Entscheidungsstichwort (Thema)
Entstehen von Urlaubsansprüchen einer Schwangeren auch während eines Beschäftigungsverbots hinsichtlich eines Anspruchs auf Urlaubsabgeltung
Leitsatz (redaktionell)
1. Gemäß § 24 S. 1 MuSchG gelten die Ausfallzeiten wegen eines Beschäftigungsverbots als Beschäftigungszeiten mit der Folge, dass Urlaubsansprüche auch während eines Beschäftigungsverbots entstehen.
2. Die Übertragungsregelung des § 24 S. 2 MuSchG gilt auch dann, wenn die Schwangere mehrfach einem Beschäftigungsverbot unterliegt, weil ein zwischenzeitliches Beschäftigungsverbot geendet hat.
Normenkette
BUrlG § 7 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Leipzig (Entscheidung vom 03.03.2021; Aktenzeichen 4 Ca 1674/20) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 03.03.2021 - 4 Ca 1674/20 - wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Urlaubsabgeltung i. H. v. 13.126,72 EUR brutto.
Die Parteien waren zuletzt durch einen Arbeitsvertrag vom 06.12.2016 verbunden, demzufolge die Klägerin beim Beklagten ab dem 08.02.2017 als Zahnärztin zu einem monatlichen Bruttoverdienst i. H. v. 4.182,62 EUR eingestellt wurde.
Im November 2017 wurde die Klägerin schwanger und daraufhin ab dem 01.12.2017 vom Beklagten ein berufliches Beschäftigungsverbot erteilt. Nach der Geburt des Kindes im Juli 2018 und dem Ablauf der Mutterschutzfrist teilte die Klägerin dem Beklagten mit, ihr Kind zu stillen, woraufhin dieser ein weiteres berufliches Beschäftigungsverbot aussprach. Während der ersten Stillzeit stellte sich eine weitere Schwangerschaft ein. Das zweite Kind wurde am 07.09.2019 geboren und gleichfalls gestillt, woraufhin der Beklagte das bestehende Beschäftigungsverbot verlängerte. Nach Ablauf der 2. Mutterschutzfrist kündigte der Beklagte das Beschäftigungsverhältnis zum 31.03.2020. Im Ergebnis führte dieser Ablauf dazu, dass in der Zeit vom 01.12.2017 bis zum 31.03.2020 durchgehend ein berufliches Beschäftigungsverbot bestand.
Die Klägerin meint, aus dem Jahre 2017 stünden ihr noch fünf Tage Resturlaub zu, für die Jahre 2018 und 2019 jeweils 28 Tage sowie für die ersten drei Monate des Jahres 2020 weitere sieben Tage. Multipliziert mit einem Tagessatz i. H. v. 193,04 EUR (4.182,62 EUR x 3: 65) errechne sich für 68 abzugeltende Urlaubstage insgesamt ein Betrag i. H. v. 13.126,72 EUR brutto.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 13.126,72 EUR brutto zzgl. Zinsen i. H. v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.04.2020 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Dieser Antrag mache sich erforderlich, da der klägerseits geltend gemachten Abgeltung des Erholungsurlaubs weder zu irgendeinem Zeitpunkt ein Erholungsbedürfnis gegenübergestanden habe noch ohne jedwedes Korrektiv dem im Arbeitsverhältnis geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen könne. Zudem sei der klageweise geltend gemachte Anspruch ganz überwiegend verjährt.
§ 24 MuSchG regele zwei verschiedene Fälle. Der hier zur Anwendung kommende Satz 2 dieser Vorschrift bedeute für den vorliegenden Fall, dass der Urlaub, der in der Zeit des Beschäftigungsverbots für das Kalenderjahr 2017 entstanden sei, mit Ablauf des Monats März 2018 verfallen sei. Urlaub, der für das Kalenderjahr 2018 entstanden sei, sei mit Ablauf des Monats März 2019 verfallen und der Urlaub, welcher für das Kalenderjahr 2019 entstanden sei, sei dann im März 2020 verfallen.
Mit Urteil vom 03.03.2021 hat das Arbeitsgericht nach dem Klageantrag erkannt. Wegen der Einzelheiten dieser Entscheidung wird auf das Urteil (Bl. 95 bis 97 d. A.) Bezug genommen.
Gegen das ihm am 25.03.2021 zugestellte Urteil hat der Beklagte am Montag, dem 26.04.2021 Berufung eingelegt und diese mit am 25.05.2021 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.
Das Urteil basiere auf einer rechtswidrigen Auslegung der Vorschrift des § 24 Satz 2 MuSchG. Eine "Zusammenrechnung" des am 01.12.2018 (gemeint wohl: 01.12.2017) ausgesprochenen Beschäftigungsverbots mit den folgenden Beschäftigungsverboten sei weder vom Wortlaut des Gesetzes gedeckt noch entspreche dies dem Leitgedanken des Umgangs mit Erholungsurlaub. Nach § 24 Satz 2 MuSchG könne der Urlaub, der vor Beginn eines Beschäftigungsverbots nicht genommen werden könne, nach Ende des Beschäftigungsverbots genommen werden. Für die Bildung einer Kette von mehreren Beschäftigungsverboten sei nach dem Wortlaut der Vorschrift dagegen kein Raum.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 03.03.2021 - 4 Ca 1674/20 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Den Überlegungen des Arbeitsgerichts an der angefochtenen Entscheidung pflichtet sie bei, den Ausführungen des Beklagten im Berufungsrechtszug tritt sie entgegen.
Wegen des weiteren tatsächlichen Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf ihre wechselseitigen Sch...