015 und zum 1. Oktober 2015 beschlossenen Entgelterhöhungen zu zahlen hat.

Der Kläger war seit dem 1. August 2010 beim Rechtsvorgänger der Beklagten, dem ... e. V., als Rettungssanitäter beschäftigt. Nach § 5 des Dienstvertrages vom 11. Juni 2010 (Anlage K 1, Bl. 20 ff. d. A.) gelten "die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes" (AVR) in ihrer jeweils geltenden Fassung. Mit Wirkung zum 1. April 2013 wurde der Kläger in die Vergütungsgruppe 8 Ziffer 1 Anlage 2 b der AVR eingruppiert und entsprechend bezahlt. Die Rettungswache ..., in der der Kläger beschäftigt war, ging mit Wirkung zum 1. Januar 2015 im Wege des Betriebsübergangs auf die Beklagte über. Die Regionalkommission Ost beschloss am 29. Januar 2015 Entgelterhöhungen zum 1. Januar 2015 und zum 1. Oktober 2015 (Anlage B 1, Bl. 63 ff. d. A.). Dieser Beschluss wurde vom zuständigen Bischof kirchenrechtlich in Kraft gesetzt. Danach erhöhte sich das Entgelt des Klägers zum 1. Januar 2015 um 45,83 € brutto monatlich und zum 1. Oktober 2015 um insgesamt 108,30 € brutto monatlich. Diese Entgelterhöhungen bezahlte die Beklagte an den Kläger nicht.

Der Kläger hat vorgetragen, § 5 des Dienstvertrages enthalte eine dynamische Bezugnahmeklausel. Deshalb seien die AVR mit der Folge dynamisch anwendbar, dass die Beklagte als Betriebserwerberin verpflichtet sei, auch nach dem Betriebsübergang erfolgte Entgelterhöhungen an den Kläger zu bezahlen. Eine dynamische Weitergeltung der in Bezug genommenen AVR auch beim Betriebserwerber sei auch europarechtlich zulässig. Es liege kein Verstoß gegen die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 vor.

Der Kläger hat beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger restliche Vergütung für den Monat Januar 2015 in Höhe von 45,83 € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Februar 2015 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger restliche Vergütung für den Monat Februar 2015 in Höhe von 45,83 € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. März 2015 zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger restliche Vergütung für den Monat März 2015 in Höhe von 45,83 € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2015 zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger restliche Vergütung für den Monat April 2015 in Höhe von 45,83 € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2015 zu zahlen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger restliche Vergütung für den Monat Mai 2015 in Höhe von 45,83 € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2015 zu zahlen.

6. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger restliche Vergütung für den Monat Juni 2015 in Höhe von 45,83 € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2015 zu zahlen.

7. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger restliche Vergütung für den Monat Juli 2015 in Höhe von 45,83 € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2015 zu zahlen.

8. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger restliche Vergütung für den Monat August 2015 in Höhe von 45,83 € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2015 zu zahlen.

9. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger restliche Vergütung für den Monat September 2015 in Höhe von 45,83 € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2015 zu zahlen.

10. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger restliche Vergütung für den Monat Oktober 2015 in...

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