Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung von Samstagsfeiertagen auf tariflichen Anspruch auf Ruhetage
Leitsatz (redaktionell)
Die Auslegung von §§ 3, 4 S. 1 und 2 i.V.m. § 6 MTV ergibt, dass ein Anspruch auf tarifliche Ruhetage durch die Gewährung der dienstplanmäßig Ruhetage an auf Samstage fallende Feiertage gem. § 362 Abs. 1 BGB erlischt.
Normenkette
Gaststättengewerbe im Land Sachsen (MTV) v. 19.1.2001 §§ 3-4; BGB § 362
Verfahrensgang
ArbG Chemnitz (Urteil vom 16.06.2010; Aktenzeichen 9 Ca 248/10) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 16. Juni 2010 – 9 Ca 248/10 –
a b g e ä n d e r t |
und die Klage abgewiesen. |
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Anrechnung von drei jeweils auf einen Samstag fallenden Feiertagen auf einen tariflichen Anspruch auf Ruhetage.
Der Kläger ist seit September 1975 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Chef de Partie beschäftigt und erzielt bei einer monatlichen Arbeitszeit von 169 Stunden eine regelmäßige Vergütung von 1.559,00 EUR brutto. Die regelmäßige tägliche Arbeitszeit beträgt 7,8 Stunden. Er arbeitet im Rahmen einer sog. „rollenden Woche”, d. h. im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche, wobei die fünf Arbeitstage an allen sieben Kalendertagen von der Beklagten abgerufen werden können. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Arbeitsvertrag vom 1. Juli 1991 (Bl. 6 d. A.) Bezug genommen.
Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Hotel- und Gaststättengewerbe im Land Sachsen (MTV) vom 19.1.2001 Anwendung. § 3 Satz 1 des MTV lautet:
„Der Arbeitnehmer erhält wöchentlich 2 Ruhetage, die möglichst zusammenhängend zu gewähren sind.”
In § 4 MTV heißt es:
„Grundsätzlich erhalten alle Arbeitnehmer, die an einem gesetzlichen Feiertag arbeiten, einen Feiertagszuschlag bzw. einen Ausgleichstag zusätzlich zu ihren regulären freien Tagen.
Hat ein Arbeitnehmer an einem Feiertag frei, so bleiben demzufolge seine regulären freien Tage davon unberührt.”
…”
Die Beklagte bezeichnet die Ruhetage als „Ausgang” und rechnete den 3. Oktober, 31. Oktober und 26. Dezember 2009 als Ruhetage im Sinne des § 3 MTV an. Feiertage, die auf einen Samstag oder Sonntag fallen rechnet sie als Ruhetage im Sinne des § 3 MTV an, Feiertage, die auf einen Montag bis Freitag fallen, dagegen nicht. Mit Schreiben vom 8. November 2009 und 2. Januar 2010 machte der Kläger die Gewährung von freien Tagen für die Feiertage vom 3. Oktober, 31. Oktober und 26. Dezember 2009 geltend.
Mit der am 25. Januar 2010 zum Arbeitsgericht Chemnitz erhobenen Klage hat der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Ruhetagen begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, nach dem Wortlaut des Tarifvertrags solle keine Anrechnung im Falle der Freistellung an einem Feiertag auf die Ruhetage erfolgen. Sinn und Zweck der Regelung sei es, dass Arbeitnehmer in den Genuss der Entgeltfortzahlung an Feiertagen kommen sollten. Der Arbeitgeber, der einseitig die Arbeits- und Ruhetage wöchentlich wechselnd vorschreibe, könne anderenfalls regelmäßig Ruhetage an Feiertagen gewähren, so dass er sich der Entgeltfortzahlungspflicht an Feiertagen faktisch entledigen würde.
Der Kläger hat beantragt,
- Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger drei Ersatzruhetage für den 03.10.2009, 31.10.2009 und 26.12.2009 zu gewähren.
- Hilfsweise die Beklagte wird verurteilt, dem Arbeitszeitkonto des Klägers drei Tage á 7,8 Stunden für die Tage 03.10.2009, 31.10.2009 und 26.12.2009 gutzuschreiben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, es bestehe kein Anspruch des Klägers auf bezahlte Freistellung für den Fall, dass die gemäß § 3 MTV zu gewährenden Ruhetage auf einen Feiertag fielen. Dem Wortlaut des § 4 Satz 2 MTV sei nicht zu entnehmen, dass Arbeitnehmer, deren regulär freier Tag auf einen Feiertag falle, einen weiteren Ausgleichstag erhalten sollten. Die Vorschrift sei im Zusammenhang mit § 4 Satz 1 und § 6 MTV zu betrachten und regele lediglich den Anspruch auf freie Tage bei der Arbeit an Feiertagen. Es möge sein, dass für eine Differenzierung nach Wochenfeiertagen und Wochenendfeiertagen der Tarifvertrag keinen Raum lasse. Dies begründe jedoch keinen Rechtsanspruch des Klägers auf einen zusätzlichen freien Tag für den Fall, dass ein Wochenendfeiertag auf den dienstplanmäßigen freien Tag falle. Auch für Arbeitnehmer, die in einer reinen Fünf-Tage-Woche arbeiteten, bestünde kein Anspruch auf einen zusätzlichen Freizeitausgleich, wenn der Feiertag auf einen Samstag oder Sonntag falle, der ohnehin arbeitsfrei sei.
Das Arbeitsgericht Chemnitz hat der Klage mit Urteil vom 16. Juni 2010 im Hauptantrag stattgegeben und die Berufung zugelassen. Der Kläger habe gemäß § 3 MTV einen Anspruch auf wöchentlich zwei Ruhetage, dieser Anspruch sei nicht durch die Freistellung an den Feiertagen 3. Oktober, 31. Okto...