Verfahrensgang

KreisG Bischofswerda (Urteil vom 15.10.1991; Aktenzeichen Ca 1567/91)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 27.05.1993; Aktenzeichen 8 AZR 583/92)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Kreisgerichts Bischofswerda vom 15.10.1991 – Ca 1567/91 – wird auf Kosten des Klägers

zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der 54jährige verheiratete Kläger war vom 1.8.1959 bis 31.8.1984 Lehrer für Mathematik und Geographie an verschiedenen Schulen des Kreises B.

Vom 1.9.1984 bis 5.2.1990 war er hauptamtlicher politischer Mitarbeiter der SED-Kreisleitung B. und mit der Führung der Kreisparteischule betraut. Der Kreisparteischule oblag die politische Qualifizierung von Parteimitgliedern durch Lektionen, Vorträge und Seminare aufgrund eines vom Zentralkomitee der SED vorgegebenen Programms. Der Kläger hatte diese Veranstaltungen zu organisieren und war auch dem Sekretariat der Kreisleitung rechenschaftspflichtig.

Ab 1.3.1990 wurde er wieder als Lehrer für Mathematik und Geographie an der Oberschule in B. beschäftigt. Das Oberschulamt D. unterrichtete am 8.5.1991 den Schulpersonalrat und am 10.5.1991 den Kreisschulpersonalrat über eine beabsichtigte Kündigung des Klägers. Beim Oberschulamt selbst bestand damals noch kein Bezirkspersonalrat; ebensowenig bestand beim Sächsischen Staatsminister für Kultus ein Hauptpersonalrat. Der Kreisschulpersonalrat rügte zunächst Formfehler bei der Anhörung, der Schulpersonalrat erhob keine Einwendungen. Daraufhin kündigte der Beklagte, vertreten durch das Oberschulamt D., das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 27.5.1991, dem Kläger zugegangen am 30.5.1991, zum 31.8.1991.

Der Kläger hat vorgetragen, bei seiner Tätigkeit als politischer Mitarbeiter der SED-Kreisleitung sei er bestrebt gewesen, den Weg zu öffnen für Veränderungen, freie Meinungsäußerungen, Pluralismus und Toleranz gegenüber anders Denkenden. Er habe Weisungen mißachtet, um Freiheit und Demokratie in der Kreisparteischule durchzusetzen. Er habe sich nichts zuschulden kommen lassen. Sein Unterricht nach Wiederaufnahme seiner Lehrertätigkeit ab 1.3.1990 sei unbeanstandet geblieben. Er sei zwar überzeugter Anhänger der SED gewesen, trete aber jetzt für die freiheitlich-demokratische Grundordnung ein. Im übrigen sei der Personalrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden.

Der Kläger hat beantragt

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 27.5.1991 nicht beendet wurde, sondern unverändert fortbesteht,
  2. – für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag – den Beklagten zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat vorgetragen, dem Kläger fehle aufgrund seiner langjährigen hauptamtlichen Tätigkeit in der SED-Kreisleitung die für einen Lehrer erforderliche persönliche Eignung. Es bestünden Zweifel an seiner Verfassungstreue. Außerdem sei wegen seiner langjährigen unterrichtsfremden Tätigkeit auch an seiner fachlichen Qualifikation zu zweifeln.

Das Kreisgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Kläger aufgrund seiner hauptamtlichen Tätigkeit für die SED-Kreisleitung nicht glaubhaft für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintreten könne. Eine Beteiligung des Kreisschulpersonalrats sei nicht erforderlich gewesen. Da das Oberschulamt gekündigt habe, hätte der Bezirkspersonalrat als Stufenvertretung beteiligt werden müssen. Der Bezirkspersonalrat habe aber im Zeitpunkt der Kündigung noch nicht existiert.

Gegen das dem Kläger am 11.11.1991 ohne Rechtsmittelbelehrung zugestellte Urteil hat er mit einem am 17.1.1992 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

Der Kläger bezieht sich auf sein bisheriges Vorbringen und trägt weiter vor, beim Oberschulamt habe deshalb kein Bezirkspersonalrat bestanden, weil der Beklagte rechtswidrig keinen Wahlvorstand zur Wahl des Bezirkspersonalrats eingesetzt habe. Deshalb sei nach § 82 Abs. 6 PersVG-DDR der Kreisschulpersonalrat zu beteiligen gewesen. Der Beklagte habe im übrigen die Kündigungsgründe nicht substantiiert. Der Kündigung müsse eine Einzelfallprüfung vorausgehen, die der Beklagte unterlassen habe. Der Kläger habe durch entsprechende Organisation der Kreisparteischule diese in jeder Hinsicht der Kontrolle durch das Sekretariat entzogen. Dies habe ihm ermöglicht, offen und kritisch auftretende Lektoren auszuwählen.

Der Kläger beantragt

unter Abänderung des Urteils des Kreisgerichts

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die ordentliche Kündigung vom 27.5.1991 zum 31.8.1991 aufgelöst wurde und unverändert fortbesteht,
  2. den Beklagten zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Lehrer für Mathematik und Geographie weiterzubeschäftigen.

Das beklagte Land beantragt Zurückweisung der Berufung und bezieht sich auf sein bisheriges Vorbringen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.

 

Entscheid...

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