Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Sachverständigenvergütung. richterliche Festsetzung. kein Verbot der reformatio in peius. Vergütungsvereinbarung. Erstattung von Umsatzsteuer. Universaldienstleistungen der Postdienste. Stellungnahme nach Erstattung des Gutachtens

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der richterlichen Festsetzung der Vergütung (§ 4 Abs 1 S 1 JVEG) kann der Kostenrichter von der Verfügung des Kostenbeamten auch nach unten abweichen. Es gilt nicht das Verbot der reformatio in peius.

2. Besteht zwischen dem Sachverständigen und dem Freistaat eine wirksame Vereinbarung iS des § 14 JVEG (früher: § 13 ZSEG; juris: ZuSEG) für die erbrachte Leistung, so darf hiervon abweichend keine andere Vergütung festgesetzt werden. Eine inzidente Prüfung, ob die wirksam vereinbarte Vergütung angemessen oder kostendeckend ist, bleibt dem Kostenrichter versagt.

3. Die nach § 12 Abs 1 S 2 Nr 4 JVEG zu erstattende Umsatzsteuer umfasst nicht die Portoauslagen für Universaldienstleistungen der Postdienste, weil diese nach § 4 Nr 11b UStG umsatzsteuerbefreit sind.

 

Normenkette

JVEG §§ 14, 4 Abs. 1, § 12 Abs. 1 S. 2 Nrn. 3-4

 

Tenor

Die Vergütung des Antragstellers wird auf 146,96 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Festsetzung einer höheren Vergütung für eine ergänzende Stellungnahme zu einem von ihm erstatteten medizinischen Sachverständigengutachten.

Zwischen dem Sächsischen Landessozialgericht (LSG) und dem Antragsteller besteht seit dem 07.04.2011 eine Vereinbarung nach § 14 des Justizvergütungs- und -entschädigungs-gesetzes (JVEG), wonach der Antragsteller für ein vom LSG in Auftrag gegebenes Gutachten 850 €, für eine Stellungnahme, die nach einer Gutachtenserstattung auf gerichtliche Anforderung abgegeben wird, hingegen eine Pauschalvergütung von 100 € erhält.

In einem vor dem LSG geführten Berufungsverfahren (L 6 U 172/10) über die Gewährung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wurde der Antragsteller mit Beweisanordnung vom 28.06.2011 zum ärztlichen Sachverständigen auf orthopädischem Fachgebiet ernannt und mit der Erstellung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens nach den §§ 106, 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nach ambulanter Untersuchung des Klägers zu mehreren Beweisfragen beauftragt. Das Gutachten wurde am 03.08.2011 erstattet.

Mit Verfügung des Senats vom 04.12.2012 wurde der Antragsteller um eine ausführliche ergänzende Stellungnahme zu seinem Gutachten vom 03.08.2011 gebeten, dem er mit Schreiben vom 07.02.2013 nachkam. Für diese ergänzende Stellungnahme machte der Antragsteller mit Vergütungsantrag vom gleichen Tage insgesamt 493,77 € geltend; im einzelnen berechnete er als Vergütung für die Leistung als Gutachter 390 € (Zeitaufwand von sechseinhalb Stunden à 60 €), Schreibauslagen in Höhe von 13,03 €, Portokosten in Höhe von 11,90 € und Umsatzsteuer auf die Gesamtsumme in Höhe von 78,84 €. Der Anweisungsbeamte des Sächsischen LSG kürzte mit Verfügung vom 12.02.2013 die Vergütung auf insgesamt 148,67 €, weil für die gutachterliche Leistung in der ergänzenden Stellungnahme nach der Pauschalvereinbarung nur 100 € geschuldet seien; dadurch verringere sich auch die zu erstattende Umsatzsteuer. Gegen die geringere Vergütung der gutachterlichen Leistung richtet sich der Antragsteller mit seinem Antrag auf richterliche Festsetzung der Vergütung vom 21.03.2013. Er ist der Auffassung, dass es sich bei der ergänzenden Stellungnahme um eine ausführliche Nachbegutachtung gehandelt habe.

Die Akten des Verfahrens L 6 U 172/10 einschließlich der dazugehörigen erstinstanzlichen Gerichtsakte und des Kostenhefts waren beigezogen.

II.

Über die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG beantragte richterliche Festsetzung der Vergütung des Sachverständigen entscheidet der Berichterstatter als Einzelrichter (§ 4 Abs. 7 Satz 1 Halbsatz 1JVEG). Hierbei ist er weder an den Antrag des Sachverständigen noch an die Verfügung des Anweisungsbeamten gebunden. Denn der Antrag nach § 4 Abs. 1 JVEG ist kein Rechtsbehelf; die gerichtliche Festsetzung nach § 4 Abs. 1 JVEG stellt daher keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Berechnung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung, die die vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungswege sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos macht. Das Gericht, das eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungsanspruchs vornimmt, kann die Entschädigung daher auch niedriger festsetzen, als zuvor der Kostenbeamte; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (vgl. Landessozialgericht München, Beschluss vom 21.11.2013 - L 15 SF 9/13 - juris RdNr. 14; Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl., § 4 JVEG RdNr. 10; Binz in: Binz/Dorndörfer/Petzold/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 2. Aufl., § 4 JVEG RdNr. 6 m. w. N.).

1. Die Vergütung für das erstattete Sachverständigengutachten ist auf insgesamt 146,96 € festzusetzen. Dies ist die Summe aus dem Honorar für die Leistung des Sachverständigen in Höhe von 100 € ...

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