Entscheidungsstichwort (Thema)
Förderung aus dem Vermittlungsbudget. keine unterschiedliche Rechtsauslegung des § 44 SGB 3 für Leistungsberechtigte nach SGB 2 oder SGB 3. Ermessensspielraum. ermessenslenkende Weisung. Familienheimfahrten für alleinstehenden Anspruchsberechtigten
Leitsatz (amtlich)
1. § 44 SGB III ist für Leistungsberechtigte nach dem SGB III nicht anders auszulegen als für Leistungsberechtigte nach dem SGB II.
2. In eine ermessenslenkende Weisung zur Förderung aus dem Vermittlungsbudget kann unter anderem auch einfließen, dass zwar sowohl im Recht der Arbeitsförderung als auch im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchenden in bestimmten Fällen ein Förderbedarf bei der Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in bestimmter Weise und bestimmtem Umfang bestehen kann, dass aber im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende stets auch ein gesteigerter Förderbedarf bestehen kann, der sich daraus ergibt, dass eine Leistungsberechtigung nach dem SGB II zwingend eine Hilfebedürftigkeit im Sinne von § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3, § 9 SGB II voraussetzt.
3. Wenn alle sonstigen Voraussetzungen für eine Förderung aus dem Vermittlungsbudget vorliegen, steht der Umstand, dass der Betreffende "alleinstehend" ist, einem Anspruch auf Förderung nicht notwendigerweise im Wege.
Tenor
I. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 8. November 2019 wird zurückgewiesen.
II. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 8. November 2019.
Der seit dem 1. Juli 2017 arbeitslose Kläger bewohnt in A... eine Eigentumswohnung. Die hochbetagten Eltern des Klägers wohnen ebenfalls in A.... In die vom Kläger mit der Beklagten am 24. August 2017 abgeschlossene Eingliederungsvereinbarung wurde als Ziel die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit als Ingenieur durch regionale Stellensuche im Umkreis von 50 km aufgenommen. Als Leistung der Beklagten wurde die Finanzierung einer Probearbeit und die Übernahme von Fahrkosten für ein Vorstellungsgespräch in die Vereinbarung aufgenommen.
Am 9. Oktober 2017 nahm der Kläger ein Arbeitsverhältnis mit Arbeitsstelle in Y... auf. Im Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages am 27. September 2017 bzw. 29. September 2017 beantragte der Kläger per E-Mail eine Unterstützung durch Bezuschussung von Hotelkosten. Auf einen telefonischen Kontakt am 2. Oktober 2017 wurde ihm ein Antragsformular zugesandt. Der Kläger machte die Förderung von Aufwendungen in Höhe von insgesamt 956,50 EUR (= 37,00 EUR [für eine Hotelübernachtung] + 500,00 EUR [für getrennte Haushaltsführung für Miete Oktober/November zu je 250,00 EUR] + 419,50 EUR [Fahrkosten für Eisenbahnfahrten]) geltend.
Mit Bescheid vom 11. Dezember 2017 bewilligte die Beklagte davon 389,15 EUR (= 37,00 EUR [für eine Hotelübernachtung] + 185,48 EUR [anteilig für Miete Oktober] + 166,67 EUR [für Miete November]). Nach Einlegung eines Widerspruchs am 20. Dezember 2017 bewilligte die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 9. Januar 2018 auch Reisekosten der ersten Hinfahrt zum Arbeitsort in Höhe von 29,00 EUR. Die Übernahme der weiter geltend gemachten Fahrkosten (Wochenendheimfahrten) lehnte die Beklagte ab. Es handele sich nicht um für die Arbeitsaufnahme notwendige Kosten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2018 wies die Beklagte im Übrigen den Widerspruch zurück.
Die Klage vom 15. Februar 2018 hat das Sozialgericht mit Urteil vom 8. November 2019 abgewiesen. Auf die Bewilligung der vom Kläger noch beanspruchten Förderung bestehe kein Anspruch. Zwingende Voraussetzung einer Förderung aus dem Vermittlungsbudget nach § 44 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) sei, dass die Förderung für die berufliche Eingliederung notwendig sei (vgl. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Bei der "Notwendigkeit" handle es sich um eine Tatbestandsvoraussetzung, die durch die Gerichte voll überprüfbar sei. Vorliegend sei von der Beklagten zutreffend eingeschätzt worden, dass wöchentliche Heimfahrten im Sinne einer engen Kausalität für den Arbeitsantritt und die Annahme des Arbeitsangebotes nicht unverzichtbar gewesen seien. Die Notwendigkeit folge auch nicht daraus, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben habe, an den Wochenenden seine betagten Eltern aufzusuchen und diese gelegentlich durch Reparaturen in der Wohnung und Einkäufe zu unterstützen. Aus dem Vortrag ergebe sich nicht, dass ein bis zur ersten Gehaltszahlung größerer Besuchsabstand für den Kläger oder seine Eltern, die sich noch selbst versorgen könnten, mit ernstlichen und der Arbeitsaufnahme entgegenstehenden Nachteilen verbunden gewesen wäre. Hierbei sei nicht maßgebend, dass es im Interesse des Klägers und seiner Familie gelegen habe, einen engen Kontakt zu halten. Entscheidend sei vielmehr, dass die Übernahme von Fahrkosten ...