Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung eines Abwicklungsvertrags. Allgemeine Geschäftsbedingung. Abfindung
Leitsatz (redaktionell)
Nach Art. 229 § 5 EGBGB gilt das alte Schuldrecht für den Arbeitsvertrag als Dauerschuldverhältnis im Ganzen, d.h. für seine Begründung, seine Durchführung und auch seine Beendigung. Die Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrags betreffend einen vor dem 01.012002 geschlossenen Arbeitsvertrag, bestimmt sich somit bis zum 01.01.2003 nach den Regelungen des Schuldrechts vor der Schuldrechtsferform.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 611 Abs. 1, § 613a Abs. 1, § 812 Abs. 1 S. 2; KSchG §§ 9-10; EGBGB Art. 229 § 5
Verfahrensgang
ArbG Leipzig (Urteil vom 22.01.2003; Aktenzeichen 20 Ca 5896/02) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 22.01.2003 – 20 Ca 5896/02 – wird
z u r ü c k g e w i e s e n. |
2. Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.
3. Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Abfindung aus einem Abwicklungsvertrag.
Die Klägerin war seit dem 01.04.1998 bei der Fa. … GmbH & Co. KG als Vermietberaterin in einer Filiale in … tätig.
Dem Arbeitsverhältnis der Parteien lag ein unter dem 24.04.1998/06.05.1998 unterzeichneter Arbeitsvertrag (Bl. 4 bis 7 d. A.) zugrunde.
Die (jetzige) Beklagte war die einzige Komplementärin der … GmbH & Co. KG, welche zwischenzeitlich im Handelsregister gelöscht wurde und die Kommanditanteile der einzigen Kommanditistin wurden auf die (jetzige) Beklagte übertragen.
Die Fa. … GmbH & Co. KG kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Schreiben vom 27.03.2002 (Bl. 18 d. A.) zum 30.06.2002.
In dem Kündigungsschreiben wurde der Klägerin u. a. Folgendes mitgeteilt:
„…
Die … hat uns noch die Mittel zur Verfügung gestellt, dass wir die Abbau des Unternehmens ordnungsgemäß abwickeln können und es daher trotz der sehr hohen Verluste nicht zur Insolvenz (zum Konkurs) kommt.
…
Wir wollen Sie über alle Vorgänge umfassend informieren und bitten Sie, die weiteren Einzelheiten zur Betriebsschließung und zum Ablauf nach dieser Kündigung der beiliegenden Information, die Bestandteil dieser Kündigung ist, zu entnehmen.
Wir freuen uns, dass … uns die Mittel gegeben hat, um Ihnen noch eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes zu zahlen. Die Höhe und die Zahlungsmodalitäten entnehmen Sie bitte dem beiliegenden Abwicklungsvertrag.
An das Angebot im Abwicklungsvertrag halten wir uns bis zum 10. April 2002 gebunden. …
…”
Mit dem Kündigungsschreiben vom 27.03.2002 erhielt die Klägerin gleichzeitig eine mehrseitiges Schreiben „Information zur Betriebsstilllegung” (Bl. 19 bis 24 d. A.) sowie einen bereits von der Fa. … GmbH & Co. KG unterzeichneten Abwicklungsvertrag (Bl. 8/9 d. A.), den die Klägerin am 04.04.2002 unterzeichnete.
In dem Abwicklungsvertrag wurde u. a. folgende Regelung getroffen:
„…
- Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch die arbeitgeberseitige Kündigung vom 27. März 2002 zum 30.06.2002 beendet wird. Das Arbeitsverhältnis wird bis zum Beendigungszeitpunkt ordnungsgemäß unter Einhaltung der beiderseitigen Vertragspflichten fortgeführt.
- … zahlt an den Mitarbeiter für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung analog zu §§ 9, 10 KSchG in Verbindung mit § 3 Ziffer 9 EstG in Höhe von Euro 5.220,00 (i.W. Euro fünftausendzweihundertzwanzig) brutto mit der letzten Gehaltsabrechnung.
…”
In der „Information zur Betriebsstilllegung” heißt es u. a.:
„Die Abfindungsregelung (‚Sozialplan’) hat folgenden Inhalt:
…
Keine Abfindung wird gezahlt:
…
– bei Übernahme des Mitarbeiters in eine zum Konzern gehörende Gesellschaft oder bei Angebot der …, zu einem übernehmenden Betrieb zu wechseln und dem damit verbundenen möglichen Betriebsübergang nach § 613 a BGB
…
Die Höhe der Abfindung soll die im konkreten Fall zu erwartenden Nachteile für die betroffenen Mitarbeiter – zu – mindest zum Teil – ausgleichen und wird aus dieser Zielsetzung heraus individuell entwickelt. Grundsätzlich orientieren wir uns am Gesetz (§§ 9, 10 KSchG analog). Die Einzelheiten wird jeder Mitarbeiter dem ihm zugehenden
Angebot auf Abschluss eines Abwicklungsvertrages entnehmen können.
…”
Mit einem Vertrag vom 25.04.2002 (Bl. 38 bis 43 d. A.) übernahm die Fa. … GmbH von der Fa. … GmbH & Co. KG die Vermietstation … ab 01.07.2002.
In § 7 Ziffer 6 dieses Vertrages heißt es u. a.:
„…
Die Parteien gehen allerdings davon aus, dass infolge des Abschlusses dieses Vertrages die Vorschrift des § 613 a BGB Anwendung findet.
Die Betriebserwerberin verpflichtet sich daher, die betreffenden Mitarbeiter in einem gemeinsam mit der Betriebsveräußerin dem Mitarbeiter zu übergebendem Schreiben (Muster siehe Anlage 4 b) unverzüglich und umfassend zu informieren.
…”
Der Klägerin wurde eine Vereinbarung vom 25.04.2002 (Bl. 25 bis 27 d. A.), in die auch die Fa. … GmbH einbezogen wurde, angeboten, die u. a. auch eine Aufhebung des zwischen der Klägerin und der Fa. … GmbH & Co. KG geschlossenen Abwick...