Entscheidungsstichwort (Thema)

Einhaltung der Schriftform bei Arbeitsaufnahme vor Aushändigung der Vertragsurkunde über ein befristetes Arbeitsverhältnis

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 125 Satz 1 BGB ist eine Befristungsabrede, die dem gesetzlich normierten Schriftformerfordernis nicht genügt, nichtig mit der Folge, dass der Arbeitsvertrag nach § 16 Satz 1 TzBfG als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt.

2. Legt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht ein bereits von ihm unterzeichnetes Vertragsangebot vor sondern nur ein schriftliches von ihm erstelltes Vertragsdokument, in welchem durch eine entsprechende Textgestaltung zu erkennen gegeben wird, dass eine beiderseitige Unterzeichnung des Vertrages stattfinden soll, gibt der Arbeitgeber damit zu erkennen, dass er damit dem für den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages erforderlichen Schriftformgebot genügen möchte.

3. Hat der Arbeitgeber in dem von ihm vorbereiteten Vertragstext am Ende vorgesehen, dass die Vertragsparteien, insbesondere auch der Arbeitgeber, in den vorbereiteten Feldern ihre Unterschriften leisten sollen, ist auch für den Arbeitnehmer erkennbar, dass die zur Begründung des Arbeitsverhältnisses erforderlichen Erklärungen zu Angebot und Annahme schriftlich zu erfolgen haben; sowohl eine Arbeitsaufnahme durch den Arbeitnehmer als auch das Bereitstellen eines Arbeitsplatzes durch den Arbeitgeber vor Aushändigung der Vertragsurkunde stellen jeweils keinen eigenständigen konkludenten Antrag auf Abschluss eines (unbefristeten) Arbeitsvertrages dar.

 

Normenkette

BGB § 125 S. 1; TzBfG § 14 Abs. 4, § 16 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Dresden (Entscheidung vom 17.10.2013; Aktenzeichen 5 Ca 4213/12)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 17.10.2013 - 5 Ca 4213/12 - teilweise, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen, in Bezug auf Ziffer 2 und 3 des Urteils abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristungsabrede vom 21.09.2012 mit Ablauf des 25.12.2012 bzw. des 31.03.2013 beendet worden ist. Der Kläger begehrt außerdem, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als wissenschaftlicher Mitarbeiter weiterbeschäftigt zu werden.

Der am ...1975 geborene Kläger wurde zunächst auf der Grundlage des Dienstvertrages vom 09.01.2012 (Bl. 10 f. d. A.) vom 15.02.2012 bis 31.03.2012 sowie auf der Grundlage des Dienstvertrages vom 12.03.2012 vom 01.04.2012 bis 30.09.2012 jeweils befristet als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der ... beschäftigt.

Der Kläger verfügt über eine abgeschlossene Hochschulausbildung und Promotion in Soziologie.

Der Vorgesetzte des Klägers, ..., stellte mit Schreiben vom 14.08.2012 (Bl. 172 d. A.) den Antrag, das Beschäftigungsverhältnis des Klägers zur Vertretung des ... im Wintersemester (01.10.2012 bis 31.03.2013) zu verlängern. Der Kläger wurde hierauf Ende September 2012 vom Beklagten aufgefordert, sich in die Verwaltung der Hochschule zu begeben. Die Personalsachbearbeiterin ... legte dem Kläger einen noch nicht unterschriebenen Arbeitsvertrag vom 21.09.2012 (Bl. 12 ff. d. A.) in zweifacher Ausfertigung zur Unterzeichnung vor. § 1 des Arbeitsvertrages enthielt u. a. folgende Regelung:

§ 1

"Herr ... wird für die Zeit vom 01.10.2012 bis einschließlich 31.03.2013 befristet als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Sinne des § 71 SächsHSG als Volbeschäftigter an der ... weiterbeschäftigt.

Die befristete Weiterbeschäftigung erfolgt wegen Vorliegens eines sachlichen Grundes gemäß § 14 Abs. 1 Ziffer 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1366 i. d. j. g. F.).

Die Weiterbeschäftigung erfolgt während der Zeit der der Beurlaubung von Herrn PD ..., längstens bis 31.03.2013.

Das Dienstverhältnis endet automatisch, ohne dass es insoweit einer Kündigung bedarf, mit Ablauf des 31.03.2013...." Der Kläger unterzeichnete beide Ausfertigungen des Dienstvertrages und gab sie der Personalsachbearbeiterin Frau ... am gleichen Tag zurück.

Am 01.10.2012 nahm der Kläger die Arbeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Philosophischen Fakultät auf bzw. setzte diese fort. Dem Kläger lag zu diesem Zeitpunkt ein vom Beklagten unterzeichnetes Exemplar des Dienstvertrages nicht vor. Erst am 11.10.2012 wurde dem Kläger ein vom Beklagten unterzeichnetes Exemplar ausgehändigt.

Mit Schreiben vom 10.12.2012 (Bl. 15 d. A.) teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass die Beurlaubung des vertretenen Herrn ... geendet habe und das Dienstverhältnis mit einer Auslauffrist von zwei Wochen nach Zugang der Mitteilung enden wird. Der Kläger erhielt das Schreiben am 11.12.2012.

Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehe. Die Befristungsabrede sei nichtig. Sie genüge nicht der gesetzlichen Schriftform. Mit Aufnahme der Arbeit im Einverständnis des Bekla...

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