Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II
Leitsatz (amtlich)
Ein Bedarf hinsichtlich der Bewilligung einer Erstausstattung kann auch beim Bezug einer zweiten nach einer Trennung oder Scheidung bezogenen Wohnung gegeben sein. Entscheidend ist das Bestehen eines nicht gedeckten Bedarfs, der nicht Erhaltungs- oder Ergänzungsbedarf ist.
Tenor
I. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 4. September 2009 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegnerin hat den Antragstellern auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig ist die Verpflichtung der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Antragsgegnerin), den Antragstellern und Beschwerdegegnern (im Folgenden: Antragsteller), die mindestens seit Juni 2009 Leistungen nach Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beziehen, im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes Mittel für die Anschaffung von Wohnungsmöbeln einschließlich Haushaltsgeräten und einem Fernseher zu bewilligen.
Die 1980 geborene Antragstellerin zu 1. trennte sich im Februar 2008 von ihrem Ehemann und zog mit ihren Kindern, den 2001 und 2006 geborenen Antragstellern zu 2. und 3. aus dem gemeinsam bewohnten Eigenheim in S. zunächst in eine Wohnung in L., wobei sie die Kinderzimmereinrichtungen (außer Kleiderschränken), Stühle und Küchentisch, Kleidung, Inhalt der Schränke und Spielzeug mitnahm.
Hinsichtlich der weiteren Ausstattung der nunmehr in L. bezogenen Wohnung wurde sie nach ihren Angaben von ihrer Familie und Freunden unterstützt, die ihr Kühlschrank, Gartenkochplatte, Gartenspülschrank mit Spüle, Campingliege, Stoffkleiderschränke, Kellerschränke, eine alte Waschmaschine und einen Fernseher leihweise zur Verfügung stellten.
Zum 01.07.2009 mietete und bezog die Antragstellerin zu 1. für sich und ihre Kinder eine Wohnung in D. . Am 09.06.2009 beantragte sie bei der Antragsgegnerin eine Erstausstattung für die Wohnung (insbesondere Kücheneinrichtung einschließlich Haushaltsgeräten, Schlafcouch, Tisch und Schränke, Fernseher).
Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag mit Bescheid vom 19.08.2009 ab. Ein Erstbezug einer Wohnung liege nicht vor. Am 25.08.2009 wurde gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt; gleichzeitig ist beim Sozialgericht Dresden (SG) Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Begehren der Übernahme der Kosten einer Erstausstattung gestellt worden. Dem Antrag war eine Eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin zu 1. beigefügt, wonach die von Dritten für die Wohnung in L. zur Verfügung gestellten Einrichtungsgegenstände anlässlich des Umzugs nach D. zurückgegeben worden seien, so dass die Antragsteller nunmehr ohne Kleiderschränke, Wohnzimmer-, Bad- und Kücheneinrichtung wohnen müssten.
Das SG hat dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 04.09.2009 stattgegeben und die Antragsgegnerin verpflichtet, den Antragstellern vorläufig Mittel für die Anschaffung einer Kücheneinrichtung, einer Schlafcouch, eines Wohnzimmertisches und Wohnzimmerschrankes, je eines Kleiderschrankes für die Antragsteller zu 1. bis 3., eines Fernsehers sowie eines Badschrankes zur Verfügung zu stellen. Ein Anordnungsgrund sei gegeben. Die Grundlage für den geltend gemachten Anspruch ergebe sich aus § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II. Der Begriff der Erstausstattung sei bedarfsbezogen zu interpretieren, wobei dem Hilfebedürftigen die benötigten Gegenstände nicht schon zur Verfügung stehen dürften. Dies hätten die Antragsteller glaubhaft gemacht. Der Vortrag, dass sie die in L. geliehenen Gegenstände nicht in die neue Wohnung nach D. hätten mitnehmen können, sei glaubhaft.
Die Antragsgegnerin hat gegen den ihr am 08.09.2009 zugestellten Beschluss am 17.09.2009 Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II lägen nicht vor, da der geltend gemachte Bedarf nicht für die von den Antragstellern nach der Trennung zuerst bezogene Wohnung entstanden sei, sondern erst für die zweite Wohnung. Von einer ersten Ausstattung könne nur ausgegangen werden, wenn der Bedarf als Folge des auslösenden Ereignisses entstanden sei und auch zeitnah geltend gemacht werde. Dies sei jedoch vorliegend nicht der Fall, da ursächlich für das behauptete Nichtvorhandensein einzelner Möbel nicht mehr die Trennung vom Ehemann und das Verlassen des gemeinsam bewohnten Einfamilienhauses gewesen sei, sondern die Rückgabe der leihweise von dritten Personen zur Verfügung gestellten Einrichtungs- und Haushaltsgegenstände. Die benötigten Gegenstände hätten zur Verfügung gestanden, die von den Antragstellern behauptete und bisher durch nichts belegte Rückgabeverpflichtung ändere hieran nichts. Zudem habe die Antragstellerin zu 1. die Möglichkeit, im Rahmen des Scheidungsverfahrens den ihr am Hausrat zustehenden Anteil zu erlangen. Eine Verpflichtung hierzu ergebe sich aus § 2 SGB II.
Sie beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 04.09.2009 aufzuheben und den Ant...