Verfahrensgang
ArbG Dresden (Urteil vom 06.11.1996; Aktenzeichen 12 Ca 7510/95) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 06.11.1996 – 12 Ca 7510/95 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frage, ob der Klägerin für die Zeit vom 01.02.1995 bis 31.05.1995 ein Gehalt und für 1995 ein Urlaubsgeld nach dem Gehalts- bzw. dem Manteltarifvertrag für den Einzelhandel im Freistaat Sachsen zusteht.
Die Klägerin ist bei der Beklagten seit 05.11.1993, zunächst befristet bis 04.05.1994, seit 05.05.1994 unbefristet aufgrund eines Einstellungsschreibens vom 15.04.1994 (Bl. 6 d. A.), als Verkäuferin in einem sogenannten Backshop der Beklagten in D. mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden beschäftigt. In den Monaten Februar bis April 1995 betrug das Monatsgehalt der Klägerin jeweils DM 1.550,00 brutto, im Monat Mai 1995 DM 1.700,00 brutto. Derzeit befindet sich die Klägerin in Erziehungsurlaub.
Die Beklagte befaßt sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Brot- und Backwaren. Der Hauptbetrieb befindet sich in F., wo die Erzeugnisse der Beklagten zum Teil endgefertigt, zum Teil als Rohlinge, die in den rund 50 Verkaufsstellen der Beklagten (Aufstellung siehe Bl. 71/72 d. A.) fertigzustellen sind, hergestellt werden.
In den Verkaufsstellen werden neben Brot- und Backwaren auch Kaffee, belegte Brötchen und verschiedene nicht alkoholische Getränke zum sofortigen Verzehr angeboten. Im Juli 1996 beschäftigte die Beklagte insgesamt 254 Arbeitnehmer, davon 53 Bäcker und 162 Verkäuferinnen.
In der Filiale, in welcher die Klägerin bisher eingesetzt war, waren insgesamt regelmäßig zwei Vollzeitarbeitnehmer mit je 39 Wochenarbeitsstunden und je ein Teilzeitarbeitnehmer jeweils im Früh- und im Spätdienst beschäftigt.
Diese Arbeitnehmer hatten folgende Aufgaben:
- Kontrolle der gelieferten Waren auf Übereinstimmung mit den Lieferpapieren,
- Vorbereitung der Verkaufseinrichtung (Waren auspacken, Verkaufstheke einräumen),
- Preisauszeichnung des kompletten Warenangebotes,
- Herstellung von Backwaren aus angelieferten, tiefgefrorenen Teiglingen während der gesamten Öffnungszeit entsprechend der Kundennachfrage,
- Anfertigung und Verkauf von belegten Brötchen sowie Kaffeeausschank,
- Kassenabrechnung und Einlieferung der Tageseinnahmen,
- Warenbestellung für jeden einzelnen Wochentag entsprechend der zu erwartenden Nachfrage,
- Reinigung des Backshops sowie des Sanitär- und Vorbereitungsraums.
Mit Schreiben vom 29.06.1995 (Bl. 11 bis 13 d. A.) machte die Klägerin u. a. Gehaltsansprüche nach den Tarifverträgen für den Einzelhandel im Freistaat Sachsen bis Mai 1995 geltend. Dieses Ansinnen lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 09.08.1995 ab.
Mit am 06.10.1995 beim Arbeitsgericht eingegangener Klageschrift verfolgt die Klägerin derartige Ansprüche weiter. Sie hat vorgetragen, auf das Arbeitsverhältnis seien die allgemeinverbindlichen Tarifverträge für den Einzelhandel im Freistaat Sachsen anzuwenden. Danach stünde der Klägerin Gehalt aus der Gehaltsgruppe K 2 des Gehaltstarifvertrages sowie ein Urlaubsgeld gem. § 12 MTV zu.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 2.631,73 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag ab Klagezustellung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Tarifverträge des Einzelhandels könnten bei der Beklagten keine Anwendung finden, da 95 % des Gesamtumsatzes mit Produkten eigener Herstellung erzielt werde. Allenfalls kämen in Frage die Tarifverträge der Brot- und Backwarenindustrie, die hier mangels Tarifgebundenheit jedoch nicht anwendbar seien.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 06.11.1996 die Klage abgewiesen, der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und den Streitwert auf DM 2.631,73 festgesetzt. Es hat in den Entscheidungsgründen, auf welche im übrigen Bezug genommen wird (Bl. 98 bis 100 d. A.), u. a. ausgeführt, die Beklagte unterfalle nicht dem fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge des Einzelhandels im Freistaat Sachsen. Die Beschäftigungsfiliale der Klägerin sei ein unselbständiger Betriebsteil; die Beklagte sei kein Betrieb des Einzelhandels, sondern ein Mischbetrieb. Es sei nicht erkennbar, daß die Arbeitnehmer überwiegend mit Verkaufsaufgaben beschäftigt würden.
Gegen dieses ihr am 29.11.1996 zugestellte Urteil richtet sich die am 30.12.1996 beim Landesarbeitsgericht eingegangene und am 30.01.1997 ausgeführte Berufung der Klägerin, die der Meinung ist, die Verkaufstätigkeit sei nicht in die Einzelschritte Verkauf und Produktion (Aufbacken) zu trennen. Die Aufgaben der Verkäuferinnen bei der Beklagten gehörten zum Arbeitsbild einer Verkäuferin. Hierzu gehöre auch das Aufbacken von Halbfertigprodukten.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Dresden...