Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche und tarifliche Arbeitszeitregelungen. Zeitanteilige Reduzierung der Wochenarbeitszeit bei Teilzeitarbeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Bestimmung des § 3 ArbZG mit Höchstgrenzen der Arbeitszeit dient dem Arbeitsschutz und begrenzt die Arbeitspflicht. Die Bestimmung regelt nicht die arbeitszeitliche Verpflichtung eines Arbeitnehmers, die auf der Grundlage tarifvertraglicher Bestimmungen festgelegt wird.
2. Hat ein Arzt einen Teilzeitvertrag über 50 % der Vollzeitarbeit, ergibt sich eine Begrenzung seiner durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit auf 24 Stunden, verteilt auf einen Ausgleichszeitraum von sechs Monaten. Dies folgt aus der anteiligen Berechnung der Teilzeit im Verhältnis zur Vollzeit von 48 Stunden aus § 10 Abs. 7 Satz 1 TV-Ärzte/VKA und § 7 Abs. 8 ArbZG.
Normenkette
ArbZG § 3; TVG § 1; TV-Ärzte/VKA § 10 Abs. 7, 2-5, § 13; ArbZG § 7 Abs. 8
Verfahrensgang
ArbG Dresden (Entscheidung vom 11.07.2018; Aktenzeichen 11 Ca 3299/16) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 1.07.2018 - 11 Ca 3299/16 - wird zurückgewiesen.
Der Tenor wird dabei klarstellend wie folgt gefasst:
Es wird festgestellt, dass der Kläger bei einer Teilzeitbeschäftigung von 50 % eines vergleichbaren vollbeschäftigten Arbeitnehmers verpflichtet ist, durchschnittlich regelmäßig höchstens 24 Stunden wöchentlich, verteilt auf einen Ausgleichszeitraum von sechs Monaten, tätig zu sein, solange eine arbeitsvertragliche Änderung inkl. einer Änderung des Tarifvertrages nicht erfolgt und keine dringenden dienstlichen oder betrieblichen Belange vorliegen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
3. Die Revision für die Beklagte wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten u. a. darüber, ob für den Kläger eine regelmäßige wöchentliche Höchstarbeitszeit von 24 Stunden gilt.
Der am ...1978 geborene Kläger, der gegenüber einem Kind unterhaltsverpflichtet ist, ist bei der Beklagten seit 01.01.2013 als Assistenzarzt im Bereich Anästhesie am ... tätig. Die einzelnen Arbeitsbedingungen vereinbarten die Parteien mit den Arbeitsverträgen vom 06.08./04.09.2012 (Bl. 10 ff. d. A.) und vom 06.11./25.11.2013 (Bl. 14 ff. d. A.). Seit 01.01.2014 wird der Kläger mit einer Teilzeitquote von 50 % beschäftigt. Unter § 1 des letztgenannten Arbeitsvertrages trafen die Parteien u. a. folgende Regelung:
Die Beschäftigte/der Beschäftigte verpflichtet sich, ihre/seine Tätigkeit auch in Sonntags-, Feiertags-, Nacht-, Wechselschicht- und Schichtarbeit zu erbringen. Darüber hinaus verpflichtet sich die/der Beschäftigte zur Leistung von Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft, Überstunden und Mehrarbeit."
Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag Ärzte und Ärztinnen an kommunalen Krankenhäusern (fortan: TV-Ärzte/VKA) Anwendung.
Mit Schreiben vom 20.08.2014 (Bl. 18 d. A.) willigte der Kläger ein, dass die tägliche Arbeitszeit über acht Stunden ohne Ausgleich verlängert werden kann (opt-out-Regelung). Mit Schreiben vom 25.11.2015 (Bl. 19 d. A.) kündigte der Kläger die Regelung. Mit Schreiben vom 03.12.2015 (Bl. 22 d. A.) bestätigte die Beklagte den Eingang.
Die Arbeitszeitgestaltung des Klägers erfolgt im Regelfall dergestalt, dass der Kläger in einer Woche von Montag bis Freitag 40 Stunden und in der Folgewoche überhaupt nicht arbeitet. Neben diesen Regeldiensten wird der Kläger monatlich zu Bereitschaftsdiensten herangezogen. Diese sind unregelmäßig auf einzelne Wochen und Wochentage, auch an Samstagen sowie Sonn- und Feiertagen verteilt.
Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, dass er für die Zeit vom 01.01.2014 bis 30.06.2016 für 188,15 geleistete Arbeitsstunden Anspruch auf Freizeitausgleich habe. Für den Fall des Unterliegens habe er Anspruch auf Feststellung, dass er bei einer Teilzeitbeschäftigung mit 50 % eines vergleichbaren vollbeschäftigten Arbeitnehmers verpflichtet sei, 24 Stunden wöchentlich - verteilt auf einen Ausgleichszeitraum von sechs Monaten - für die Beklagte tätig zu werden.
Der Kläger hat erstinstanzlich folgende Klageanträge gestellt:
- Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Freizeitausgleich für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis 30.06.2016 in Höhe von 188,15 Stunden unter Fortzahlung der Bezüge zu gewähren;
- die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Vergütung in Höhe von 881,78 € netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten auf 242,94 € seit dem 01.11.2015 sowie auf 638,84 € seit dem 01.02.2016 zu zahlen;
- hilfsweise wird festgestellt, dass der Kläger bei einer Teilzeitbeschäftigung mit 50 % eines vergleichbaren vollbeschäftigten Arbeitnehmers verpflichtet ist, regelmäßig 24 Stunden wöchentlich, verteilt auf einen Ausgleichszeitraum von sechs Monaten, für die Beklagte tätig zu werden, solange eine arbeitsvertragliche Änderung inklusive einer Änderung des Tarifvertrages nicht erfolgt und seitens der Beklagten keine dringenden dienstlichen oder betrieblichen Belange dargelegt werden;
- es wi...