Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches im Betrieb des Entleihers gezahltes Entgelt. Bezugnahmeklausel. Ausschlussfrist. Tariffähigkeit der CGZP. Arbeitsvertragliche Ausschlussklausel bei Leiharbeit. unbegründete Vergütungsklage bei verspäteter Geltendmachung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine arbeitsvertragliche Ausschlussklausel, nach der alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden, ist eindeutig; insbesondere lässt sich aus dieser Formulierung auch nicht im Zusammenhang mit dem Folgesatz, wonach im Übrigen die tarifvertraglichen Bestimmungen gelten, eine Mehrdeutigkeit feststellen, denn unabhängig von den tarifvertraglichen Bestimmungen soll die arbeitsvertragliche Vereinbarung gelten und nur außerhalb des Regelungsbereiches ("im Übrigen") die tarifvertraglichen Bestimmungen.

2. Eine arbeitsvertragliche Ausschlussklausel verstößt nicht deshalb gegen das Transparenzverbot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, weil eine Reihe von Tarifverträgen im Übrigen gelten sollen; eine etwaige Unklarheit darüber, welcher von mehreren in Bezug genommenen Tarifverträge gelten soll, führt nicht auch zur Unklarheit der arbeitsvertraglichen Ausschlussklausel.

3. Eine Ausschlussklausel, wonach Ansprüche innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit geltend gemacht werden müssen, ist wirksam; sie benachteiligt den Arbeitnehmer nicht unangemessen.

Im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

4. Eine unwirksame kürzere als dreimonatige Ausschlussfrist auf der zweiten Stufe führt nicht auch zur Unwirksamkeit der Ausschlussfrist auf der ersten Stufe; die Unwirksamkeit der zweiten Stufe der Ausschlussklausel führt nach § 306 Abs. 1 und 2 BGB zu ihrem ersatzlosen Wegfall unter Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrages im Übrigen und damit auch der ersten Stufe der Ausschlussklausel.

5. Ein Anspruch ist regelmäßig erst dann im Sinne einer Ausschlussfrist fällig, wenn der Gläubiger ihn annähernd beziffern kann, was unter Zugrundelegung der Wertung des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB dann der Fall ist, wenn dem Gläubiger alle seinen Anspruch begründenden Tatsachen bekannt sind; Lohnansprüche werden gemäß § 614 BGB grundsätzlich jeweils zum Beginn des Folgemonats zur Auszahlung fällig.

6. Eine etwaige fehlerhafte Bewertung des Leiharbeitnehmers, ob der in Bezug genommene Entgelttarifvertrag zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e. V. (AMP) vom 29. November 2004 wirksam ist, stellt keinen Irrtum über die anspruchsbegründenden Tatsachen sondern allenfalls einen unbeachtlichen Rechtsirrtum dar; bei einer unklaren Rechtslage wird der Verjährungsbeginn grundsätzlich nicht bis zu deren Klärung aufgeschoben.

 

Normenkette

BGB § 199 Abs. 1 Nr. 2, § 305 Abs. 1, § 305c Abs. 2, § 306 Abs. 1-2, § 307 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 1, § 310 Abs. 4 S. 3, § 611 Abs. 1, §§ 614, 670; AÜG § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Chemnitz (Entscheidung vom 24.08.2011; Aktenzeichen 6 Ca 656/11)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 24. August 2011 - 6 Ca 656/11 - wird auf Kosten des Klägers

z u r ü c k g e w i e s e n .

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger, Leiharbeitnehmer der Beklagten, verlangt von der Beklagten die Erstattung von Fahrtkosten. Außerdem verlangt er das gleiche Entgelt, welches vergleichbaren Arbeitnehmern der Entleiherin bezahlt worden ist. Die Parteien streiten insbesondere über den Verfall der streitgegenständlichen Ansprüche aufgrund einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist.

Der Kläger war vom 2. September 2009 bis zum 31. Dezember 2010 bei der Beklagten beschäftigt. Von Beginn seines Arbeitsverhältnisses bis zum 31. Januar 2010 setzte die Beklagte den Kläger als Maschinenbediener im Betrieb der ...

GmbH & Co. KG zu insgesamt 664,89 Stunden ein. Dort wurde einem vergleichbaren Arbeitnehmer ein Stundenlohn in Höhe von 10,63 Euro brutto sowie eine Zulage in Höhe von 2,10 Euro brutto, insgesamt 12,73 Euro brutto bezahlt. Die Beklagte bezahlte an den Kläger 8,50 Euro brutto. Mit Schreiben vom 1. Februar 2011 machte der Kläger Differenzlohnansprüche sowie die Erstattung von Fahrtkosten geltend.

In der Zeit vom 2. September 2010 bis zum 1. Januar 2011 fuhr der Kläger an 96 Arbeitstagen je Arbeitstag 74 km von seinem Wohnort zum Arbeitsort und zurück.

Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 1. September 2009 (Anlage K 1, Bl. 5 ff. d. A.) ist unter anderem Folgendes geregelt:

"§ 14 Allgemeines

...

5. Grundlage dieses Arbeitsvertrag sind die Tarifverträge zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) (Manteltarifvertrag, Entgeltrahmentarifvertrag, Entgelttarifvertrag und Beschä...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge