Verfahrensgang

ArbG Chemnitz (Urteil vom 16.03.1995; Aktenzeichen 1 Ca 1502/93)

 

Tenor

1. Dem Beklagten wird hinsichtlich der mit Schriftsatz vom 05.07.1994 eingelegten, am 13.07.1994 eingegangenen Berufung, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

2. Die Berufung des Beklagten vom 13.07.1994 gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 16.03.1995 – Az.: 1 Ca 1502/93 – wird

zurückgewiesen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Parteien besteht Streit darüber, ob die Klägerin ab dem 01.01.1993 in die Vergütungsgruppe IV b BAT-O einzugruppieren ist.

Die Klägerin ist am 26.12.1957 geboren. Am Zentralinstitut der Pionierorganisation „Ernst Thälmann” in D. absolvierte sie eine Freundschaftspionierleiterausbildung und legte dort die staatliche Abschlußprüfung ab. Sie hat damit die Befähigung zur Arbeit als Freundschaftspionierleiterin sowie die Lehrbefähigung in zwei Fächern für die unteren Klassen der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule erworben. Ab dem 01.08.1988 wurde die Klägerin ausschließlich als Lehrerin eingesetzt.

Die Parteien haben am 01.07.1991 einen Änderungsvertrag abgeschlossen und vereinbart, daß die Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) Geltung haben sollten. Gemäß § 3 des Änderungsvertrages war die Klägerin in die Vergütungsgruppe IV b BAT-O eingruppiert.

Mit Schreiben des Oberschulamts … vom 01.12.1992 wurde der Klägerin mitgeteilt, daß ihr lediglich Vergütung nach der Vergütungsgruppe VI b BAT-O zustehe.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der am 08.02.1993 bei Gericht eingegangenen Klage vom 28.01.1993.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, daß sie die in der zweiten Besoldungsübergangsverordnung (BesÜV) normierten Anforderungen erfülle und daher ab dem 01.01.1993 gemäß der Besoldungsgruppe A 10, entsprechend der Vergütungsgruppe IV b BAT-O, zu vergüten sei.

Sie sei nämlich eine Lehrerin mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung und sei als Lehrerin auch tätig.

Die Klägerin hat weiterhin die Ansicht vertreten, daß die Klage auch dann begründet sei, wenn man die Auffassung vertreten würde, die zweite BesÜV würde durch die Eingruppierungsrichtlinien verdrängt, und es würden ausschließlich diese Richtlinien gelten. Sie verfüge als Lehrerin über eine abgeschlossene pädagogische Fachschulausbildung für untere Klassen und erteile Unterricht in den Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 01.01.1993 Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV b BAT-O zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Ansicht vertreten, daß die Klägerin zutreffend in die Vergütungsgruppe VI b BAT-O eingruppiert sei.

Der Klägerin fehle es an einer abgeschlossenen pädagogischen Fachschulausbildung. Die Klägerin habe lediglich ein zweieinvierteljähriges Fernstudium in D. absolviert.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils (Bl. 48 bis 50 d. A.) und die dort in bezug genommenen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im wesentlichen ausgeführt, daß die Klägerin aufgrund ihrer erworbenen Befähigung als Freundschaftspionierleiterin wie auch aufgrund der Tatsache, daß sie tatsächlich unterrichtend tätig gewesen sei, Lehrerin i. S. der Eingruppierungsnormen sei. Die Klägerin besitze eine pädagogische Ausbildung, die gemäß § 28 Abs. 4 des Gesetzes über das einheitliche sozialistische Bildungssystem vom 25.02.1965 nach den Grundsätzen der Lehrerausbildung zu erfolgen hatte. Die Klägerin habe ihre Ausbildung auch an einer Fachschule absolviert. Das Zentralinstitut der Pionierorganisation „Ernst Thälmann” für Aus- und Weiterbildung D. sei eine Fachschule in diesem Sinne gewesen.

Auf die Entscheidungsgründe (Bl. 50 bis 53 d. A.) wird im übrigen Bezug genommen.

Gegen das dem Beklagten am 09.06.1994 zugestellte Urteil legte dieser mit dem am 13.07.1994 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 05.07.1994 Berufung ein und begründete sie am 15.08.1994, mithin innerhalb der bis zum 13.09.1994 verlängerten Berufungsbegründungsfrist.

Am 05.08.1994 beantragte der Beklagte bezüglich der mit Schriftsatz vom 05.07.1994 eingelegten Berufung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, nachdem er durch das gerichtliche Schreiben vom 25.07.1994 darauf hingewiesen worden ist, daß die Berufung erst nach Ablauf der Berufungsfrist beim LAG Chemnitz eingegangen ist.

Der Beklagte trägt zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags vor, daß er erst durch das Schreiben des Landesarbeitsgerichts vom 25.07.1994 erfahren habe, daß die von ihm eingelegte Berufung verspätet eingegangen sei. Der Berufungsschriftsatz sei am 05.07.1994 abgesendet worden. Am gleichen Tage und mit gleicher Post, sogar im gleichen Postumschlag, seien weitere Schriftsätze an das Landesarbeitsgeric...

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