Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Ausschluss der Beschwerde gegen die Entscheidung des SG im Kostenfestsetzungsverfahren. Nichtanwendbarkeit der Regelungen des RVG zur Beschwerde
Leitsatz (amtlich)
1. Das Sozialgericht entscheidet über Erinnerungen gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle nach § 197 Abs 2 SGG endgültig. Eine Beschwerde zum Landessozialgericht ist nicht statthaft.
2. Die Rechtsbehelfe des RVG (§ 56 Abs 2, § 33 Abs 3 und 4 RVG) finden im Sozialgerichtsprozess auf die Kostenfestsetzung im Verhältnis der Beteiligten untereinander keine Anwendung. § 197 Abs 2 SGG ist abschließend.
Tenor
I. Der Antrag auf Vorabentscheidung nach § 17a Gerichtsverfassungsgesetz wird abgelehnt. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
II. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 18. Juli 2012 wird verworfen.
III. Diese Entscheidung ergeht kostenfrei.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz (SG) vom 18.07.2012, mit dem es die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten vom 15.12.2011 über die vom Antragsgegner im Verfahren S 14 AS 53/11 zu erstattenden notwendigen außergerichtlichen Kosten zurückgewiesen hat. Die Rechtsmittelbelehrung des Beschlusses vom 18.07.2012 lautet: “Diese Entscheidung ist endgültig (§ 197 Abs. 2 SGG).„
Die Antragstellerin hat gegen den ihr am 24.07.2012 zugestellten Beschluss am 03.08.2012 beim SG Beschwerde erhoben. Zugleich hat sie Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) über die Zulässigkeit der Beschwerde beantragt sowie in dem Schriftsatz Anhörungsrüge und hilfsweise Gegenvorstellung erhoben. Es sei vorab auszusprechen, dass die im beschrittenen Rechtsweg eingelegte Beschwerde zum Landessozialgericht (LSG) zulässig sei. Der Anwendungsbereich der §§ 17ff. GVG sei weit zu fassen und gelte auch, wenn Zweifel bestünden, ob für eine Sache überhaupt gerichtlicher Rechtsschutz gegeben sei. Nach dem Wortlaut des § 197 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei die Beschwerde gegen Entscheidungen des Kostenrichters auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Dieser besage nur, dass der Kostenrichter über die Erinnerung endgültig entscheide. Daher ergebe sich ein Beschwerdeausschluss weder aus § 197 Abs. 2 SGG noch aus § 172 SGG. Ferner beantragt die Antragstellerin, die Rechtsfragen, ob bei einer unstreitig erledigten erfolgreichen Untätigkeitsklage ein fiktive Terminsgebühr anfalle, ob bei einer Untätigkeitsklage eine Verfahrensgebühr nach Nummer 3102 Vergütungsverzeichnis (VV) zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) oder nach Nummer 3103 VV RVG anfalle sowie ob bei angenommenem Anerkenntnis im Untätigkeitsklageverfahren eine Gebühr nach Nummer 1006 VV RVG (Erledigungsgebühr) entstehe, jeweils nach Art. 100 Grundgesetz (GG) dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorzulegen.
Die Akten des Kostenfestsetzungsverfahrens einschließlich des Erinnerungsverfahrens haben dem Senat vorgelegen.
II.
Der Antrag gemäß § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG vorab die Zulässigkeit der Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 18.07.2012 festzustellen, ist unzulässig.
Nach § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG hat das Gericht vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt. Die vom Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin hier begehrte Entscheidung über die Zulässigkeit der Beschwerde ist bereits vom Anwendungsbereich der Norm nicht erfasst. Der Anwendungsbereich der §§ 17 bis 17b GVG ist auf die Frage des Rechtsweges beschränkt. Dabei ist Rechtsweg im prozessualen Sinne dahingehend zu verstehen, welche der einzelnen Gerichtsbarkeiten nach den für sie maßgeblichen gesetzlichen Regelungen für eine Streitigkeit zuständig und zur Entscheidung berufen ist (Kissel/Mayer, GVG, 6 Aufl. 2010, § 17 RdNr. 3a). Der im Kostenfestsetzungsverfahren eröffnete Rechtsweg ist freilich nicht klärungsbedürftig und wird auch vom Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin nicht in Frage gestellt. Die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit für das Kostenfestsetzungsverfahren als Annex zum Hauptsacheverfahren folgt dem Hauptsacherechtsweg und wird von § 197 SGG selbstverständlich vorausgesetzt.
Die §§ 17 bis 17b GVG gelten dagegen nicht innerhalb des Rechtsweges und insbesondere nicht für das Verhältnis zwischen den Gerichten verschiedener Instanzen (vgl. Kisel/Mayer, GVG, § 17 RdNr. 5). Rechtsmittelverfahren als solche stellen keinen eigenständigen Rechtsweg im Sinne der §§ 13 ff. GVG dar. Vielmehr erfasst der prozessrechtliche Begriff des Rechtswegs nur die einzelnen Zweige der Gerichtsbarkeit, die Art. 92, 95 GG vorsehen (Hüßtege, in Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung, 33. Auflage 2012, § 13 GVG RdNr. 4).
Auch das vom Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin ins Feld geführte Argument, wonach die §§ 17ff. GVG auch dann gelten sollen, wenn Zweifel bestehe, ob überhaupt gerichtlicher Rechtsschutz gegeben ist, greift in der streitigen Konstellation von vornherein nicht. Denn de...