Entscheidungsstichwort (Thema)

Abfindungsanspruch bei betriebsbedingter Kündigung. Angebot einer der Höhe nach von § 1 a Abs. 2 Satz 1 KSchG abweichenden Abfindung. Auslegung eines Abfindungsangebots. Höhe. Angebot. Betriebsbedingte Kündigung. Abfindung

 

Leitsatz (amtlich)

Durch die Formulierung ›wir bieten an‹ bringt der Arbeitgeber regelmäßig zum Ausdruck, dass er abweichend von der gesetzlichen Regelung des § 1 a KSchG die Zahlung einer Abfindung auf vertraglicher Grundlage anbietet (so auch Sächs. LAG vom 26.02.2007 – 3 Sa 305/08 – dok. in JURIS).

 

Normenkette

BGB § 151 S. 1; KSchG § 1a; BGB §§ 133, 157

 

Verfahrensgang

ArbG Dresden (Urteil vom 02.11.2006; Aktenzeichen 5 Ca 2318/06)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 02.11.2006 – 5 Ca 2318/06 –

abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Revision ist nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Abfindungsanspruch bei betriebsbedingter Kündigung.

Der Kläger stand bei der Beklagten bis 30.04.2006 in einem seit 01.09.1967 rechnenden Arbeitsverhältnis.

Im Ausscheidensmonat hatte er einen Monatsverdienst in Höhe von 1.526,06 EUR brutto.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund Kündigung der Beklagten mit

Schreiben vom 26.09.2005, das folgenden Wortlaut hat:

„Betriebsbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses

Sehr geehrter Herr …,

hiermit kündigen wir betriebsbedingt den zwischen uns am01.11.2000 abgeschlossenen Arbeitsvertrag unter Einhaltungder gesetzlichen Frist zum 30.04.2006.

Vorsorglich kündigen wir zum nächstmöglichen Termin.Diese Kündigung wird von dringenden betrieblichen Erfordernissen gestützt.

Wir bieten Ihnen eine Abfindung in Höhe von 10.000 EUR (zehntausend) an.

Diese Abfindung können Sie nach Verstreichenlassen der dreiwöchigen Klagefrist beanspruchen. Die Abfindung wird bei Verstreichenlassen der Klagefrist mit der letzten Lohnzahlungnach Beendigung des Arbeitsverhältnisses an Sie überwiesen.

Der Betriebsrat ist vor Ausspruch dieser Kündigung angehörtworden.

Für die Zukunft wünschen wir Ihnen alles Gute und danken für Ihre bisherige Mitarbeit.

…”

Der Kläger hat sich gegen die Kündigung nicht zur Wehr gesetzt.

Er hat die Auffassung geäußert, dass ihm aufgrund des Kündigungsschreibens ein Abfindungsanspruch bei betriebsbedingter Kündigung nach § 1 a KSchG zustehe.

Die Höhe der Abfindung betrage nach dieser Vorschrift bei Zugrundelegen einer Betriebszugehörigkeit von 39 Jahren 29.758,17 EUR.

Unter Abzug des gezahlten Abfindungsbetrages in Höhe von 10.000 EUR hat der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 19.758,17 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.05.2006 zu bezahlen.

Die Beklagte hat

Klageabweisung

beantragt.

Die Beklagte hat geltend gemacht, dem Kläger eine Abfindung in Höhe von 10.000 EUR angeboten zu haben. Dies habe er angenommen. Ein weiteres Angebot – etwa in Höhe der Formel nach § 1 a KSchG – sei damit nicht beabsichtigt und auch nicht erklärt worden. Das Kündigungsschreiben lasse über ihr Angebot auch kein Missverständnis aufkommen. Sie habe sich eindeutig ausgedrückt. Für eine Auslegung sei kein Spielraum.

In dem Schreiben vom 26.09.2005 sei keine Rede von der Bestimmung des § 1 a KSchG. Die Verwendung des Gesetzestextes habe sich angeboten, um die Aussage des Arbeitgebers rechtstechnisch eindeutig zu formulieren. Damit sei aber noch nicht zum Ausdruck gebracht worden, dass die Abfindung an einer gesetzlichen Vorgabe habe orientiert sein sollen.

Das vom Kläger angegangene Arbeitsgericht Dresden hat der Klage entsprochen, die vorläufige Vollstreckbarkeit in dem Urteil aber antragsgemäß ausgeschlossen.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 04.12.2006 zugestellte Urteil am 21.12.2006 Berufung eingelegt und diese zugleich ausgeführt.

Die Beklagte verteidigt ihre erstinstanzlich vertretene Rechtsposition und sieht sichdarin durch die mittlerweile zu § 1 a KSchG ergangene Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bestärkt.

Sie beantragt,

die Klage unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Dresden vom 02.11.2006 – 5 Ca 2318/06 – abzuweisen.

Der Kläger beantragt

die Zurückweisung der Berufung.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens beider Parteien sowie der von ihnen geäußerten Rechtsansichten wird im Übrigen auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Berufung ist begründet, weil der Kläger gegen die Beklagte bereits dem Grunde nach keinen Abfindungsanspruch bei betriebsbedingter Kündigung nach § 1 a Abs. 1 KSchG hat. Deshalb kommt es auf die ersichtlich außer Streit stehende Höhe eines etwaigen Abfindungsanspruchs nach dieser Vorschrift nicht an. Mangels Hauptforderung besteht auch kein Zinsanspruch.

1. Kündigt der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG und erhebt der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 KSchG keine Klage auf Feststellung, dass das Arbe...

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