Verfahrensgang
KreisG Bautzen (Urteil vom 30.01.1992; Aktenzeichen 5 Ca 3680/91) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Kreisgerichts Bautzen vom 30. Januar 1992 – 5 Ca 3680/91 – wird
zurückgewiesen.
Das beklagte Land wird ferner verurteilt, den Kläger zu unveränderten Bedingungen als Lehrer bis zum rechtskräftigen Abschluß des Rechtsstreits weiterzubeschäftigen.
Das Land hat die Kosten der Berufung und der weitergehenden Klage zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der 51jährige Kläger hat von 1959 bis 1963 an der M. L. U. in H. das Fach Geschichte studiert und die Prüfung für das Lehramt an zehnklassigen allgemeinbildenden polytechnischen Oberschulen mit Lehrbefähigung für Klasse 5 bis 10 bestanden. Im Jahre 1972 hat er aufgrund eines Fernstudiums mit anschließender Prüfung die Lehrbefähigung zur Erteilung des Fachunterrichts im Fach Staatsbürgerkunde der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschulen der DDR erworben.
Seit 1963 ist der Kläger als Lehrer tätig. Von 1966 bis 1969 war er stellvertretender Direktor, danach bis 1970 Direktor und anschließend bis 1976 wieder stellvertretender Direktor an verschiedenen Schulen. Von 1976 bis 1985 war er Direktor einer polytechnischen Oberschule in H. Danach verzog er nach L. und war dort ab 1985 als Lehrer an einer polytechnischen Oberschule tätig. Zuletzt war er Klassenlehrer einer sechsten Klasse und unterrichtete Geschichte in den Klassen 6 bis 10 sowie Gesellschaftskunde in den Klassen 8 bis 10.
Mit Schreiben vom 24. September 1991, dem Kläger zugegangen am 25. September 1991, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31. Dezember 1991 wegen mangelnder fachlicher Eignung des Klägers. Hiergegen machte der Kläger am 4. Oktober 1991 eine Kündigungsschutzklage anhängig.
Der Kläger hat vorgetragen, aufgrund seines Studiums sei er in der Lage, sowohl das zu DDR-Zeiten gültige Geschichtsbild als auch das heutige Geschichtsbild in Verbindung mit der richtigen Interpretation der gesellschaftlichen Zusammenhänge den Schülern glaubhaft zu vermitteln. Im übrigen habe ihm der Beklagte nach der insoweit weitergeltenden Arbeitsordnung für pädagogische Kräfte vom 20. November 1979 erst zum 31. August 1992 kündigen dürfen.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 25. September 1991 nicht beendet ist, sondern auf unbestimmte Zeit fortbesteht.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, das Fach Staatsbürgerkunde sei durch die geänderten politischen Verhältnisse ersatzlos weggefallen. Das Schulfach Geschichte, in dem der Kläger ebenfalls ausgebildet worden sei, habe nichts mit dem heute gültigen Verständnis von Geschichte und geschichtlichen Zusammenhängen zu tun.
Das Kreisgericht hat der Klage stattgegeben, weil dem Beklagten nicht der Nachweis gelungen sei, daß der Kläger für die Erteilung von Unterricht in Geschichte fachlich ungeeignet sei.
Gegen das dem Beklagten am 27. April 1992 zugestellte Urteil des Kreisgerichts hat dieser mit einem am 13. Mai 1992 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 10. Juli 1992 mit einem 10. Juli 1992 beim Bezirksgericht Dresden und am 17. Juli 1992 beim Landesarbeitsgericht eingegangen Schriftsatz begründet. Mit einem am 26. Juli 1992 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Beklagte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt.
Der Beklagte trägt vor, aufgrund der Errichtung des Landesarbeitsgerichts am 1. Juli 1992 sei unklar gewesen, bei welchem Gericht die Berufungsbegründung einzulegen gewesen sei. Er habe dies trotz eingehender Bemühungen nicht klären können. Deshalb habe er die Berufungsbegründungsfrist unverschuldet versäumt. Zur Sache macht der Beklagte geltend, Gegenstand des Staatsbürgerkundeunterrichts sei ausschließlich die Rechtfertigung der Diktatur der Arbeiterklasse unter Führung der SED gewesen. Das Fach Gesellschaftskunde, das heute unterrichtet werde, habe hingegen das politische, wirtschaftliche und soziale System der Bundesrepublik Deutschland und des Freistaates Sachsen zum Gegenstand. Im Fach Geschichte verfüge der Kläger nicht über die Methodik, die zur Interpretation eines heute gültigen Geschichtsbildes nötig sei. Artikel 37 des Einigungsvertrages gewährleiste keinen Bestandsschutz aufgrund vorhandener Abschlüsse. Für die fachliche Eignung des Klägers, das Fach Geschichte zu unterrichten, sei auch dessen politische Haltung in der Vergangenheit zu berücksichtigen. Die langjährige Tätigkeit des Klägers als stellvertretender Direktor und Direktor lasse auch auf eine mangelnde persönliche Eignung schließen.
Der Beklagte beantragt,
- dem Beklagten gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren,
- das Urteil des Kreisg...