Verfahrensgang
KreisG Dresden (Urteil vom 15.05.1992; Aktenzeichen 3 Ca 643/91) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Kreisgerichts Dresden vom 15. Mai 1992 – 3 Ca 643/91 – wird auf Kosten des Landes
zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die 39jährige Klägerin hat an der Pädagogischen Hochschule … die Fachkombination Freundschaftspionierleiter/Geschichte studiert. Mit dem Hochschulabschluß im Jahre 1977 hat sie die Lehrbefähigung zur Erteilung des Fachunterrichts in Geschichte der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschulen der DDR erworben.
Von 1977 bis 1983 war die Klägerin als Freundschaftspionierleiterin tätig und wurde gleichzeitig als Lehrerin mit 6 Wochenstunden Unterricht eingesetzt. Seit 1983 ist sie als vollzeitbeschäftigte Lehrerin beschäftigt, zunächst bis 1987 als stellvertretende Direktorin und Lehrerin für Geschichte an der 37. Polytechnischen Oberschule mit einer Unterrichtstätigkeit von etwa 12 bis 16 Wochenstunden. Ab 1987 ist sie Lehrerin an einer Berufsschule für Gewerbe- und Hauswirtschaft und unterrichtet dort die Fächer Geschichte und Sozialkunde sowie – ab 1990 – Pflanzenpflege.
Mit Schreiben vom 28. Oktober 1991, der Klägerin zugegangen am 31. Oktober 1991, kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 1991 wegen unzureichender fachlicher Qualifikation der Klägerin. Hiergegen machte die Klägerin am 18. November 1991 eine Kündigungsschutzklage anhängig.
Die Klägerin hat vorgetragen, aufgrund ihrer langjährigen Lehrtätigkeit besitze sie die pädagogischen und methodischen Voraussetzungen für eine Tätigkeit als Lehrer. Außerdem habe sie an zahlreichen Weiterbildungsveranstaltungen teilgenommen. Im übrigen sei der wegen Fehlens eines Personalrats beim Oberschulamt zuständige Kreispersonalrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden.
Die Klägerin hat beantragt
- festzustellen, daß das bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 28. Oktober 1991, zugegangen am 7. November 1991, nicht aufgelöst wurde, sondern über den 31. Dezember 1991 hinaus fortbesteht,
- die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin am bisherigen Arbeitsplatz zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, die fachliche Qualifikation der Klägerin entspreche nicht den Ansprüchen, die an ein einheitliches Niveau im Bildungswesen zu stellen seien. Die Ausbildung der Klägerin sei völlig einseitig auf der Grundlage des marxistisch-leninistischen Geschichtsbildes erfolgt. Das danach den Schülern zu vermittelnde Weltbild, unterscheide sich grundlegend von dem Weltbild, das jetzt in der Schule vermittelt werden solle. Ziel des Geschichtsunterrichts in der DDR sei die Vermittlung und Aneignung eines konkreten und parteilichen Geschichtsbildes gewesen. Es komme nicht darauf an, daß die Schüler zu der Klägerin Vertrauen hätten, diese als Lehrerin akzeptierten und die Klägerin gute pädagogische Fähigkeiten besitze.
Das Kreisgericht hat der Klage stattgegeben, weil die Klägerin die fachliche Qualifikation für einen Geschichtslehrer besitze. Im übrigen sei das beklagte Land verpflichtet, der Klägerin Umschulungs- bzw. Fortbildungsmaßnahmen anzubieten. Gegen das dem Beklagten am 9. Juni 1992 zugestellte Urteil des Kreisgerichts hat dieser mit einem am 9. Juli beim Bezirksgericht und am 14. Juli 1992 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am 10. August 1992 begründet. In der Rechtsmittelbelehrung des Urteils des Kreisgerichts heißt es, daß Berufung „beim Bezirksgericht D.” einzulegen sei.
Der Beklagte trägt vor, aufgrund der Ausbildung der Klägerin habe ihre Hauptaufgabe im Bereich der außerunterrichtlichen Tätigkeit als Freundschaftspionierleiter gelegen. Der Geschichtsunterricht, für den die Klägerin ausgebildet worden sei, habe einseitig der Legitimation der Politik des sozialistischen Gesellschaftssystems gedient. Artikel 37 Abs. 1 des Einigungsvertrages, der die Anerkennung der in der DDR erworbenen Abschlüsse regle, verleihe keinen arbeitsrechtlichen Bestandsschutz.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Kreisgerichts D. vom 15. Mai 1992 – 3 Ca 643/91 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt.
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Sie trägt vor, nach § 37 Abs. 1 des Einigungsvertrages komme es für die Anerkennung ihrer Lehrbefähigung in den neuen Bundesländern nicht auf eine Gleichwertigkeit mit einem anderen Hochschulabschluß an.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig. Sie ist frist- und formgerecht eingelegt worden. Die Berufungsschrift ist zwar nach mehr als einem Monat seit Zustellung des Urteils des Kreisgerichts beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Dies war aber noch fristgerecht. Denn die Rechtsmittelbelehrung im Urteil des Kreisgerichts war für die Zeit ab 1. Juli 1992 unzu...