Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsentgelt. Kündigung. Zweites Versäumnisurteil. Schuldhafte Versäumung. Zustellung. Post. Beliehener Unternehmer

 

Leitsatz (amtlich)

Bei dem Unternehmen „DIREKT express” handelt es sich um einen nach § 33 Abs. 1 des Postgesetzes beliehenen Unternehmer (Post), der gemäß § 168 Abs. 1 Satz 2 ZPO mit der Ausführung einer Zustellung beauftragt werden kann und dessen von seinen Mitarbeitern errichteten Zustellungsurkunden gem. § 182 Abs. 1 Satz 2 ZPO die Beweiskraft öffentlicher Urkunden des § 418 Abs. 2 ZPO zukommt.

 

Orientierungssatz

Berufung gegen Zweites Versäumnisurteil/Fall der schuldhaften Versäumung/Belassen des Namensschildes am Briefkasten/Nachsendeantrag (allein) an Deutsche Post AG/Verspätetes Vorbringen im Berufungsverfahren

 

Normenkette

ArbGG § 64 Abs. 2d, § 67 Abs. 4; ZPO § 168 Abs. 1 S. 2, § 180 S. 1, § 182 Abs. 1 S. 2, § 418; BGB § 7; Postgesetz § 33 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Bautzen (Urteil vom 04.02.2010; Aktenzeichen 6 Ca 9240/09)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Zweite Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Bautzen vom 04. Februar 2010 – 6 Ca 9240/09 – wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig

v e r w o r f e n.

Revisionszulassung: Keine.

 

Tatbestand

Das Arbeitsgericht Bautzen hat die Beklagte im Wege Versäumnisurteils zur Zahlung von Arbeitsentgelt an den Kläger verurteilt sowie zwei gegen Kündigungen gerichteten Feststellungsanträgen des Klägers entsprochen.

Auf den dagegen eingelegten Einspruch hat das Arbeitsgericht Termin zur mündlichen Verhandlung über den Einspruch sowie die Hauptsache bestimmt auf Donnerstag, den 04.02.2010 um 10:45 Uhr.

Die Ladung zu diesem Termin wurde ausweislich der darüber errichteten Postzustellungsurkunde unter

„Frau …”

durch den postbediensteten Zusteller … des Postunternehmens … – weil die versuchte Übergabe des Schriftstücks in der Wohnung/in dem Geschäftsraum nicht möglich war – in den „zur Wohnung” gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt.

Als Tag der Zustellung wurde der 13.01.2010 beurkundet.

Im Termin vom 04.02.2010 ist für die Beklagte niemand erschienen, und es wurde vom Arbeitsgericht ein den Einspruch gegen das Versäumnisurteil verwerfendes Zweites Versäumnisurteil erlassen.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 09.02.2010 zugestellte Zweite Versäumnisurteil am 09.03.2010 Berufung eingelegt und ausgeführt.

Sie sei ohne ihr Verschulden zum Termin zur mündlichen Verhandlung über den Einspruch gegen das Erste Versäumnisurteil nicht erschienen. Sämtliche Verfügungen des Gerichts erster Instanz und die Schriftsätze des Klägers des Ausgangsverfahrens seien ihr nicht zugestellt worden. Kenntnis von den Verfügungen und dem Termin zur mündlichen Verhandlung habe sie erst am 09.02.2010 erhalten. Alle Schriftstücke seien an die …straße … zugestellt worden. Seit dem 04.01.2010 habe sie nicht mehr in der …straße gewohnt. Ein Nachsendeauftrag sei von der … offensichtlich nicht ordnungsgemäß ausgeführt worden.

Sie sei seit 2008 gemeinsam mit einem Herrn … in der …straße … in … gemeldet.

Nach einem Wohnungsbrand im November 2008 in der …straße … habe sie mit ihrem Lebensgefährten und der Tochter vorübergehend eine Ersatzwohnung in der …straße … in … bezogen. Diese Wohnung sei eine Ersatzlösung gewesen, bis die Wohnung in der …straße … wieder aufgebaut war.

Eine Ummeldung sei aus diesem Grund nicht erfolgt. In der Brandwohnung habe sie noch ein Zimmer nutzen können. Der Briefkasten sei weiter vorhanden gewesen.

Geschäftsansässig sei sie in der … Straße … in … Dort betreibe sie ein Möbelhaus. Auch ihre sämtlichen Schriftsätze in diesem Verfahren seien unter der Firmenanschrift verfasst. In der ersten mündlichen Verhandlung sei der Kläger darauf hingewiesen worden. Dennoch habe er das Rubrum nicht geändert.

Nach Wiederherstellung der Wohnung in der …straße … sei sie mit ihrer Familie Ende Dezember 2009 wieder dort eingezogen. Die Wohnung in der …straße … sei gekündigt und am 04.01.2010 an den Vermieter zurückgegeben worden.

Bei der Übergabe sei auch der Briefkastenschlüssel abgegeben worden.

Gleichzeitig habe sie und habe der Herr … einen Postnachsendeauftrag bei der … gestellt. Entsprechend der Mitteilung der Post vom 05.01.2010 habe der Nachsendeauftrag am 09.01.2010 begonnen und am 12.07.2010 geendet. Nicht geregelt gewesen sei nur der Zeitraum vom 04. bis zum 08.01.2010.

Ein Haustürschlüssel, der bei der Übergabe fehlte, sei von Herrn … am 01.02.2010 dem Vermieter übergeben worden. Gleichzeitig habe Herr … den Mitarbeiter des Vermieters wegen des Zeitraums von 04. bis 08.01.2010 gebeten, im Briefkasten der alten Wohnung nachzusehen, ob Post in den fünf Tagen dort hineingelegt worden sei.

Nachdem der Mitarbeiter des Vermieters Herr … dieses vergessen hätte, habe Herr … diesen am 08.02.2010 erinnert, im Briefkasten nachzusehen. Herr … habe Herrn … am 09.02.2010 gegen 08:00 Uhr angerufen und mitgeteilt, er habe Post im Briefkasten gefunden. Herr … habe die Post am 09.02.2010 gegen 12:30 Uhr im Büro des Vermieters abgeholt....

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