Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Bedarfsgemeinschaft. Transsexueller. Möglichkeit der Eheschließung. Begründung einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft. Voraussetzungen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft
Leitsatz (amtlich)
Eine transsexuelle Person kann grundsätzlich jederzeit eine Ehe oder eine Eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen. Damit kann sie auch Partner oder Partnerin einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB II sein.
Tenor
I. Die Beschwerden der Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 5. November 2015 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Beteiligt am Beschwerdeverfahren sind auf Beschwerdeführerseite beide Klägerinnen. Zwar hat der Klägerbevollmächtigte im Rechtsmittelschriftsatz, mit dem sowohl Berufung (Az. L 3 AS 1221/15) als auch Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden sind, in der Betreffangabe nur die Klägerin zu 2 als Aktivbeteiligte angegeben. Dies entspricht allerdings auch der Angabe in der Klageschrift. Aus den weiteren Angaben in der Klageschrift wird sodann aber deutlich, dass die Klage, mit der höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) erstrebt worden ist, für beide dort namentlich bezeichneten Klägerinnen erhoben werden sollte. Das Sozialgericht hat im Urteil vom 5. November 2015 auch über die Klagen der beiden Klägerinnen entschieden. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Rechtsmittel auf eine der Klägerinnen beschränkt werden sollte.
II.
Die Beschwerden gemäß § 145 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 5. November 2015 sind zulässig, insbesondere statthaft.
Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Das gilt gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
Im Streit steht die Höhe des bewilligten Arbeitslosengeldes II. Mit der Klage begehrten die Klägerinnen, bei der Berechnung ihrer Ansprüche auf Arbeitslosengeld II für die Monate September bis Dezember 2013 jeweils an Stelle der Regelbedarfsstufe 2 die Regelbedarfsstufe 1 zugrunde zu legen. Nach § 2 der Verordnung zur Bestimmung des für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch maßgeblichen Vomhundertsatzes sowie zur Ergänzung der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch für das Jahr 2013 (Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2013 - RBSFV 2013) vom 18. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2173) wurde im Jahr 2013 als Regelbedarf in der Regelbedarfsstufe 1 ein Betrag in Höhe von 382,00 EUR und in der Regelbedarfsstufe 2 ein Betrag in Höhe von 345,00 EUR anerkannt. Daraus folgt ein Differenzbetrag in Höhe von 37,00 EUR monatlich. Bezogen auf zwei Personen und vier Monate errechnet sich ein streitiger Betrag in Höhe von 296,00 EUR.
Soweit der Klägerbevollmächtigte im Klageverfahren noch gerügt hat, die Höhe des gesetzlich festgelegten Regelbedarfs sei nicht verfassungsgemäß, gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass er hieran nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 23. Juli 2014 (vgl. BVerfG, Urteil vom 23. Juli 2014 - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 - BVerfGE 137, 34 ff. = NJW 2014, 3425 ff.) noch im Rechtsmittelverfahren festhalten will. Auf den richterlichen Hinweis, dass der Senat aus den oben genannten Gründen von einem Wert des Beschwerdegegenstandes in Höhe von 296,00 EUR ausgehe, hin hat der Klägerbevollmächtigte lediglich die Berufung (Az. L 3 AS 1221/15) zurückgenommen.
Der Betrag in Höhe von 296,00 EUR übersteigt nicht den Grenzwert in Höhe von 750,00 EUR aus § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG für eine zulassungsfreie Berufung.
Das Sozialgericht hatte daher zu Recht über die Zulassung der Berufung zu befinden. Es hat diese nicht zugelassen.
III.
Die Beschwerden sind aber unbegründet, weil Gründe für die Zulassung der Berufung nicht vorliegen.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nummer 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nummer 2) oder ein an der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nummer 3). Keiner dieser Zulassungsgründe ist gegeben.
1. Eine Rechtssache hat dann im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr...