Verfahrensgang
ArbG Chemnitz (Urteil vom 14.09.1995; Aktenzeichen 4 Ca 7526/94) |
Tenor
1.
Die Berufung der Klägerin gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Chemnitz – Az.: 4 Ca 7526/94 – vom14.09.1995 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
2.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer durch den Beklagten ausgesprochenen vorsorglichen außerordentlichen Kündigung und in diesem Zusammenhang darum, ob bei ggf. wirksamer Rücknahme der Beamtenernennung der Klägerin das vor der Ernennung zwischen den Parteien vorhandene Arbeitsverhältnis fortbesteht.
Die am 24.06.1965 geborene Klägerin war seit 01.09.1985 als Sachbearbeiterin der Informationsstelle beim K. A., seit 17.11.1996 als Justizsekretärin beim K. M. später als beauftragte Rechtspflegerin beim A. tätig.
Durch Verfügung des S. S. J. vom 11.01.1994 wurde die Klägerin mit Wirkung vom 01.03.1994 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Justizoberinspektorin beim A. M. benannt.
Am 01.03.1994 erhielt der Beklagte durch den B. … U. … S. … D. die Mitteilung, daß die Klägerin gemeinsam mit ihrem Ehemann als inoffizieller Mitarbeiter zur Sicherung der Konspiration/konspirative Wohnung mit dem Decknamen „R.” beim M. S. geführt worden sei und eine eigenhändig unterschriebene Verpflichtungserklärung vorliege. Nach Anhörung, weiterer Akteneinsicht durch den Beklagten und erneuter Anhörung nahm der Beklagte mit Bescheid des S. S. … J. vom 07.09.1994, der Klägerin zugegangen am 20.09.1994, die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe mit sofortiger Wirkung zurück und ordnete die sofortige Vollziehung dieser Verfügung an. Der dagegen eingelegte Widerspruch der Klägerin wurde zurückgewiesen. Die gegen den Bescheid erhobene Klage zum Verwaltungsgericht Chemnitz wurde abgewiesen. Daß auf die Berufung der Klägerin hin eingeleitete Verfahren beim S. O. ist derzeit nicht terminiert.
In dem Bescheid zur Rücknahme der Ernennung erklärte der Beklagte weiter:
„3. Das durch die Rücknahme der Ernennung nach § 15 SächsBG nicht erloschene Arbeitsverhältnis vom 17.11.1986 mit Änderungsverträgen wird hiermit durch außerordentliche Kündigung aufgelöst.”
Zum Zeitpunkt des Zugangs des Bescheids befand sich die Klägerin im Erziehungsurlaub.
Mit Schriftsatz vom 27.09.1994, eingegangen beim Arbeitsgericht Chemnitz am 30.09.1994, erhob die Klägerin Klage auf Feststellung, daß das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung nicht aufgelöst ist.
Die Klägerin hat in erster Instanz darauf verwiesen, daß der Beklagte selbst davon ausgehe, daß mit der Rücknahme der Ernennung das somit nicht erloschene Arbeitsverhältnis wiederauflebe und es zu dessen Beendigung einer Kündigung bedarf. Diese sei jedoch unwirksam, da zum einen ein wichtiger Grund nicht vorliege, zum anderen die Kündigung wegen des Verstoßes gegen das Kündigungsverbot aus § 18 BErzGG unwirksam sei.
Die Klägerin hat beantragt:
- Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 07.09.1994 nicht aufgelöst worden ist.
- Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin für den Fall des Obsiegens unter Ziff. 1. bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Der Beklagte beantragte
Klageabweisung.
Der Beklagte hat vorgetragen, daß er davon ausgehe, daß das Arbeitsverhältnis mit der Ernennung erloschen sei und auch die Rücknahme der Ernennung nicht dazu führe, daß nunmehr wieder ein Arbeitsverhältnis zum Freistaat besteht. Der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung sei daher entbehrlich gewesen. Nur hilfsweise werde darauf verwiesen, daß ein Grund für die außerordentliche Kündigung vorliege.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, daß zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs kein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden habe. Aus § 16 Abs. 1 SächsBG sei nicht zu schließen, daß mit der Rücknahme der Ernennung gemäß § 15 Abs. 1 SächsBG das ursprüngliche Arbeitsverhältnis wieder auflebt. Bei den Rücknahmegründen handele es sich um Umstände, die in entscheidender Weise das besondere Treueverhältnis berührten. Daher gehe es nicht an, daß der Dienstherr nach Rücknahme der Ernennung ein Arbeitsverhältnis vorfindet, welches nur unter Wahrung der kündigungsrechtlichen Vorschriften beendet werden könnte. Zur Wahrung seiner Rechte stehe dem von der Rücknahme der Ernennung betroffenen Beamten die verwaltungsrechtliche Überprüfung der Entscheidung zu. Des weiteren könne es nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, Beamten, deren Ernennung zurückgenommen wird, mehr Fürsorge und Schutz angedeihen zu lassen als Beamten auf Probe, welche gemäß § 42 SächsBG mit den Folgen gemäß § 47 SächsBG aus dem Beamtenverhältnis entlassen werden könnten.
Unerheblich sei, daß der Beklagte ggf. selbst zum Zeitpunkt der Rücknahme der Ernennung vom Wiederaufleben eines Arbeitsverhältnisses ausging, da er unverzüglich außerordentlich gekündigt habe, führe dies ...