Verfahrensgang
ArbG Dresden (Urteil vom 09.12.1993; Aktenzeichen 9 Ca 4191/93) |
Nachgehend
Tenor
1.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 09.12.1993 – 9 Ca 4191/93 – wird auf Kosten des Klägers
zurückgewiesen.
2.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frage, ob auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien die Zeit vom 13.03.1977 bis zum 01.04.1991 als Beschäftigungszeit i. S. des § 19 BAT-O anzurechnen ist.
Der am 09.03.1953 geborene Kläger hat ein Studium der Elektrotechnik absolviert. Vom 13.09.1976 bis zum 12.05.1991 bestand ein Arbeitsverhältnis als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Zentralinstitut für Kybernetik in D. einer Einrichtung der Akademie der Wissenschaften der DDR. Dieses Arbeitsverhältnis ruhte in dem Zeitraum vom 01.11.1990 bis 30.04.1991 wegen eines Arbeitsaufenthaltes des Klägers als Systemingenieur bei der OHB-System GmbH in B..
Seit 13.05.1991 ist der Kläger zunächst als Referent bei der Sächsischen Staatskanzlei, seit 01.01.1993 als Beauftragter des Beklagten für die Verwaltung der Unterlagen des MfS tätig.
Am 01.10.1991 beschloß die Sächsische Staatsregierung, das Zentralinstitut für Kybernetik aufzulösen (siehe auch Bekanntgabe des Sächs. Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst v. 19.11.1991, Sächs. Amtsblatt Nr. 41 v. 16.12.1991, S. 20).
Am 07.04.1992 stellte der Kläger einen Antrag auf Anerkennung von Beschäftigungszeiten (Bl. 8 bis 12 d. A.). Der Beklagte setzte den Beginn der Beschäftigungszeit mit Schreiben vom 01.10.1992 (Bl. 13 bis 16 d. A.) zunächst auf den 13.05.1991 und sodann mit Schreiben vom 21.04.1993 (Bl. 19 bis 21 d. A.) korrigierend auf den 02.04.1991 fest.
Mit am 09.06.1993 beim Arbeitsgericht eingegangener Klage macht der Kläger geltend, bereits die Zeit ab 13.03.1977 sei als Beschäftigungszeit i. S. des § 19 BAT-O anzuerkennen. Das Institut für Kybernetik sei vom Beklagten gemäß Art. 38 Abs. 2 des Einigungsvertrages übernommen worden. Demzufolge sei der Tatbestand der Übergangsvorschrift 2. b zu § 19 BAT-O erfüllt. Die Aufgaben dieses Instituts habe der Beklagte bis zum 31.12.1991 übernommen.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß die Beschäftigungszeit des Klägers i. S. des BAT-O am 13.03.1977 beginnt.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat entgegnet, die nur vorläufige Fortführung der Einrichtung mit dem Ziel der Auflösung bzw. Umwandlung sei nicht als Übernahme der Aufgaben anzusehen.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 09.12.1993 die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt und den Streitwert auf 13.130,73 DM festgesetzt. Es hat in den Entscheidungsgründen, auf welche im übrigen Bezug genommen wird (Bl. 54 bis 59 d. A.), u. a. ausgeführt, die Voraussetzungen der Übergangsvorschrift Nr. 2 b zu § 19 BAT-O lägen nicht vor. Eine Übernahme der Einrichtung reiche nicht aus. Vielmehr komme es auf die Übernahme der Aufgaben an. Die Fortführung lediglich auf der Grundlage des Art. 38 Abs. 2 des Einigungsvertrages, mithin ohne Übernahmeentscheidung des Beklagten, stelle keine Aufgabenübernahme i. S. der Übergangsvorschrift dar.
Gegen dieses ihm am 18.01.1994 zugestellte Urteil richtet sich die am 15.02.1994 beim Landesarbeitsgericht eingegangene und am 11.04.1994 ausgeführte Berufung des Klägers. Der Kläger trägt vor, nach dem Tarifvertrag sei nur die „Übernahme der Einrichtung bzw. der Aufgaben durch den Beklagten” gefordert. Es bestehe kein Anhaltspunkt dafür, daß die Tarifvertragsparteien dem Zweck des Art. 38 Abs. 2 EV hätten Rechnung tragen wollen. Die durch das Arbeitsgericht gefundene Auslegung der Tarifvorschrift führe auch zu einer zeitweiligen Nichtanwendbarkeit dieser Vorschrift.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 09.12.1993 aufzuheben und festzustellen, daß die Beschäftigungszeit des Klägers i. S. des BAT-O am 13.03.1977 beginnt.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, die Nr. 2 b der Übergangsvorschrift zu § 19 BAT-O sei nur im Kontext mit Nr. 1 zu sehen.
Hier läge keine Überführung vor. Die Aufgaben der Einrichtung seien vielmehr der Fraunhofer-Gesellschaft „übertragen” worden. Es handele sich aber dann nicht um eine Überführung, wenn die Fortführung nur mit dem Ziel der Auflösung stattfinde.
Nr. 2 b sei auch im Lichte des Art. 38 Abs. 2 EV zu würdigen. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Überleitungsvorschrift, der 01.12.1991, sei „nicht von ungefähr” mit dem Zeitpunkt des Ablaufs der „Bedenkzeit” des Art. 38 Abs. 2 EV zusammengefallen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze bei den Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die gemäß § 64 Abs. 1 u. 2 ArbGG nach dem Beschwerdewert statthafte Berufung ist auch im übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Der Berufungsantrag war zwangl...