Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin/wissenschaftlichen Assistentin
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei einer Drittmittelbefristung muss die Dauer der Befristung eines Arbeitsverhältnisses grundsätzlich dem Bewilligungszeit der Drittmittel entsprechen, da die inhaltliche Fremdbestimmung der Tätigkeit durch den Drittmittelgeber das wesentliche Merkmal der Drittmittelforschung darstellt. Diese Voraussetzung liegt nicht vor, wenn ein Arbeitnehmer bereits auf der Grundlage einer vorangehenden, nicht mit einem bestimmten Projekt unterlegten Drittmittelbefristung beschäftigt wurde und im Rahmen des Arbeitsvertrages einem anderen laufenden Projekt zugeordnet wird. Das gilt insbesondere dann, wenn nach einer Gesamtbetrachtung der betreffende Arbeitnehmer nach Bedarf jeweils auf aktuell vorhandene Drittmittelprojekte "umgeschlüsselt" wurde.
2. Die Spezialität der Regelungen des WissZeitVG schließt es aus, sich zur Rechtfertigung der arbeitsvertraglich auch ausdrücklich auf die Bestimmungen des WissZeitVG gestützten Befristung auf die allgemeinen Befristungsregeln des § 14 TzBfG zu stützen.
Normenkette
WissZeitVG; BGB § 242; TzBfG § 14
Verfahrensgang
ArbG Leipzig (Entscheidung vom 26.09.2013; Aktenzeichen 2 Ca 4572/12) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 26.09.2013 - 2 Ca 4572/12 - auf Kosten des Beklagten
a b g e ä n d e r t :
Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristungsabrede in dem Arbeitsvertrag vom 07./12.01.2009 mit Ablauf des 31.10.2011 beendet worden ist.
Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin als wissenschaftliche Mitarbeiterin zu unveränderten Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 07./12.01.2009 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiterzubeschäftigen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Befristung eines Arbeitsverhältnisses sowie Prozessbeschäftigung.
Die Klägerin war ununterbrochen vom 01.09.1989 bis zum 31.10.2011 bei der Beklagten als wissenschaftliche Mitarbeiterin/wissenschaftliche Assistentin beschäftigt, in dem Zeitraum vom 01.03.1996 bis 24.04.2007 auf der Grundlage eines Beamtenverhältnisses auf Zeit. Auf zunächst fünf arbeitsvertragliche Befristungsabreden vom 12.07.1988 (ohne Benennung eines Sachgrunds), 12.08.1991 (ohne Benennung eines Sachgrunds), 14.12.1992 (Verlängerung wegen Anrechnung von Mutterschutz- und Erziehungsurlaub ohne Benennung eines Sachgrunds), 13.07.1994 (zum Abschluss der Promotion) und 04.07.1995 (zum Erwerb der Habilitation) folgten in dem Zeitraum vom 01.03.1996 bis zum 24.04.2007 vier Zeitabschnitte, in denen die Klägerin als Beamtin auf Zeit zur wissenschaftlichen Assistentin ernannt wurde. Im Zeitraum vom 25.04.2007 bis zum 31.10.2011 schlossen sich zwei befristete Arbeitsverhältnisse an, deren Grund mit Drittmittelfinanzierung angegeben wurde. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf Bl. 7 bis 22 d. A. zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen. Abweichend von dem im letzten Arbeitsvertrag vom 7./12.01.2009 angegebenen Drittmittelprojekt 977000-116 (dessen Bewilligungszeitraum sich auf den 01.11.2008 bis 31.10.2011 erstreckte) war die Klägerin jedenfalls in dem Zeitraum vom 01.07.2010 bis zum 30.05.2011 in dem Projekt 977000-126 tätig.
Mit ihrer am 22.11.2011 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage setzt sich die Klägerin gegen das Auslaufen des befristeten Arbeitsverhältnisses zur Wehr.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Befristung des Arbeitsvertrags vom 7./12.01.2009 sei rechtsunwirksam, da weder die Voraussetzungen des WissZeitVG noch des TzBfG vorlägen. Die Klägerin sei mit Daueraufgaben beschäftigt gewesen.
Die Klägerin beantragt:
1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristungsabrede im Arbeitsvertrag vom 07./12.01.2009 zum 31.10.2011 geendet hat.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin zu unveränderten Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 07./12.01.2009 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität ... bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiterzubeschäftigen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin sei im Rahmen des von der EU genehmigten Projekts befristet eingestellt und tätig geworden. Die Forschungsarbeiten bei der Aktivierung des b-Catenin-Signalweges, bei dessen Erforschung die Klägerin unstreitig eingesetzt wurde, seien das Herzstück des "CancerSys-Projekts" gewesen. Der zwischenzeitliche Einsatz der Klägerin im Zusammenhang mit dem Projekt "Virtuelle Leber" stehe im unmittelbaren Zusammenhang. Grundsätzlich sei damit aber der Einsatz der Klägerin in dem drittmittelfinanzierten Projekt "CancerSys" für die Dauer bis spätestens zum 31.10.2011 nicht zu beanstanden. Beide Projekte...